Söder bei Wahlkampftermin in München verbal attackiert – doch der CSU-Chef protzt

Der Ministerpräsident auf schwierigem Terrain: Markus Söder macht Wahlkampf in München-Mitte – also in dem Wahlkreis, wo sonst die Grünen dominieren.
Autorenprofilbild Christina Hertel
Christina Hertel
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
50  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Markus Söder kam mit CSU-Kandidatin Susanne Hornberger in die Deutsche Eiche.
Markus Söder kam mit CSU-Kandidatin Susanne Hornberger in die Deutsche Eiche. © Daniel von Loeper

Isarvorstadt - Aus dem Terminkalender des Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) – Montagabend, Oberfranken: Im Bierzelt stehen fast 3500 Menschen auf und klatschen, eine Blaskapelle spielt den Defiliermarsch. Dienstagabend, München: Auf der Dachterrasse der Deutschen Eiche, einem der ältesten Treffpunkte für Homosexuelle in München, stehen um die 70 Leute, einige mit Aperol Spritz in der Hand.

Die Deutsche Eiche liegt im Stimmkreis München-Mitte. Bei der letzten Wahl erzielten die Grünen hier 45 Prozent – und selbst Söder gibt zu, dass das ein Stimmkreis ist, "der nicht ganz so sicher ist". Warum tut er sich das trotzdem an?

Markus Söder bei Wahlkampftermin in der Deutschen Eiche in München

Eingeladen hatte ihn Susanne Hornberger, die CSU-Direktkandidatin in dem Stimmkreis. Söder habe sofort zugesagt, sagt sie. Der Besuch sei "ein wichtiges Zeichen, dass die CSU eine liberale Großstadtpartei" ist. Tatsächlich hat Söder vor ein paar Monaten in einem Podcast mit dem Deutsche-Eiche-Chef Dietmar Holzapfel angekündigt, dass Bayern einen queeren Aktionsplan bekommen soll, das Sozialministerium erstellt ihn gerade.

Besuch in der Deutschen Eiche von Dietmar Holzapfel (re.): Welchen Ehrenplatz diese Regenbogen-Tasse wohl bekommt? Markus Söder hat sie von CSU-Kandidatin Susanne Hornberger (li.) bekommen.
Besuch in der Deutschen Eiche von Dietmar Holzapfel (re.): Welchen Ehrenplatz diese Regenbogen-Tasse wohl bekommt? Markus Söder hat sie von CSU-Kandidatin Susanne Hornberger (li.) bekommen. © Daniel von Loeper

Ziel ist unter anderem, das Beratungsangebot auszubauen. Alle anderen Bundesländer haben so einen Aktionsplan bereits. "Wir sind eigentlich zu spät. Wir hätten das schon viel eher machen sollen”, sagt Söder. Dietmar Holzapfel habe ihm den letzten Motivationsschub gegeben.

Sein Ziel sei, dass sich "jeder frei entscheiden kann”, wie er leben möchte. In Bayern gelte nicht nur das Motto "leben und leben lassen”, sondern auch "lieben und lieben lassen". Sehr viel konkreter wurde Söder allerdings nicht – weder was den Inhalt noch was den Zeitplan betrifft.

"Das liegt an meinen Entscheidungen": Ministerpräsident Markus Söder mit Eigenlob

Den Rest der gut eineinhalb Stunden auf der Dachterrasse konnten die Gäste alles Mögliche erfahren – etwa, dass Söder findet, dass München mit den Grünen der Schwung abhandenkommt.

Ein Beispiel: Söder wollte einen "aufgeständerten Radweg durch die halbe Stadt", das Rathaus habe abgelehnt. Außerdem macht Söder deutlich, wie wenig Lust er hat, mit den Grünen zu regieren. In Berlin würden sie zeigen, dass sie das nicht können – ganz im Gegensatz zu ihm selbst.

