Schädlingsbekämpfer in München hat Verdacht: Warum hier immer mehr Ratten auftauchen
München - Der Münchner trifft sie an der Isar, in der Seitengasse und manchmal sogar im Kino: Ratten wohnen in München an vielen Ecken. Schon immer. Aktuell sollen sich die Meldungen über Rattenbefall häufen, berichtet ein Leser der AZ. Aber ist das wirklich so? Wo sich die Ratten besonders wohlfühlen und wie das Gesundheitsreferat (GSR) mit den als "Gesundheitsschädlinge" deklarierten Tieren umgeht.
Das GSR befasst sich ganzjährig mit einer Vielzahl von Meldungen über vermeintliche oder tatsächliche Ratteneinnistungen. "Diese betreffen Kleinanwesen ebenso wie Großareale an Flussläufen, Bächen, Badeseen, Park- oder Bahnanlagen", heißt es vom Gesundheitsreferat.
Wie viele Ratten es in München gibt, dazu liegen dem GSR keine Daten vor. Jährlich gebe es aber Schwankungen von zehn bis zwanzig Prozent bei den Meldungen. Nach AZ-Informationen sind es derzeit bis zu 150 Meldungen pro Monat – so viele wie nie.
Ein gefundenes Fressen: Illegale Vogelfütterung
Die Verdachtskontrollen des Gesundheitsreferats sprechen dafür, dass es Schwankungen gibt. Rückschlüsse auf die tatsächliche Populationsgröße ließen sich dadurch nicht treffen.
Insgesamt sieht das GSR keine Anhaltspunkte für einen signifikanten Anstieg oder Rückgang der Rattenpopulation im Münchner Stadtgebiet: "Die Erfahrungen des GSR deuten darauf hin, dass Witterungsbedingungen, zum Beispiel Länge der winterlichen Kälteperioden, das Ausmaß der illegalen Vogelfütterung und der Verunreinigung von Grundstücken sowie die Anzahl von Großbauprojekten entscheidende Faktoren für das örtlich begrenzte Vorkommen von Ratten sein dürften."
Schädlingsbekämpfer Jason Puschmann (34) sieht das ein wenig anders. "Ich würde schon sagen, dass es in den vergangenen zehn Jahren eine deutliche Zunahme der Population gab – weil einfach viel mehr to go gegessen wird. Besonders das Mittagessen hat sich von der eigenen Küche immer mehr nach draußen verlagert; und überall fällt mal was runter."
Wo sich in München besonders viele Ratten herumtreiben
Es gibt Hotspots, an denen sich die Tiere besonders wohlfühlen. Kein Wunder, ein Rest Pizza an der Isar, ein heruntergefallenes Stückerl Breze am Bahnhof – an stark frequentierten Plätzen finden sie eine Menge Futter. Das bestätigt sogar das Gesundheitsreferat, in den vergangenen Jahrzehnten habe man wiederkehrend Ratten-Einnistungen an bestimmten Örtlichkeiten und Arealen im Stadtgebiet festgestellt. "Dies betrifft vielfach unter anderem die Bahnhöfe – einschließlich der Vorplätze, P+R Anlagen – , die Grünanlagen mit Spiel- und Freizeitflächen sowie die Stadtgewässer", heißt es vom zuständigen Referat.
Schädlingsbekämpfer Puschmann bewertet noch einen anderen Bereich als besonders rattenfreundlich. "Im Bereich der Kanalisation macht die Stadt zu wenig. Kanalbeköderung sollte stärker eingesetzt werden. Es wird aus Unwissenheit immer noch viel Essen die Toiletten hinuntergespült. Das ist für die Ratten wie ein laufendes Sushi-Band. Weil es sich um städtische Bereiche handelt, müsste mehr passieren."

