Schwarzfahren in München: Probleme bei Kontrollen der MVG

Immer öfter beschweren sich AZ-Leser über rüde und uneinsichtige Kontrolleure in Bus und Bahn. Zwei Fallbeispiele.
Anja Perkuhn |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Andreas Kary, 57, der mit ungültigem Ticket erwischt wurde, ärgert sich über die MVG.
Franz-Peter Tschauner/dpa/Petra Schramek/AZ Andreas Kary, 57, der mit ungültigem Ticket erwischt wurde, ärgert sich über die MVG.

München - Natürlich hätte er auch einfach eine zweite Fahrkarte kaufen können, aber wie so vielen Menschen geht es Andreas Kary vor allem um eins: das Prinzip. Der 57-Jährige ist im April unterwegs von Oberschleißheim nach Laim – drei Monate lang muss der arbeitslose Servicetechniker für eine Weiterbildung dorthin – als die S-Bahn wegen eines Notarzteinsatzes auf der Strecke nicht die gewohnte Route nimmt.

Schon das Wort "Kulanz" im Brief der MVG macht ihn wütend

Kary kennt das, das passiert auf dieser Linie immer mal wieder – "normalerweise wird aber früh angesagt, dass die S-Bahn ohne Halt zum Hauptbahnhof durchfährt. Dann steige ich in Moosach um und fahre mit dem Bus." Das dauert zwar viel länger, klappt aber. Eine Ansage bleibt allerdings aus und Kary endet mit vielen Fahrgästen am Hauptbahnhof. Seine Fahrkarte gilt nicht bis dort, aber er will ja zu einer bestimmten Uhrzeit in Laim sein. Und: "Ich konnte ja nichts für den Umweg."

Er steigt in die nächste S-Bahn – die falsche. Sie verlässt die Stammstrecke. Er steigt aus und in die U-Bahn – und wird kontrolliert. Dass es eine Störung auf der S1 gegeben hat, davon wollen die Kontrolleure nichts gehört haben. Kary wird notiert als Fahrgast ohne gültiges Ticket.

Das Servicecenter der S-Bahn erklärt sich am nächsten Tag für nicht zuständig, erst das der Deutschen Bahn stellt ihm ein Schreiben über die Störung aus, mit dem er zum Servicecenter der MVG geht – auch dort erklärt man sich für nicht zuständig. Er müsse schriftlich Einspruch erheben.

Dem Einspruch wird dann zwar stattgegeben, "aber das Schreiben ist eine Frechheit!", sagt Kary. Er sei nachweislich ohne gültigen Fahrschein unterwegs gewesen steht in dem Brief der MVG – "im Rahmen einer einmaligen und ungewöhnlichen Kulanz" erlasse man ihm aber die 60 Euro Strafe. Kulanz! Schon das Wort macht ihn wütend. "So kann man doch nicht mit seinen Kunden umgehen", findet Kary.

Der Kontrollierte erstattet Anzeige gegen den Kontrolleur

Auch Samir M. (Name geändert), ein selbstständiger Gastronom aus München, hat sich bei der AZ gemeldet mit einer Beschwerde – und zwar über den Umgang von MVG-Mitarbeitern mit ihm beim vermeintlichen Schwarzfahren. Eigentlich hat M. ein Isarcard-Jahresabo, doch an diesem Tag Mitte Mai nutzt seine Frau das Ticket und er selbst kauft sich eine Streifenkarte. "Ich sehe nicht so gut, ich habe auch nicht so genau hingesehen, offenbar ist der Stempel ein bisschen nach unten gerutscht."

Als ihn eine Dreiergruppe am Sendlinger Tor kontrolliert, sagt ihm einer der Prüfer, er habe nicht zwei Streifen gestempelt, sondern nur einen, und habe darum kein gültiges Ticket. "Er war unfreundlich, sehr laut, sehr aggressiv", sagt M., "und er hat mich beleidigt." Zwar auf Türkisch und zu seinen Kollegen gewandt, doch der gebürtige Iraner M. versteht die Sprache. "Ich kann Ihnen das Wort nicht sagen, das spricht man nicht aus. Es hat mit der Mutter zu tun."