"Warum ist Bayern so erfolgreich?", fragt Susanne Hornberger. Die Antwort fällt Markus Söder leicht: "Wegen mir."
"Warum ist Bayern so erfolgreich?", fragt Susanne Hornberger. Die Antwort fällt Markus Söder leicht: "Wegen mir." © Daniel von Loeper

"Warum ist Bayern so viel besser aus den Krisen herausgekommen?”, will Hornberger von Söder wissen. "Das liegt an meinen Entscheidungen", antwortet er. "Am Anfang von Corona war niemand da, da war ich ganz alleine. Es waren die schwersten Stunden meines beruflichen Lebens." Vielleicht sei nicht jede Verordnung richtig gewesen – allerdings mussten in Bayern keine Särge in Lastwagen abtransportiert werden wie in anderen Ländern.

Söder legt noch einen drauf: "Habe Bayern für die nächsten 20 Jahre stark gemacht"

Ganz selbstbewusst ist Söder auch an anderer Stelle: "Wahrscheinlich habe ich Bayern für die nächsten 20 Jahre stark gemacht." Wie er darauf kommt? In den nächsten fünf Jahren investiert Bayern 5,5 Milliarden in Forschung – 13.000 neue Studienplätze, 1000 neue Professuren würden damit finanziert. Zwischen den Wahlkampf-Werbe-Blöcken für sich selbst gibt Söder allerhand Privates preis.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Zum Beispiel, dass ihm seine Frau zum 50. Geburtstag ein E-Bike geschenkt hat, dass er manchmal in Begleitung von LKA-Leuten durch Seen schwimmt, gern Lüngerl isst, regelmäßig betet und jedes Jahr an Silvester grillt.

"Frauen", sagte Söder, "sind auf jeden Fall die sensibleren, kommunikativeren Wesen." Weil die essen und dabei reden können. "Wenn ich mit meinen Jungs esse, ist es still." Alle mampfen vor sich hin, vielleicht komme das aus der Urangst, dass einem ein Rivale gleich das Essen wegschnappt.

Nicht alle stimmen in die Lobeshymnen ein: "Kommt im Bierzelt auf dem Land an, aber nicht hier"

Am Ende der Veranstaltung fordert Eiche-Chef Holzapfel, dass sich CSUler wie Alexander Dobrindt, der queere Menschen als "schrille Minderheit" bezeichnete, entschuldigen sollten.

Söder geht darauf nicht ein: "Im Moment kann ich nur sagen, wo ich selbst stehe." Und wie kommt der Besuch an? Zumindest Robert Meier-Kares, der Veranstalter des Weihnachtsmarkts Pink Christmas ist nicht überzeugt.

So ganz überzeugt ist Robert Meier-Kares (zw. v. li.) (Pink Christmas) nicht.
So ganz überzeugt ist Robert Meier-Kares (zw. v. li.) (Pink Christmas) nicht. © Daniel von Loeper

Zu klischeehaft sei die Darstellung von Männern und Frauen. "Mit so was kommt Söder vielleicht im Bierzelt auf dem Land an, aber nicht hier.” Dass sich Söder wirklich für die Interessen von queeren Menschen einsetzt, nehme er ihm nicht ab. Für den Wahlkampf kommt Markus Söder auf das Dach der Deutschen Eiche, einem schwulen Lokal. Doch wie viel bedeuten ihm queere Menschen wirklich? Daran gibt es auch Zweifel.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
50 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • MadridistaMUC am 14.09.2023 11:58 Uhr / Bewertung:

    Und im Anschluss noch bissel den Saunabereich zu den regulären Öffnungszeiten mit Publikum ausprobiert? Bissel Wellness nach so einem Termin schadet ja nicht. Aber Obacht, Herr Söder. Da geht's wuschig zu. 🤭😋

  • Kohlestrom Kolumbien am 14.09.2023 11:22 Uhr / Bewertung:

    Das ist mein Markus. Der geht dahin wo es weh tut, er nimmt den Kampf gegen die Grünen Wohlstandsvernichter, Dilettanten, Nichtsnutze da an wo sie sich sicher fühlen. Grüne gehören zum Wohle, Schutz und Sicherheit Deutschalnds und dessen Bürger immer und überall bekämpft. Sie dürfen sich nicht mehr sicher fühlen. Das Momentum ist überschritten.

  • Sarah-Muc am 15.09.2023 00:56 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kohlestrom Kolumbien

    Ich schlage Sie für den Friedensnovelpreis vor! Kann man mit vollem Hirn gut schlafen ?

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.