Stadt geht mit Verdachtskontrollen an Hotspots gegen die Ratten vor
Über den Grund für ein gehäuftes Auftreten von Wanderratten in örtlich begrenzten Bereichen könne man beim GSR hingegen nur spekulieren: "Unbestreitbar begünstigen mitunter die Gegebenheiten vor Ort die Einnistung von Wanderratten, wenn ein reiches Nahrungsangebot, hervorgerufen durch weggeworfene Nahrungsmittel und illegale Taubenfütterung, sowie zum Beispiel eine unübersichtliche und unzugängliche Untergrund- und Baustellensituation bestehen."
Und was unternimmt die Stadt, damit die Ratten nicht zur Plage werden? Mittels sogenannter Verdachtskontrollen werden die Hotspots immer wieder überprüft. Wenn beim GSR Meldungen von Bürgern eingehen, werden die Orte ebenfalls gecheckt.
Wer auf Privatgrund einen Rattenbefall bemerkt, muss sich selbst kümmern
Bekämpft werden die Gesundheitsschädlinge ausschließlich mit amtlich zugelassenen Ködermitteln. Damit die nicht auch für Mensch und Haustier gefährlich werden, werden die Substanzen verdeckt in Köderschienen oder Köderboxen ausgelegt. Vom Gesundheitsreferat heißt es dazu: "Die Beköderung erfolgt solange, bis kein Abfraß mehr stattfindet und die Befallsfreiheit seitens des Gesundheitsreferates festgestellt wird."
Das gilt aber nur für öffentlichen Grund. Wer auf Privatgrund einen Rattenbefall bemerkt, muss sich selber kümmern. Den gesetzlichen Bestimmungen des Infektionsschutzrechts nach sind Eigentümer verpflichtet, gegen die Schädlinge vorzugehen.

Der Schädlingsbekämpfer sagt dazu: "Wer eine Ratte entdeckt, sollte die Aufmerksamkeit hochschrauben. Nahrungsquellen wie Komposthaufen oder auch Vogelfutter im Blick haben. Am besten auch mal die Nachbarn fragen, ob die ebenfalls etwas gesehen haben, erfragen, ob vielleicht ein Komposthaufen oder Hühnerstall in der Nähe ist." Im Zweifel sollte immer ein Experte konsultiert werden.
Und wer auf der Terrasse oder im Gartenhäuschen eine Maus entdeckt, darf zwar schreiend davonlaufen, muss aber nicht zum Hörer greifen. Denn: "Die im Stadtgebiet anzutreffenden Mausarten sind in der Regel nicht als Gesundheitsschädlinge einzustufen. Bislang sind dem GSR keine Fälle von Erkrankungen durch Kontakte mit Mäusen im öffentlichen Raum bekanntgeworden."
Einzige Ausnahme: Die Rötelmaus, die zum Beispiel das Hantavirus übertragen kann. Die lebt aber lieber in Wäldern statt im Stadtgebiet.
Warum Ratten zur Gefahr für den Menschen werden können
Das Gesundheitsamt erklärt, warum Ratten in der Stadt bekämpft werden: "Ratten gelten als Überträger von schweren Infektionskrankheiten, aufgrund ihrer Eigenschaft, bevorzugt im Bereich menschlicher Siedlungen zu nisten, stellen sie grundsätzlich eine Gefahr für die Bevölkerung dar und sind gemäß den infektionsschutzrechtlichen Bestimmungen zu bekämpfen. Ratten übertragen Krankheiten durch unmittelbaren Kontakt, Biss oder über ihren Kot und Urin. Sobald Krankheitserreger über kontaminierte Nahrung oder andere Gegenstände Eingang in den menschlichen Körper finden, bestehen Gesundheitsgefahren für den betroffenen Personenkreis. Da theoretisch eine infektiöse Ratte genügt, ist die Anzahl der anzutreffenden Ratten als Indikator nur mittelbar von Bedeutung. Insgesamt ist es daher entscheidend, möglichst frühzeitig durch fachgerechte Bekämpfungen den Bestand zu beseitigen."
Wer einen Rattenbefall auf öffentlichen Plätzen melden möchte, kann sich mit Name und Telefonnummer beim Gesundheitsreferat unter rk-kva.gsr@muenchen.de melden.
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