So lebt der weltberühmte Ausreißer-Kater heute

Nach seiner unglaublichen Odyssee ist der 17-jährige Burli wieder bei seinem Besitzer in Glonn – und genießt den gewohnten Tagesablauf. Die AZ hat ihn besucht.
von  Natalie Kettinger
Wenn er auf der Holztreppe zum Wintergarten sitzt, hat der Kater den ganzen Garten im Blick.
Wenn er auf der Holztreppe zum Wintergarten sitzt, hat der Kater den ganzen Garten im Blick. © Sigi Müller

Ebersberg/München - Das Model schläft noch, als die AZ am Montagmittag zum Fototermin (siehe Bilderstrecke) anrückt: Burli hat sich auf der Bank im Wintergarten zusammengerollt, ein rot getigertes Fellknäuel auf weiß-blauen Polstern. Hans S. öffnet die Tür zum Wohnzimmer und stellt ein Glasschälchen mit frischem Hendl auf den Boden. „Das ist Burlis Leibspeise.“ Der 17 Jahre alte Kater ist sofort hellwach, springt mit einem dynamischen Satz von der Bank und verputzt die klein geschnittenen Brocken.

Seit Tagen berichten Medien rund um den Globus über den bayerischen Stubentiger: 1996 hatte ihn eine Dame aus Unterhaching vermisst gemeldet. Ende März 2012 war er bei Aying wieder aufgetaucht und einer Mitarbeiterin des Tierheims gelang es anhand einer Tätowierung, seine erste Besitzerin ausfindig zu machen. Was die beiden Frauen nicht wissen konnten: Der Ausreißer hatte die ganze Zeit bei Hans S. und seiner Familie in Glonn gelebt. Als der 59-Jährige im Radio von dem roten Findelkater hört, fährt er nach Riem – und darf Burli wieder mitnehmen.

„Er ist uns damals zugelaufen“, erzählt Hans S. Sein Tierarzt konnte die Tätowierung im Ohr des Streuners nicht entschlüsseln. „Also ist er bei uns geblieben.“ Und führt den AZ-Fotografen nun geduldig durch sein Revier: über die Wintergartentreppe, von der aus Burli den ganzen Garten im Blick hat. Zur Vogeltränke, an die sich längst keine Meise mehr traut, weil der Kater hier seine Drinks nimmt. Zum Gebüsch, das Burli zu seinem Stillen Örtchen erkoren hat. An jeder Station lässt sich der Kater geduldig ablichten, als Model ist er ein Naturtalent.

Früher gingen Burlis Jagdgründe weit über das Grundstück von Familie S. hinaus. Auf der anderen Seite des Zauns war Brachland, ein Dorado für Mäusejäger. „Sechs Katzen aus der Nachbarschaft waren da unterwegs und Burli mittendrin“, erzählt Hans S. Dann rückten auf dem Gelände die Bagger an. „Da werden neue Häuser gebaut“, erklärt der Fuhrunternehmer. Für Burli, der sich bei jedem Gewitter verängstigt unter die Eckbank in der Stube flüchtet, war der Bau-Lärm wohl nicht zu ertragen. „Einmal hat das ganze Haus vibriert. Wir vermuten, dass Burli sich so gefürchtet hat, dass er fortgelaufen ist“, sagt Hans S. „Warum sollte er sonst ausbüxen, zum ersten Mal in 16 Jahren?“

Zwei Wochen war der Kater verschwunden. Jetzt streift er wieder durch den Garten, als wäre nichts gewesen. „Wir können es kaum fassen“, freut sich Hans’ Mutter Rosa S. (85).

Dann hat der Star genug vom Presserummel. Er stromert zur Wohnzimmertür, blickt noch einmal lässig über die Schulter und verschwindet im Haus. Das Fotoshooting ist beendet.

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