München braucht mehr
Es ist keine Woche her, da witzelte der OB wieder mal über die Verkehrspolitik von Bund und Freistaat. Die Stadt, sagte Dieter Reiter, sei ja für den funktionierenden Teil des Münchner Nahverkehrs verantwortlich. Für U-Bahn, Bus und Tram, sollte das heißen – und nicht für die chronisch überlastete S-Bahn.
Reiter kann aufhören mit den Späßen. Bund und Freistaat machen mit der Zweiten Stammstrecke ernst. Für München ist das eine gute Nachricht, obwohl die wenigsten Städter direkt profitieren. In der Debatte um den Nahverkehr werden jetzt wieder die eigentlichen Münchner Sorgen in den Vordergrund rücken – und damit Reiters Baustellen wie der Ausbau des U-Bahn-Netzes.
Zugausfälle, Verspätungen, Streckensperrungen: Wer regelmäßig S-Bahn fährt, weiß, dass es so nicht weitergehen konnte. Die Stammstrecke ist heute schon so überlastet, dass mit dem erwarteten Zuzug Hunderttausender bald der völlige Kollaps gedroht hätte.
Der zweite Tunnel wird Entlastung bringen, einen weiteren Ausbau ermöglichen. Und: Er ist schon so weit geplant, dass mit dem Bau in absehbarer Zeit begonnen werden könnte. So ist die Zweite Stammstrecke die einzige Option geworden – trotz ihrer Schwächen wie der, dass für sehr viel Geld keine neuen Stationen entstehen (der Marienhof liegt direkt neben dem Marienplatz).
Die meisten Städter fahren kaum S-Bahn. Doch wenn das Pendeln attraktiver wird, kann das auch Wohnungsmarkt und überfüllte Straßen in München entlasten. Die Lösung für alle Verkehrsprobleme ist die Röhre sicher nicht. Jetzt ist das Rathaus gefragt – etwa mit einer U9 quer durch die Innenstadt.