Servus, Spielzeugwunderland: Laden in der Münchner Altstadt macht dicht
München - Letztens war diese Dame da, wegen dem Christbaumfrosch aus dem Schaufenster. Weil die Mama, die hänge sich nämlich nur Frösche an den Baum, jedes Jahr kommt ein neuer dazu, und den mit dem Goldbauch hat sie noch nicht - ja, wo ist denn der jetzt hin?
Gunnar Schweizer hat sich am schlohweißen Bart gezupft, dann die Haare gerauft, Schubladen geöffnet und Schachteldeckel gelupft. Verkauft, grad vor einer Viertelstunde - aber ein allerletzter findet sich vielleicht ja noch irgendwo, Moment, na bitte! Darf's auch der hier sein, mit einem goldenen Krönderl?

"Schweizers Puppenstuben- und Zinnfigurenkabinett" schließt
Wieder so ein Moment, wo es ihm dann doch weh ums Herz geworden ist, bei aller Entschlossenheit, den Laden aufzugeben.

42 Jahre "Schweizers Puppenstuben- und Zinnfigurenkabinett" in der Altstadt werden Ende des Monats Geschichte sein. Und viele Fans seiner Miniatur-Preziosen, die wissen dann nicht mehr wohin. So ein Spielzeugwunderland gibt es in München halt kein zweites Mal.
Tausende winziger Spaßmacher kann man hier bestaunen, von kurbelbetriebenen Blech-Wasserspielen über mundgeblasene und nach alten Vorlagen bemalte Nikoläuse und Lokomotiven.

In den Vitrinen stehen kleine Holzosterhasen aus dem Erzgebirge, viktorianische Puppenküchen mit winzigen gehäkelten Tischdeckchen und ein schier unendlicher Fundus an bunt lackierten Flachfigürchen aus Zinn, von der Igelkutsche bis zur Eichenwaldlandschaft.
Die Schweizers - eine der ältesten Zinngießerfamilien Bayerns
Zu den Schweizers muss man wissen, dass sie eine der ältesten Zinngießerfamilien Bayerns sind, bis ins 18. Jahrhundert reicht der Stammbaum zurück. 1796 hat Adam Schweizer dann in Dießen am Ammersee eine Zinngießerei gegründet. Dort produzierte er Trachtenschmuck, Devotionalien für Wallfahrer und Miniaturen für Puppenhäuser, später auch Christbaumschmuck.
Die Zinngießerei in Dießen gibt es bis heute, auch die dortigen zwei Läden führt immer noch die Familie. Und Gunnar Schweizer (59), der wie der leibhaftige Nikolaus ausschaut und der letzte Zinngießermeister seiner Familie ist, hatte den Laden in der Münchner Altstadt in der Maxburgstraße übernommen.

Die Zinnfiguren produziert ihre Werkstatt noch selbst, alles andere stammt aus Familienwerkstätten in Thüringen, Sachsen, Tschechien oder Polen. Die Hersteller, sagt Gunnar Schweizer, kenne er alle persönlich. Dass er den Laden schließt, liegt übrigens nicht nur an der Coronakrise. Eine Sechstagewoche und sonntags Buchhaltung sei einfach sehr anstrengend geworden. Und der Sohn, der sich in Dießen um die Werkstatt kümmert, könne sich auch nicht zweiteilen. Und so läuft der Räumungsverkauf noch bis Ende Januar, spätestens Ende Februar wird der Laden zu sein.
Der Christbaumfrosch mit dem Goldbauch hat übrigens eine hübsche neue Heimat gefunden. Nicht in einer Kiste, aufs nächste Christfest wartend. Er hängt an einer Wohnzimmerlampe. Ein Glücksfrosch, vielleicht.
Schweizers Puppenstuben- und Zinnfigurenkabinett ist noch bis Ende Januar geöffnet. Maxburgstraße 4 (nahe Stachus) Mo-Fr 10.30-17.30 Uhr
Sa 10.30-13 Uhr, 089 29 37 97, www.mini-kabi.net
- Themen:
- Karlsplatz (Stachus)
- München