Sensationsfund: Das älteste deutsche Foto stammt aus München

Bislang galt 1839 als das Geburtsjahr der Fotografie – in Frankreich. Ein Buch enthüllt jetzt: Der Schriftsteller Franz von Kobell hat schon zwei Jahre früher das Münchner Wahrzeichen fotografiert.
Nina Job
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Eine Aufnahme der Münchner Frauenkirche ist das wohl älteste Foto, das je in Deutschland gemacht wurde. Das Original stammt von Franz von Kobell (o. l.). Forscherin Cornelia Kemp hat's entdeckt. Sie steht vor einer vergrößerten Version des Originals aus dem Jahr 1837. Rechts : das Datum auf der Rückseite des Bildes.
Eine Aufnahme der Münchner Frauenkirche ist das wohl älteste Foto, das je in Deutschland gemacht wurde. Das Original stammt von Franz von Kobell (o. l.). Forscherin Cornelia Kemp hat's entdeckt. Sie steht vor einer vergrößerten Version des Originals aus dem Jahr 1837. Rechts : das Datum auf der Rückseite des Bildes. © Sabine Dopel/dpa

München - Die Geschichte der Fotografie kann umgeschrieben werden: späte Ehre für den experimentierfreudigen Münchner Mineralogen und Schriftsteller Franz von Kobell (1803-1882). Er wurde als Autor der Erzählung Brandner Kaspar berühmt. Nun kam heraus: Von ihm stammt offenbar das erste Foto, das je in Deutschland "geschossen" wurde.  Das Motiv: die Münchner Frauenkirche. Das Foto ist 187 Jahre alt. 

Geburtsjahr der Fotografie war eigentlich 1839

Bisher galt als Geburtsjahr der Fotografie das Jahr 1839, da machte Louis Jacques Mandé Daguerre mit viel Bohei seine Erfindung der Fotografie auf Metall als Daguerreotypie öffentlich. Die Akademie der Wissenschaften höchstselbst gab die Erfindung in Paris bekannt. Die ersten Papier-Fotografien, die aus Deutschland bislang bekannt waren, stammten aus demselben Jahr.

Franz Kobell machte 1837 erstes Foto in Deutschland

Bei den Recherchen für ein Buch über Franz Kobell und seinen Zeitgenossen, den Physiker, Astronom und Optiker Carl August von Steinheil, hat die Wissenschaftlerin Cornelia Kemp nun aber herausgefunden: Franz von Kobell war tatsächlich schon zwei Jahre früher dran. Eine kleine Sensation. Im Deutschen Museum in München werden die ältesten deutschen Aufnahmen aufbewahrt. Cornelia Kemp, die im Museum früher lange Kuratorin für Foto und Film war, hat die Bilder untersucht. Dabei hat sie in dem gekühlten Archiv die winzige Aufnahme von Kobell entdeckt: Sie ist nur vier mal vier Zentimeter klein und auf dickem Salzpapier. Die Frauenkirche ist seitenverkehrt darauf zu sehen. Schemenhaft ragen die Türme in den Himmel. Auf der Rückseite hat Kobell seine Aufnahme mit dem Datum "März 1837" versehen. Das Bild ist faszinierend detailgenau. Ein Positiv gibt es davon nicht, doch heute lassen sich digital Abzüge herstellen. Darauf kann man nun sogar die Zifferblätter der Turmuhren erkennen.

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"Kobell hat kein Wort über diese Aufnahmen verloren", so Wissenschaftlerin Kemp. Erst 1839, im vermeintlichen Geburtsjahr der Fotografie, hätten Kobell und Steinheil in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften von ihren Versuchen berichtet.

Erstes und ältestes Foto der Welt stammt von Lacock Abbey und enstand 1835

Das erste Foto der Welt ist der Münchner Fund aber nicht. Lacock Abbey hat 1835 schon ein Fenster fotografiert, im selben Jahr erschienen auch Berichte über Aufnahmen von Daguerre. Und die älteste erhaltene Kamerafotografie von Nicéphore Niépce stammt sogar aus dem Jahr 1826.

Unbestritten aber: Franz von Kobell gehörte zu den ersten Fotografen der Welt. Große Bedeutung maß er ihr offensichtlich nicht bei. Sie war für Kobell und Steinheil vor allem ein Experiment, so Kemp: "Kobell hat genau in dem Jahr angefangen zu dichten, als er mit der Fotografie aufgehört hat." Und so wurde er als Dichter berühmt - und nicht als Fotograf.


Buchtipp: "Licht - Bild - Experiment. Franz von Kobell, Carl August Steinheil und die Erfindung der Fotografie in München" von Cornelia Kemp, 36 Euro. ISBN: 978-3-8353-5557-6

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  • Der wahre tscharlie am 29.05.2024 17:52 Uhr / Bewertung:

    Vier mal vier Zentimeter ist die Aufnahme nur groß. Wie groß war dann der Fotoapparat?

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