Sex gegen Rezepte: Gutachter soll Staatsanwältin missbraucht haben
München - Da staunten die Prozessbeobachter nicht schlecht: In den Gerichtssaal 221 des Justizzentrums spazierte am Freitag Thomas S. (59), um sich in einem Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung über den Angeklagten zu informieren.
Das ist zwar nicht ungewöhnlich, denn der 59-Jährige verdient sein Geld mit Gerichtsgutachten. Der Zeitpunkt überrascht aber doch. Denn den Psychiater erwartet in der nächsten Woche ein Verfahren in eigener Sache. Er hatte im Jahre 2010 eine ehemalige Münchner Staatsanwältin in Behandlung. Dieses Behandlungsverhältnis soll er für einen sexuellen Missbrauch in ausgenutzt haben, sagen die Ermittler. Am kommenden Dienstag beginnt der Prozess.
Ist es da kein Problem, ihn jetzt noch als Gutachter einzusetzen? Nein, sagen die Prozessbeteiligten. „Ich habe überall noch Gutachten“, erklärte Thomas S. selber. Die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen ihn hatte er schon früher als Unsinn bezeichnet.
Und für Amtsrichter Rolf-Dieter Madlindl gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Auch der Verteidiger sieht „formell“ alles im grünen Bereich. Auch wenn er von der Hinzuziehung des Gutachters erst einmal überrascht war.
Das wird Thomas S. von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen: Der forensische Psychiater hatte Stefanie S. (43) in ihrer damaligen Funktion als Richterin kennengelernt. Im Jahre 2010 hab sich die Frau in einem psychisch angeschlagenen Zustand befunden, war im Februar 2010 wegen einer Vergiftung in eine Münchner Klinik stationär behandelt worden. Bei ihr wurde damals ein schädlicher Konsum von Beruhigungsmitteln diagnostiziert und dort auch erfolgreich behandelt.
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Doch kaum war sie entlassen, setzte die Staatsanwältin den Konsum wegen privater Probleme fort. Da ihr behandelnder Psychiater ihr wohl keine neuen Beruhigungsmittel mehr verschreiben würde, wandte sie sich an Thomas S., der. wie sie wusste, an ihr ein sexuelles Interesse hatte.
Sie bot ihm Sex für die Medikamenten-Rezepte. Und Thomas S. soll darauf eingegangen sein. Er nahm die schöne Staatsanwältin unter seine medizinischen Fittiche, ließ sich die alten Behandlungsunterlagen schicken und wusste also um die Abhängigkeit der Frau von Beruhigungsmitteln. Dennoch verschrieb er ihr erneut das Sedativum „Tavor“, riskierte damit nach Ansicht der Ermittler eine erneute Suchterkrankung bei seiner Patientin.
Als Gegenleistung gab es zu mindestens drei Gelegenheiten im Juli 2010 soften Sado-Maso-Sex. Nach einem Streit versorgte Thomas S. seine Patientin sogar mit Blanko-Rezepten, um sich weiter ihrer Gunst zu versichern.
Die Staatsanwältin erlitt im Dezember 2010 einen Zusammenbruch durch den Medikamentenkonsum, kam erneut ins Krankenhaus. Sie räumte in der Folge die Vorwürfe ein und kassierte im Jahre 2011 unter anderem wegen Urkundenfälschung und Betrugs eine Geldstrafe, erklärt OLG-Sprecherin Andrea Titz. Die Frau sei auf eigenen Wunsch inzwischen aus dem Staatsdienst ausgeschieden.
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