Schwarz-Rot: Ein Ehekrach mit Ansage
München - Die Rathaus-GroKo ist unter Dach und Fach: Gestern Mittag unterzeichneten die Verhandlungsführer von CSU und SPD ihre 20 Punkte umfassende Vereinbarung zur Zusammenarbeit für die nächsten sechs Jahre. Wie eine ausgesprochene Liebesheirat wirkte das kurze Treffen im Kleinen Sitzungssaal nicht gerade.
Eher wie eine Vernunftehe. „Aber die halten ja erfahrungsgemäß sowieso am besten“, meinte ein Beobachter.
In langwierigen Verhandlungsrunden hatten sich Schwarze, Rote und Grüne auf das Papier geeinigt, dann kam’s zum Streit um die künftige Besetzung des KVR-Chefs – und die Grünen waren raus.
CSU und SPD hatten sich am Montagabend die Unterschriften unter den Regierungsvertrag von ihrer Basis genehmigen lassen. Wobei die Schwarzen kurzen Prozess machten: 100 Prozent Zustimmung für die Zusammenarbeit mit den einst bekämpften Roten und für Josef Schmid als zweiten Bürgermeister, drei – positive – Wortmeldungen. Das war’s.
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OB Dieter Reiter (SPD) musste deutlich länger auf das Abstimmungsergebnis warten. Als um halb ein Uhr in der Nacht endlich ausgezählt war, dauerte es noch lange, bis die Anspannung von ihm abfiel. Mit 71 zu 51 Stimmen hatte der Parteitag nach einem hochemotionalen Abend der schwarz-roten Zusammenarbeit zugestimmt.
Es ist ein klares Ergebnis – aber es zeigt die Zerrissenheit in der Münchner SPD. Auf der einen Seite die rot-grünen Seelen, die mit einer „Minderheitenregierung“ ihre Träume erhalten wollten. Auf der anderen die Realpolitiker, denen klar war, dass die SPD die Stadtratswahl am 16. März deutlich verloren hat. Und die wussten: Wenn Dieter Reiter an diesem Abend keine Mehrheit bekommt, demontieren sie ihren eigenen OB – den einzigen roten Wahlgewinner im März.
Europakandidat Ralf Mattes brachte den geballten Frust auf den Punkt: Grüne Referenten und der frühere grüne Bürgermeister Hep Monatzeder hätten die Skandale um Klinikfinanzen, leer stehende städtische Wohnungen oder den Ärger um den Umbau des Deutschen Theaters zu verantworten: „Aber die SPD musste es bei der Wahl ausbaden.“
Als Alt-OB Georg Kronawitter die Rednerbühne betrat, herrrschte gespannte Aufmerksamkeit. Er kennt aus eigenem Erleiden die Flügelkämpfe der SPD. Und er brach eine Lanze für Dieter Reiter: „Der wird es packen“, ist sich der alte Haudegen sicher.
Reichlich Zuversicht verbreiteten dann gestern auch die Vertrags-Unterzeichner im Rathaus. OB Reiter freute sich, dass Schwarz-Rot jetzt gemeinsam das vereinbarte Programm abarbeiten würden.
Reiter sagte voraus, dass man sich bestimmt auch „trefflich streiten“ werde.
Josef Schmid konstatierte eine „gut funktionierende Vertrauensbasis“ zu den Sozialdemokraten und meinte: „Das ist ein guter Tag für die Stadt München.“
Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann verkündete, die rote Fraktion und der OB würden die Vereinbarung mit der CSU „konsequent und mit hoher Kompetenz“ ausfüllen.
Und Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle meinte: „Wir freuen uns auf den neuen Stil der Offenheit und Zusammenarbeit. Die CSU ist bereit zur Übernahme von Verantwortung.“
Am Mittwoch tritt der neue Stadtrat zum Plenum zusammen. Wichtigste Tagesordnungspunkte: Die Wahl des zweiten Bürgermeisters Josef Schmid und der dritten Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD).