Riesen-Baustelle in München sorgt für Ärger: "Abenteuerlich, Zumutung, Supergau"
München - Am Montag vor einer Woche war das Chaos in Schwabing auf einmal da. Orange Baustellenzäune am Südende der Belgradstraße, an der Hohenzollern-, auch am oberen Ende der Kurfürstenstraße. Und kein Durchkommen mehr zum Kurfürstenplatz, von wo aus Trams und Busse sonst in alle Richtungen fahren.

Gleiserneuerungsarbeiten am Kurfürstenplatz in München bis Anfang Dezember
Wer nach einem Hinweis suchte, was das jetzt bitte werden soll, fand nach langer Suche einen ausgedruckten DIN-A4-Zettel an der Außenwand der Eisdiele Venezia hängen. Man führe im Auftrag der Stadtwerke Gleiserneuerungsarbeiten am Kurfürstenplatz durch, stand da kleingedruckt. Und zwar, Schreck lass nach, "voraussichtlich bis zum 1. Dezember", also mindestens acht Wochen lang.
Nicht nur, dass so lange die Trambahnen 12, 27 und 28 nicht mehr fahren (sondern ziemlich umständlicher Schienenersatzverkehr per Bus). Autofahrer können auch weit und breit nicht mehr parken. Und für Fußgänger, die hier sonst zig Einkaufsmöglichkeiten haben, von der Brezn über die Brille bis zum Wintermantel, tun sich plötzlich Hindernisläufe zwischen Lärm und Staub auf.
Keine Vorwarnung und Umsatzeinbruch: Ladeninhaber in München am Ende mit den Nerven
Nur eine Woche später – inzwischen gibt es ordentliche Hinweisschilder – sind etliche Ladeninhaber und Anwohner rund um den Kurfürstenplatz mit ihren Nerven am Anschlag. "Zu mir finden jetzt genau noch drei Kundinnen statt 30 am Tag", sagt etwa Monika Wofinger vom Modeladen Parita, der an der Hohenzollernstraße genau an der jetzt stillgelegten Haltestelle der 12er-Tram liegt, "das ist geschäftsschädigend ohne Ende, was hier gemacht wird."
Sie sei komplett überrascht worden von der Großbaustelle vor ihrem Laden, "wenn ich eine Info gehabt hätte, dann hätte ich nicht so viel Herbstware eingekauft", ärgert sie sich. "Auf der werde ich jetzt sitzen bleiben."

Ähnlich aufgebracht ist Marion Wagner vom Wäschegeschäft "Hautnah" um die Ecke an der Belgradstraße. Auch vor ihrem Laden verläuft der Bauzaun, auch die neue Einbahnregelung Richtung stadtauswärts riegelt sie ab, Kunden finden kaum noch zu ihr. "Ich habe jetzt schon 70 Prozent Umsatzminus, das ist ein Rieseneinbruch. Wieso, bitte, hat man uns vorher nicht Bescheid gesagt, dass die Baustelle kommt?"
Auch der Ersatzbus hilft nicht: "Für unser Geschäft ist das ein Supergau"
Im Brillen- und Hörgerätegeschäft "Docks" am Kurfürstenplatz sind letzten Freitag durch die Erschütterungen beim Gleise-Herausbrechen sogar die Ausstellungsbrillen aus dem Aufsteller im Schaufenster gefallen. "Der Lärm ist immens", sagt Inhaber Jörg Baethke, "wir können mit den Hörgeräten zum Teil gar nicht arbeiten." Das Schlimmste ist, sagt er, "dass wir ohne Trams und Parkplätze katastrophal vom Verkehr abgeschnitten sind." Da helfe auch der 27er-Ersatzbus nicht weiter, "die Route ist abenteuerlich".

Wer etwa vom Stachus kommen wolle (normalerweise eine blitzschnelle, gerade Tramstrecke), muss jetzt eine Riesenrunde mit zwölf Haltepunkten übers Nordbad zum Elisabethplatz fahren und dann noch 300 Meter zu Fuß laufen. "Gerade für unsere älteren Kunden ist das eine Zumutung", sagt Baethke, "und für unser Geschäft ist das ein Supergau."
MVG klärt über die Bauarbeiten am Kürfürstenplatz auf: Es hilft nur Geduld
Weshalb die Anwohnerinformation im Vorfeld so schlecht funktioniert hat? Die Münchner Verkehrsgesellschaft MVG erklärt auf AZ-Nachfrage, die Verteilung der Infoschreiben habe sich "krankheitsbedingt teilweise mit dem Beginn der Bauarbeiten überschnitten". Und einen weniger umständlichen Bus-Ersatzverkehr gebe es "leider nicht" – auch, weil viele Straßen in Schwabing zu "eng, zugeparkt oder von Baustellen blockiert" seien.

Für die Betroffenen ist das ein schwacher Trost. Monika Wofinger probiert es in ihrem Parita-Modegeschäft (Hohenzollernstr. 90) mit einem Gegenprogramm: Am Freitag (20.10.) gibt’s bei ihr eine "Baustellenparty". Mit Prosecco, für alle, die vorbei schauen wollen.
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