Bei München wird neuer Park zum Surfen eröffnet: Schlägt der Preis hohe Wellen?
Hallbergmoos – Zwei Surfer in knöchellangen Neoprenanzügen balancieren geschickt und blitzschnell ihre Bretter auf einer großen Welle. Bevor sie am Ufer bricht, lassen sie sich kontrolliert ins türkis-blaue Wasser fallen. Die Flugzeuge am Himmel sind im Landeanflug.
Doch das Wasser ist kein Meer, die Flugzeuge sind keine Urlaubsflieger, die gleich an einem Inselflughafen landen werden und die Surfer sind keine Hobby-Sportler – sondern die beiden deutschen Athleten Camilla Kemp und Tim Elter, die sich im Februar für die Olympischen Spiele 2024 in der Disziplin Surfen qualifiziert haben.
20.000 Quadratmeter große Surfanlage
Sie surfen am Dienstag fernab von Strand und Meer: im Norden von München. Denn unweit des Flughafens entsteht in Hallbergmoos eine rund 20.000 Quadratmeter große Surfanlage mit Wellengenerator. "Das System kennen Münchner vielleicht aus dem Cosimawellenbad oder aus dem früheren Alpamare in Bad Tölz", schätzt Chris Boehm-Tettelbach, Initiator und Geschäftsführer von Surftown. Es sei dieselbe Technologie, nur in modernisierter Form.

Der Wellenmeister kann Höhe, Länge und Intensität der Wellen einstellen, somit eignet sich die Anlage sowohl für Anfänger als auch für Profis. Der Schwierigkeitsgrad reicht von sanft brechenden, niedrigen Wellen, bis zu rund zwei Meter hohen. "Wir bieten perfekte Bedingungen auf Knopfdruck", findet Boehm-Tettelbach.
Diese Bedingungen testen die beiden Olympioniken vor der offiziellen Eröffnung und surfen eine Proberunde. Elter sah Surfanlagen dieser Art lange skeptisch. "Ich muss sagen, dass ich vor vielen Jahren noch stark dagegen war", sagt er. "Weil ich das Potenzial nicht gesehen habe." Das echte Surfen im Meer sei anders, in zwanzig Minuten habe ein Surfer vielleicht zwei gute Wellen.

Heute findet er, dass die Anlage etwas Revolutionäres für Deutschland ist: "Was diese Welle kreieren kann, ist unglaublich. Man kann sich sehr gut auf die Technik fokussieren, weil man immer die gleiche Welle hat", erklärt er.
Im Surfpark sollen auch offizielle Wettkämpfe stattfinden
Surfen ist erst seit den letzten Sommerspielen in Tokio eine olympische Disziplin. Boehm-Tettelbach sieht in seinem Surftown auch eine mögliche Trainingsstätte für heranwachsende Athleten und möchte mit dem Surfpark den Nachwuchs fördern. Der deutsche Wellenreiterverband plant, den Surfpark auch für offizielle Wettkämpfe zu nutzen.
"Der Adrenalin-Rausch hält an, wenn man sich an eine tolle Welle erinnert", erklärt Boehm-Tettelbach. Dieses Gefühl wollte er allen Menschen ermöglichen und "das Meer nach München bringen". Auch Hobby-Surfer, die keine olympische Medaille anstreben, sind hier willkommen.
An einem Tag 700 Surfer
Eine zweistündige Surf-Session mit geliehener Ausstattung und Surflehrer, Einweisung und Nachbesprechung soll 69 Euro kosten. An einem Tag sollen rund 700 Surfer in Hallbergmoos Wellenreiten können. Auch Stunden für Schulklassen und etwa blinde Sportler wollen die Betreiber künftig anbieten. Einen Helm zu tragen sei nicht nötig, denn es ist laut Boehm-Tettelbach eine sichere Umgebung: "Hier gibt es keine Felsen oder Steine." Außerdem seien immer Rettungsschwimmer vor Ort.
Das 180 Meter lange Becken ist etwa so groß wie zwei Fußballfelder und misst an der tiefsten Stelle rund drei Meter. Beheizt ist es nicht: "Das wäre Unsinn, so viel Energie zu verschwenden", findet Boehm-Tettelbach. In Surftown stecken mehr als 40 Millionen Investitionskosten, erklärt Boehm-Tettelbach. Nachhaltigkeit hatte für ihn oberste Priorität: Die Anlage habe einen geschlossenen Wasserkreislauf mit eigener Wasseraufbereitungsanlage. "Unser Ziel ist es, hundert Prozent nachhaltige Energie zu nutzen", erklärt er, daher haben sie eigene Photovoltaik-Anlagen. Auch die Erreichbarkeit des Standorts ist ihm wichtig. Am Eingang steht bereits eine Bushaltestelle, dort ist auch eine E-Bike Station vorgesehen.
Noch vor Beginn der Olympischen Spiele ist die Eröffnung geplant – doch im Moment ist das Gelände eine Baustelle
Die Betreiber wollen Surftown noch vor dem Start der Olympischen Spiele am 26. Juli in Paris eröffnen. Der Surfwettkampf findet am Surfspot Teahupo'o auf Tahiti statt.

Doch an diesem kühlen Tag Ende Mai sind die Bauarbeiten in Hallbergmoos noch in vollem Gange. Überall sind Absperrungen, Baumaterialien und Container zu sehen. Den Innenbereich, in dem sich die Duschen, das Restaurant und der Shop befinden, in dem bald etwa Wetsuits und Surfbretter verkauft werden, durfte die AZ noch nicht betreten. Draußen soll es auch Liegewiesen geben, etwa für Besucher, die nur zum Zuschauen kommen. Doch von Liegen, Gras und Sonnenschirmen ist bislang nichts zu erkennen, noch liegt am Boden überall Geröll.

Die neue Anlage ist bekanntlich aber nicht die einzige Anlaufstelle für surfbegeisterte Münchner. Bis dort dann tatsächlich alle zehn Sekunden eine Welle durch das Becken rollt, müssen sie weiterhin mit der altbewährten Surferwelle am Eisbach vorliebnehmen. Boehm-Tettelbach betont einen klaren Vorteil im Vergleich zum weltbekannten Surfer-Hotspot im Englischen Garten. "Wir haben warme Duschen", sagt er schmunzelnd. Bis die Münchner Surfgemeinschaft die nutzen kann, muss sie sich aber wohl noch eine Weile gedulden.
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