S-Bahn München: So reagieren die Kritiker auf die Röhre für die zweite Stammstrecke
München - Die Kritiker verstummen nicht. Natürlich nicht. Auch nachdem die Finanzierungsvereinbarung für die zweite S-Bahn-Röhre unterzeichnet ist, schießen Grüne und Naturschutzverbände aus allen Rohren. Aber auch Freie Wähler wollen nicht in den Jubel von Staatskanzlei und Rathaus-Spitze einstimmen.
Wie berichtet, hatten Bundes- und Staatsregierung stolz verkündet, sich über die Finanzierung geeinigt zu haben. Von 3,2 bis 3,8 Milliarden Euro Kosten für die alternative Röhre ist inzwischen die Rede, Baubeginn soll nach dem Plan im April 2017 sein, die ersten Züge könnten bereits 2026 über die neue Strecke rauschen.
Zweite Stammstrecke: Der Verlauf, der Zeitplan, die Kosten
Gudrun Lux hält all das vor allem für eines: ziemlich unrealistisch. Die Chefin der Münchner Grünen bietet OB Dieter Reiter (SPD) eine Wette an: „Ich setze eine Kiste guten Frankenweins darauf, dass die Stammstrecke am Ende über fünf Milliarden Euro kostet – und natürlich auch nicht in der geplanten Zeit fertig wird“, sagte sie. Ob Reiter die Wette annimmt, war nicht zu erfahren.
S-Bahn-Ring als Ergänzung?
Der Münchner Vorsitzende der Freien Wähler, Michael Piazolo, hat kürzlich einen S-Bahn-Ring um die Stadt ins Gespräch gebracht. Dieser könnte auch eine sinnvolle Ergänzung zur Stammstrecke sein – zunächst einmal ist es jetzt aber deutlich unrealistischer, dass er geplant wird. „Wenn vier Milliarden in einen Tunnel gesteckt werden“, sagte Piazolo, der bei der Stammstrecke nach wie vor viele Fragen für offen hält, der AZ.
AZ-Kommentar: München braucht mehr
Der Bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich gestern zumindest offiziell demonstrativ offen für den S-Bahn-Ring. Er werde Süd- und Nordring „weiter voranzubringen“, sagte er der „SZ“. Ende des Jahres solle es ein Gesamtkonzept für den Verkehrsausbau geben, in dem auch der Nordring ein Thema sein werde, kündigte Herrmann an.
Entsetzt über den Stammstrecken-Beschluss äußerte sich der Bund Naturschutz (BN). „Der Bau des Tieftunnels hat das Potenzial zu einer der größten verkehrspolitischen Fehlentscheidungen der Nachkriegszeit zu werden“, sagte BN-Chef Christian Hierneis. Er kritisierte die „Fixierung auf die Innenstadt“, die „betoniert“ werde. Unterdessen hat die bayerische Wirtschaft die Entscheidung für die Stammstrecke begrüßt. „Jetzt ist der Weg frei für den dringend nötigen Ausbau des Münchner S-Bahn-Netzes“, teilte deren Dachverband am Mittwoch mit.