Sparkurs beim ÖPNV in München: Diese Linien baut die Stadt doch nicht

München - Als Grüne und SPD 2020 begannen, im Rathaus zu regieren, hatten sie große Ziele für die Verkehrswende: Im Koalitionsvertrag legten sie sich fest, in dieser Legislatur fünf neue Tramlinien zu bauen. Und etwa ein halbes Jahr später beantragten sie, dass die Verwaltung für sechs weitere Linien Machbarkeitsstudien erstellen sollte. Jetzt zeichnet sich ab, dass sich das Rathaus das alles nicht leisten kann – und sich wohl von dem ein oder anderen Wunschprojekt erst einmal verabschieden muss.
12,7 Milliarden plus X: So teuer ist der ÖPNV in München
Nächste Woche im Mobilitätsausschuss wird der Stadtrat sein neues ÖPNV-Bauprogramm beschließen. In der Beschlussvorlage kann man nachlesen, dass die Investitionen in den Ausbau des ÖPNV und der U-Bahn bis 2035 voraussichtlich 12,7 Milliarden plus x Euro betragen. Das x kommt daher, weil sich "verschiedene U-Bahnprojekte noch in der Vorplanung befinden und die genauen Kosten noch nicht benannt werden können".
Dass U-Bahn-Planungen eher teurer werden, erlebte der Stadtrat diese Woche: Im Bauausschuss genehmigte er, dass die Stadt deutlich mehr Geld für den Bau der U5 nach Pasing ausgeben darf: Eigentlich plante die Stadt 898 Millionen ein, notwendig sind nun rund 1,2 Milliarden.
So langsam fragt man sich im Rathaus, ob sich die Stadt das noch leisten kann. In der Beschlussvorlage zum ÖPNV-Programm heißt es: "Dieses Volumen ist in seiner Gesamtheit für die Stadt und die Stadtwerke derzeit nicht finanzierbar. Es können folglich nur die dringendsten investiven Maßnahmen (...) in die ÖPNV-Bauprogramme aufgenommen werden.
ÖPNV-Ausbau in München: Einige Pläne werden weit in die Zukunft verschoben
Ganz verabschieden will sich das Mobilitätsreferat von seinen Plänen nicht. Allerdings werden einige Tram-Strecken Jahre in die Zukunft verschoben. Etwa die Tram Y-Nord. Die Linie heißt so, weil sie sich vom Hauptbahnhof kommend in zwei Richtungen aufspreizen soll: Nach Westen Richtung Feldmoching und nach Osten zur Bayernkaserne.
Ursprünglich wollte der Stadtrat nächstes Jahr 305.000 Euro für weitere Untersuchungen ausgeben. Aber bis 2027 fließt nun doch kein Geld. Auch eine Tram in die Parkstadt Solln wünschte sich der Stadtrat 2020. Geld für die Planung steht aber erst ab 2028 zur Verfügung – und dann bloß 13.000 Euro.
Auch die Tram über die Isar liegt auf Eis
Für die nächsten Jahre liegt auch die Tram-Südtangente auf Eis. Die sollte eigentlich beide Isar-Seiten miteinander verbinden – von Hadern bis zur Tegernseer Landstraße. Erst 2027 sollen die Planungen weitergehen. Die Planungen für eine Tram auf der Wasserburger Landstraße starten wohl auch erst richtig 2025. Und für die Tram Ramersdorf-Perlach wollte die Stadt ursprünglich nächstes Jahr das vierfache ausgeben.
Statt viele neue Linien anzugehen, wird sich die Stadt auf die Trassen konzentrieren, bei denen die Planungen fortgeschritten sind. So erklärt es SPD-Verkehrsexperte Nikolaus Gradl. Zum Beispiel wird der Stadtrat nächsten Mittwoch voraussichtlich die Tram-Nordtangente, also die Tram durch den Englischen Garten, vorantreiben.
Die Tram durch den Englischen Garten wird konkreter
Die Stadtwerke wollen den Antrag auf Planfeststellung bei der Regierung von Oberbayern einreichen. Ende 2025 soll der Bau beginnen. Die Kosten sollen bei 63,1 Millionen Euro liegen. Oberleitungen werden nicht gebaut, denn die Tram soll mit Akku betrieben werden.

Dass die Stadt die Tram-Projekte "neupriorisiert" findet Gradl richtig. Zum einen, weil die Münchner dann nicht überall gleichzeitig mit Großbaustellen zu kämpfen haben. Zum anderen, weil er feststellt, dass bei der MVG "die Routine fehlt", so viele Projekte auf einmal zu schultern. Und es sei eben nicht damit getan, Hunderte Millionen im Haushalt bereitzustellen - jemand müsse die Projekte auch umsetzen.