M. hat darum Anzeige erstattet wegen Beleidigung und der MVG einen Brief geschrieben. Ihm geht es nicht um die Strafe: "Ich dachte, es wären zwei Streifen, der Kontrolleur hat das nicht geglaubt, sowas kann passieren. Die 60 Euro zahle ich natürlich." Er ist empört über das Verhalten des Mannes.

"Warum bringt die MVG solche Leute als Kontrolleure in die Bahnen?", fragt M. "Die treffen da doch jeden Tag auf Frauen, Männer, Kinder. Leute, die in so einem Beruf arbeiten, müssen doch eine Ausbildung machen, wie man mit Menschen umzugehen hat." Das wäre in der Tat für viele Menschen und Berufsgruppen wünschenswert. Aber die derzeitige Häufung der Leseranrufe zu diesem Thema kann man, so ließe sich anmerken, ja auch mal als gesonderte Empfehlung für die Gruppe der Kontrolleure deuten.

Seite 1: Probleme bei Ticket-Kontrolle - Zwei Beispiele aus München

Seite 2: AZ-Umfrage - Sind Sie schon mal schwarzgefahren?



Kontrolleure in zivil überprüfen Fahrgäste in einer Tram. (Archivbild) Foto: Holger Hollemann/dpa

Studentin Mirjam (20): "Schwarzfahren zieht sich bei mir durchs ganze Leben – allerdings unfreiwillig, weil ich jedes Mal eine Karte hatte, die dann aber nicht auffindbar war oder nicht korrekt gültig. Einmal hatte ich in der U-Bahn mein Semesterticket dabei, aber keinen Personalausweis, sondern nur meine EC-Karte. Da drohte mir der Kontrolleur erst mit der Polizei. Wir haben uns auf eine mündliche Verwarnung geeinigt – und später kam dann doch Post, dass ich 60 Euro zu zahlen hätte. Dank eines Anwalts waren es dann nur 30 Euro. Ein anderes Mal hatte ich die gültige Bahncard zu Hause vergessen und nur den Beleg der abgelaufenen Probe-Bahncard dabei, da sollte ich dann 189 Euro zahlen."

Studentin Rebekka (20): "Ja, letztens war ich mit einem riesigen Koffer unterwegs. Die U-Bahn fuhr grad ein und ich hatte nur noch eine Karte mit drei Streifen, brauchte aber vier. Hätte ich eine neue Streifenkarte gekauft, wäre mir die Bahn weggefahren. Prompt wurde ich kontrolliert. Ich hatte gehofft, etwas weniger zahlen zu müssen – doch die Kontrolleure gaben nicht nach. Wenn man wirklich kein Ticket hat, finde ich eine Strafe gerechtfertigt. Aber leider wirken manche Prüfer sehr verbittert und üben starken Druck aus. Das ist krass."

Schauspieler Hansi Kraus (64): "Aus der Sicht der MVG bin ich schon schwarzgefahren. Ich war mit dem Radl unterwegs und hatte für mich und mein Fahrrad auf einer Streifenkarte abgestempelt. Meiner Meinung nach korrekt – doch die Kontrolleure erklärten mir, dass ich für mein Rad ein Extraticket hätte lösen müssen. So hätte ich 30 Cent zu wenig gezahlt – 60 Euro Strafe. Die schriftliche Beschwerde war erfolglos. Das hat mich sehr geärgert, allerdings habe ich mittlerweile die 60 Euro überwiesen."

Seite 1: Probleme bei Ticket-Kontrolle - Zwei Beispiele aus München

Seite 2: AZ-Umfrage - Sind Sie schon mal schwarzgefahren?

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.