So führte sich Gaddafi Junior in München auf

Sportwagen, Waffen und Morddrohungen: Ein Sündenregister und seine Folgen. Saif al-Arab Gaddafi wurde in Tripolis getötet, in München hat er ein ausschweifendes Leben geführt
München - Saif al-Arab Gaddafi hat durchaus Eindruck hinterlassen in München. 2006 reiste er mit Studentenvisum an, im TU-Hörsaal war er kaum. Auffälliger war sein Fuhrpark, darunter ein Mercedes McLaren (626 PS), ein Bentley (200000 Euro), ein Hummer (321 PS) oder ein Ferrari F 430 (Tempo 315). Die Nachbarn wussten, wenn er seine Waldperlacher Villa verließ, der Ferrari röhrte mit Presslufthammer-Lautstärke.
Dass er dabei keinen Führerschein besaß, brachte ihm eine Geldstrafe, ebenso wie ein 2,37-Promille-Rausch am Steuer. Das sind Kleinigkeiten im Sündenregister, das von Polizei und Justiz mit großer Nachsicht geführt wurde, wie die Grünen kritisieren.
Weil sich 2006 eine seiner Begleiterinnen in einer Disco auszieht, will der Türsteher die Gruppe mit Gaddafi rausschmeißen. Es kommt zur Prügelei. Eine Anzeige wegen Körperverletzung wird „mangels Interesse“ auf den Privatklageweg verwiesen. Gaddafi soll einen Killer gesucht haben, der den Türsteher umbringt.
Das ist Gaddafis Münchner Tankstelle
Nach einem Unfall 2006 gibt sich der Junior als Diplomat aus, was er nicht ist. Die Polizei lässt ihn trotzdem ziehen, keine Blutentnahme, Verfahren eingestellt.
Auch eine Morddrohung und Verstoß gegen das Waffengesetz stehen zu Buche. So soll der Sohnemann 2007 laut Zeugenaussagen Sturmgewehre von Italien über München nach Paris transportiert haben – im Kofferraum eines Diplomatenfahrzeugs. Ermittlungen gibt es nicht.
Eine Angestellte sagt, Gaddafi habe sie an Silvester 2010 geschlagen und ihr eine Pistole an den Kopf gehalten. Erst am 12. Mai wird die Wohnung durchsucht, die Waffe nicht gefunden, das Verfahren eingestellt.
Die Konsequenzen für Gaddafi: Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer lädt ihn in den Bayerischen Hof zum Essen ein – um ihn zu ermahnen. Die Grünen wollten Genaueres wissen und bekamen eine interessante Antwort vor allem auf die Frage: Wer hat das Essen bezahlt? „Der Staatskasse entstanden keine Kosten, Herr Gaddafi hat auch nicht bezahlt.“ Die Abgeordnete Christine Stahl sagt: „Hier wurde mit zweierlei Maß gemessen.“ Gaddafi Junior sei ein „jugendlicher Intensivtäter“.
Nach dem Ausbruch des Krieges in seiner Heimat verschwand der 29-Jährige. Er soll offene Reparaturrechnungen und Provisionszahlungen von 900000 Euro hinterlassen haben.