Reiter zu Corona-Protest vom Mittwoch: "Nicht akzeptabel"
München - Von fröhlicher Weihnachtsstimmung ist im Präsidium und im Rathaus momentan wenig zu spüren. Alle Appelle, Kritiker der Coronapolitik mögen sich an Regeln halten, sind wirkungslos verpufft. Im Gegenteil: Es werden mehr auf der Straße und manche aggressiver.
OB Dieter Reiter sprach am Donnerstag von Auswüchsen der Corona-"Spaziergänge". "Vorfälle wie am Mittwochabend sind für mich ein Missbrauch des Grundrechts auf Meinungsfreiheit und deshalb nicht akzeptabel. " Die öffentliche Sicherheit sei nun schon zum zweiten Mal gefährdet gewesen, so Reiter: "Für mich zeigt das ganz klar: Den Protestführern geht es nicht mehr nur um ihren Protest gegen die Corona-Maßnahmen, sondern sie suchen den Konflikt mit dem Staat."
"Es lagen keine präzisen Erkenntnisse über die Lage vor"
SPD-Fraktionschef Florian von Brunn schrieb auf Twitter, Rechtsradikale und "Querdenker" hätten sich zusammengerottet, Polizei und Journalisten angegriffen.
Dominik Krause, Vizechef der Grünen Rathausfraktion, kritisierte: "Obwohl die Demonstration eine Eskalation mit Ansage war und es bereits nach der Demonstration vor einer Woche Appelle seitens der Politik gab, war die Polizei vollkommen unzureichend vorbereitet." Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, fordert ein neues Einsatzkonzept. 500 Beamte standen bereit. Die waren über die Stadt verteilt. "Es lagen keine präzisen Erkenntnisse über die Lage vor", bemühte sich Polizeisprecher Andreas Franken um eine Erklärung.
Dabei hatten Corona-Skeptiker via Telegram deutlich gemacht, dass sie sich nicht abhalten lassen würden. Dass der Geschwister-Scholl-Platz eine Protestbühne sein würde, lag auf der Hand.
Menschen rannten Polizisten über den Haufen
Trotzdem standen nur wenige Polizisten an der LMU bereit. Verstärkung zu verlegen, kostete wertvolle Zeit. Rund 200 "Spaziergänger" waren es kurz nach 18 Uhr. Minuten danach schwoll die Menge auf 1.500, später sogar auf 5.000 Menschen an. Das lässt vermuten, dass die Masse der Corona-Skeptiker in umliegenden Straßen auf ihre Chance gewartet hatte. Die Menschen zogen los, rannten die Polizisten, die sich ihnen entgegenstellten, über den Haufen. "Ihr könnt uns nicht aufhalten", höhnte die Menge. Andere posierten mit Victoryzeichen vor Polizeiautos.
Rund um die LMU zogen die Impfgegner. Erst nach 19 Uhr gelang es, mit einem massiven Polizeiaufgebot und quergestellten Fahrzeugen auf Höhe der Staatsbibliothek den Zug zu stoppen. Die Stimmung kochte hoch. Polizisten wurden massiv bedrängt, beschimpft, beleidigt. Beamte setzten 232 Mal den Schlagstock ein, elf Mal Pfefferspray. Elf Personen wurden festgenommen, 14 weitere "Spaziergänger" angezeigt u. a. wegen Angriffen auf Polizisten, Widerstand, Beleidigung. Mehrere Polizisten und ein Journalist wurden verletzt. Ein Demonstrant hatte an einer Absperrung sogar ein Messer gezogen.
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