S-Bahn-Chaos: Hier berichtet ein Opfer

München - Termin mit dem Baureferat zur Tunnelbesichtigung: Gollierplatz, 9 Uhr. Dank des prima Angebots im Nahverkehr normalerweise eine Sache von 47 bis 54 Minuten für einen Geltendorfer. Doch an diesem Morgen ist wenig normal.
Um ganz sicher zu gehen, nehme ich lieber die frühe S-Bahn um 7.54 Uhr. Doch kaum habe ich Platz genommen, erklärt mir eine Stimme aus dem Off, dass diese S-Bahn bis auf Weiteres still gelegt wurde. Wann es weitergehe, sagt die Stimme nicht.
Der Grund: ein Oberleitungsschaden zwischen Laim und Pasing. Die betroffene S3, die einen Kurzschluss ausgelöst und die Leitung heruntergerissen hat, muss evakuiert werden. Ausgerechnet an dem Tag, an dem wegen des Pilotenstreiks viele Reisende auf Züge umgestiegen waren, kommt der S-Bahn-Verkehr zum Stehen.
Lesen Sie hier. S-Bahn-Chaos in München: Twitter-Reaktionen
Also doch der Zug. Um 8.10 Uhr fährt einer ab Geltendorf. Das würde reichen, um rechtzeitig den Gollierplatz zu erreichen. Normalerweise.
Was ich da noch nicht weiß, erklärt später ein Bahnsprecher: Hunderte S-Bahnen seien betroffen, sagt der Mann von der Deutschen Bahn. Die Fahrgäste müssten Umleitungen und Verspätungen in Kauf nehmen. Die Reparatur würde bis zum Nachmittag dauern. „Zeitweilig war auch der Regionalverkehr aus Richtung Allgäu und Augsburg von der Störung betroffen, weil auch ein Gleis für den Regionalverkehr gesperrt werden musste.“
Stimmt. Ich sitze in solch einem Allgäuer „Regional-Express“. Doch von Express ist längst keine Rede mehr. Der Zug gebärdet sich wie eine Zockel-S-Bahn, hält außerplanmäßig an zwei S-Bahn-Stationen, nimmt netterweise dort Fahrgäste auf. Bis Buchenau. Da lädt er zwar weitere Pendler auf, weigert sich aber, sie abzutransportieren. Der Mann im Führerhaus ist hörbar ratlos. Nichts geht mehr. Die Minuten verrinnen. Dann die Ansage, die S-Bahn auf dem Gleis gegenüber fahre gleich los. Bis Fürstenfeldbruck. Ein netter Anfang, aber nur die wenigsten fanden Bruck als Fahrtziel wirklich attraktiv. Kaum einer gibt seinen Platz im Zug auf.
Wann kommt meine S-Bahn? Informationen zur aktuellen Betriebslage
Wie sich herausstellt, vielleicht ein Fehler. Denn die Wartezeit in Buchenau wird lang und länger. Nach gefühlten zwei Stunden (der Realität näher kommen 45 Minuten) geht’s endlich weiter.
In Bruck ist die S-Bahn von vorhin aber nicht zu sehen. Ist die frecherweise einfach weitergefahren? In Richtung Pasing? Ohne uns zu informieren? Die vorher noch eher gelassen reagierenden Fahrgäste werden jetzt richtig sauer. Die ersten bösen Worte in Richtung Bahnmanagement fallen. Zumal unser Express weiter so tut, als wäre er eine S-Bahn.
Am Ende dauert meine Reise ins Westend 146 statt 54 Minuten. Also gnadenlos zu spät. Das Team vom Baureferat nimmt’s mir nicht krumm, sei ja „höhere Gewalt“ und gab mir sogar noch eine Privatführung durch die Tunnel des Mittleren Rings. Danke dafür. Mal sehen, was morgen passiert.