Sensation: Oberschenkel entnommen, bestrahlt, wieder eingesetzt

Ärzte am Klinikum rechts der Isar haben mit einer ungewöhnliche Behandlung einem 16-Jährigen einen Knochentumor entfernt. Die Mediziner entnahmen einen Teil des Oberschenkels, bestrahlten ihn und setzten ihn dann wieder ein.
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München - Im Juni 2016 wurde bei dem 16-jährigen Marvin ein bösartiger Tumor am Oberschenkelknochen diagnostiziert, ein sogenanntes Osteosarkom. Oft müssen bei solchen bösen Knochentumoren, die gehäuft in der Nähe des Kniegelenks auftreten, der betroffene Knochen und das angrenzende Gelenk entfernt und durch eine Prothese ersetzt werden.

Doch eine Tumorprothese hat für den Patienten immer auch Nachteile: Sie bleibt selbst bei optimaler Anpassung immer ein Fremdkörper und die Komplikationsrate ist hoch. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Amputation kommen. Die Ärzte der Klinik für Orthopädie erarbeiteten daher für den jungen Patienten eine eigene, völlig andere Lösung.

Die Operation war ungewöhnlich - und erfolgreich

Im Juli 2016 wurde Marvin operiert. Die Ärzte entnahmen zunächst den betroffenen, 18 Zentimeter langen Abschnitt des Oberschenkelknochens. Dann entfernten sie alle Tumoranteile, die mit bloßem Auge erkennbar waren. Nun wurde das Knochenstück steril verpackt und rasch in die KAbteilung für Radio-Onkologie und Strahlentherapie am Klinikum gebracht. Dort bestrahlten die Ärzte mit hoher Intensität den Knochen etwa zehn Minuten lang, damit auch wirklich alle Tumorteile abgetötet wurden.

An Krankenhäusern kann es aber auch anders zugehen

Nach der Bestrahlung musste der Knochen auf schnellstem Weg wieder zurück in den Operationssaal, wo ihn das Operationsteam wieder an seine ursprüngliche Position im Oberschenkel zurückverpflanzte. Denn, so erklärt es Prof. Rüdiger von Eisenhart-Rothe, Direktor der Klinik für Orthopädie: "Der eigene Knochen passt natürlich perfekt – besser, als ein Spenderknochen oder eine noch so sorgfältig angepasste Prothese."

Der Knochen muss wiederbelebt werden

Aber um langfristig belastbar zu bleiben, muss der bestrahlte Knochen "wiederbelebt" werden. Dafür nutzten die Ärzte ein besondere Technik: Das Team aus der Klinik für Plastische Chirurgie des Klinikums entnahm dem Patienten zunächst ein Stück des Wadenbeins mit den dazugehörigen Blutgefäßen. Das Operationsteam replantierte dann dieses Knochenstück zusammen mit dem bestrahlten Oberschenkelsegment wieder in die Knochenlücke am Oberschenkel und schloss es an die lokale Gefäßversorgung an.

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So kann nun einerseits vom Wadenbein ausgehend der tote Knochen teilweise wiederbelebt werden; andererseits nimmt durch die veränderte Belastung der Durchmesser des Wadenbeintransplantats zu, das nun nach und nach mehr Gewichtsbelastung des Beins übernehmen kann.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Damit haben die Ärzte zwei entscheidende Ziele erreicht: Der Tumor ist vollständig entfernt und Marvin konnte seinen eigenen Oberschenkelknochen bzw. sein eigenes Kniegelenk behalten. Prof. von Eisenhart-Rothe: "Die Operation ist ein Musterbeispiel für eine gelungene interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Orthopäden haben den Oberschenkelknochen entnommen und wieder eingesetzt, die Strahlentherapeuten haben ihn bestrahlt und die Plastischen Chirurgen waren für die Verpflanzung des Wadenbeins mit den Blutgefäßen verantwortlich. Ein derart komplexer Eingriff ist nur möglich, wenn sich alle Beteiligten perfekt abstimmen und Hand in Hand arbeiten."

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