Schwuler Flüchtling verprügelt: Helfer schlagen Alarm

Ein schwuler Flüchtling wird auf dem Nachhauseweg vor seiner Unterkunft verprügelt. Das hätte verhindert werden können, sagt der Verein "Rainbow Refugees", wenn die Stadt endlich ihren eigenen Beschluss umsetzen würde. Die Forderungen.
von  Lukas Schauer
OB Reiter mit den Rainbow Refugees Munich.
OB Reiter mit den Rainbow Refugees Munich. © Refugees@Sub

München - Der junge Syrer ist gerade auf dem Weg zurück zu seiner Gemeinschaftsunterkunft, als die drei Männer aus der Dunkelheit kommen, ihn erst beschimpfen und dann mehrmals zuschlagen. Mit Verletzungen im Gesicht rettet er sich zum Eingang, dort wird er medizinisch versorgt und die Polizei informiert. Die hat Ermittlungen aufgenommen.

"Wir haben befürchtet, dass es irgendwann mal passiert“, sagt Thomas Michel, der Vorsitzende des Vereins "Rainbow Refugees“, der sich zusammen mit dem Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum "Sub“ um queere Flüchtlinge kümmert. Warnzeichen gab es nämlich genug. "Er wurde seit seiner Einquartierung in der Unterkunft verbal bedroht, Briefe mit Drohungen unter der Zimmertür durch geschoben“, schildert Michel. Die Asylsozialarbeiterin informierte das Sub - und die Stadt.

Es gibt zu wenig Plätze und Betreuungstellen

Denn eigentlich gibt es seit Januar einen Stadtratsbeschluss für eine geschützte Unterbringung queerer Flüchtlinge. 19 Plätze wurden genehmigt. Passiert ist seitdem wenig. Gerade mal zwei Plätze sind besetzt. Das Problem: Weil die Betreuer fehlen, können verfügbare städtische Wohnungen nicht belegt werden, werden in der Zwischenzeit anderweitig vergeben, beispielsweise an Familien.

"Wir betreuen rund 70 Homosexuelle, jeden Monat werden es mehr. 19 Plätze sind für eine Stadt wie München einfach viel zu wenig“, so Michel. Doch die Sub-Aktivisten wären schon froh, wenn wenigstens diese Minimallösung endlich konsequent genutzt würde - sieben Monate nach dem Stadtratsbeschluss.

Von den ursprünglich 19 freien Plätzen gibt es jetzt noch fünf. Im Oktober soll endlich eine erste halbe Betreuungstelle eingerichtet werden, ob es dann aber noch Plätze gibt, weiß niemand. Und: Sollte ein Platz frei werden, kann es trotzdem sein, dass er nicht mit einem queeren Flüchtling besetzt werden kann; ist dieser in einer Einrichtung untergebracht, die der Freistaat Bayern unterhält, kann er nicht einfach in eine städtische Unterkunft wechseln. Das Land Bayern sieht separate Plätze nicht vor. Dann müssen die Betroffenen weiter nach dem Maxime leben: Bloß nicht auffallen.

"Wirklich sinnvoll wäre eine separate Gemeinschaftsunterkunft, wie es sie auch bereits in anderen Städten gibt“, sagt Kai Kundrath, Geschäftsführer des Sub. "Hier vermissen aber wir den politischen Willen“. Dass es besser geht, beweist ausgerechnet Sachsen. Dort gib es einen Landeskoordinator, der sich ausschließlich um queere Flüchtlinge kümmert. Mehr als 200 Geflüchtete konnten dort landesweit verteilt werden, das System funktioniert einwandfrei, gefördert von der CDU-SPD-Koalition.

Mittwochnacht wurde der junge Syrer verlegt, weil die Täter wohl aus der Unterkunft kommen. Den Tag verbrachte er eingesperrt im Zimmer - aus Angst.

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