Referenten-Wahl: Das tut sich in Reiters Kabinett

Am Mittwoch ist Referenten-Wahl im Stadtratsplenum. Wer kommt, wer geht von den elf Stadtministern? Und für wen könnte es womöglich eng werden? Die AZ gibt einen Überblick.
von  Irene Kleber
Der große Sitzungssaal im Rathaus: Unter dem Ölgemälde der „Monachia“ sitzen OB, Bürgermeister und die elf Stadtminister – davor die 80 Stadträte. Die sollen heute in der Vollversammlung sechs Referenten wählen.
Der große Sitzungssaal im Rathaus: Unter dem Ölgemälde der „Monachia“ sitzen OB, Bürgermeister und die elf Stadtminister – davor die 80 Stadträte. Die sollen heute in der Vollversammlung sechs Referenten wählen. © dpa/az

München - Wenn die elf mächtigen Stadtminister am Mittwoch um 9 Uhr neben OB Dieter Reiter (SPD) zur Vollversammlung im großen Sitzungssaal des Rathauses einmarschieren, dürften einige von ihnen Bauchflattern mitbringen.

Denn für sie geht es heute zuvorderst: um sich selbst. Bei der Referenten-Wahl sollen die 80 Münchner Stadträte drei der elf Spitzenposten (den KVR-, Personal- und Schul-Chefsessel) für sechs Jahre neu besetzen. Und: drei weitere Bosse im Amt bestätigen – den Kämmerer, die Chefin des Baureferats sowie die Sozialreferentin.

Für Letztere, Brigitte Meier (SPD), könnte es allerdings nun doch überraschend eng werden: Weil ihr Sozialreferat offenbar bei der Kostenerstattung für junge Flüchtlinge Fristen versäumt hat und der Stadt nun Millionenbeträge verlorengehen könnten (AZ berichtete), gerät sie immer mehr unter Druck.

Noch am Morgen wollen die Stadtrats-Grünen deshalb durchsetzen, dass Meiers Wiederwahl mindestens verschoben wird. Wie die CSU sich dazu stellt, will die Fraktion ab 8 Uhr in einer Sondersitzung vorberaten.

Der Rathauszyklus hat sich über die Jahre etwas verschoben

Dass nicht alle elf, sondern nur sechs Referenten gewählt werden, hat einen einfachen Grund: Prinzipiell gibt es die Regel, dass alle Stadtminister gleichzeitig gewählt werden – und zwar alle sechs Jahre etwa in der Mitte einer Stadtrats-Periode.

„Damit soll gesichert werden, dass die städtische Verwaltung auch dann weiterarbeiten kann, wenn es einen Regierungswechsel im Rathaus gibt“, erklärt Presseamts-Sprecher Stefan Hauf. Weil aber über die Jahre immer wieder einzelne Referenten außerhalb dieses Zyklus in Ruhestand gegangen sind (oder aufgehört haben), enden heute die sechsjährigen Amtszeiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

Wie wird entschieden? Nach der letzten Stadtratswahl 2014 haben die GroKo-Partner CSU und SPD in ihrem Kooperationsvertrag festgeschrieben, welche Partei für welches Amt einen Bewerber vorschlagen kann (der dann auch von allen gewählt werden soll). Das erklärt, warum einige der Spitzenposten öffentlich ausgeschrieben werden, andere nicht.

So hat die Rathaus-CSU im vergangenen September (nach zweimaliger Ausschreibung) Stephanie Jacobs zur Nachfolgerin des langjährigen Umwelt- und Gesundheitsreferenten Joachim Lorenz (Grüne) bestimmt.

Heute soll CSU-Stadtrat Alexander Dietrich (ebenfalls nach einer Ausschreibung) auf Vorschlag seiner Fraktion zum neuen Personalreferenten gewählt werden – und damit ab 1. Juli Thomas Böhle ablösen, der ins KVR wechselt.

Und bei noch einem dritten Posten kam die CSU zum Zug: Bürgermeister Josef Schmid hat das Amt des Wirtschaftsreferenten gleich mit übernommen.

Blume-Beyerle geht in Rente, für ihn kommt Thomas Böhle

Die SPD darf laut Kooperationsvertrag heute vier Posten besetzen – und hat ganz auf Ausschreibungen verzichtet. Zur neuen Schulreferentin soll heute, wie geplant, SPD-Stadträtin und Mietervereins-Chefin Beatrix Zurek gewählt werden.

Verlängern wollen die Genossen den Vertrag des fraktionsübergreifend geschätzten Kämmerers Ernst Wolowicz. SPD-Mann Thomas Böhle soll den parteilosen Kreisverwaltungs-Chef Wilfried Blume-Beyerle beerben, der zum 1. Juli in Ruhestand geht.

Weitermachen sollte eigentlich auch Sozialreferentin Brigitte Meier. Zum Versuch der Grünen, ihre Wiederwahl erst mal zu verhindern, sagte sie gestern nur: „Kein Kommentar.“

 

Wer wofür zuständig ist

 

Im Stadtrat gibt es immer mal wieder Debatten darüber, ob man wirklich so viele Referate braucht. Könnte man da nicht auch was zusammenlegen?

Derzeit sind es aber elf feste Stadtminister. Wer diese sind und was sie tun – ein Überblick:

  • Umwelt und Gesundheit: Stephanie Jacobs (38, parteifrei aber CSU-nah) ist die Jüngste unten den städtischen Ministern. Erst vergangenen September hat sie die Geschäfte von Vorgänger Joachim Lorenz (Grüne) übernommen. Die gut 1000 Mitarbeiter in ihrem Haus sind zuständig, wenn es etwa um Feinstaub, Elektromobilität oder die Abwehr von Epidemien geht.
  • Bau: Das Baureferat hat die GroKo zum „neutralen Gebiet“ erklärt. Amtsinhaberin Rosemarie Hingerl (60, parteifrei), die bei allen Fraktionen unumstritten ist, soll deshalb weitermachen. Ihre 3700 Leute kümmern sich um allerlei – von ausgebrannten Glühlämpchen bei der Straßenbeleuchtung bis hin zur fachmännischen Begleitung von Tunnelbauten am Mittleren Ring.
  • Planung: Wie soll der neue Bahnhofsvorplatz aussehen, wo gibt es in München noch Siedlungspotenzial, und wie lassen sich Gartenstädte gegen Spekulanten schützen? Bei derlei Fragen bewegt man sich im Revier von Stadtbaurätin Elisabeth Merk (52, parteilos) und ihren 750 Mitarbeitern. Ihre (zweite) Amtszeit läuft bis 2019).
  • Kämmerei: Wie viele Steuern kommen rein, welche Schulden sind da? Was kann die Stadt ausgeben? Ernst Wolowicz (62) managt die Stadtkämmerei seit über elf Jahren – heute steht seine Wiederwahl an.
  • Personal: Seit 1998 führt SPD-Mann Thomas Böhle (62) die Geschäfte im städtischen Personalreferat, in dem 678 Mitarbeiter beschäftigt sind. Weil er an die Spitze des KVR wechselt, soll CSU-Stadtrat Alexander Dietrich am 1. Juli seinen Posten übernehmen.
  • Wirtschaft: Nur 2. Bürgermeister zu sein hat CSU-Mann Josef Schmid (46) nicht gereicht – darum übernahm er nach der Kommunalwahl 2014 das Amt des Wirtschaftsreferenten (222 Mitarbeiter) gleich mit. Er kümmert sich um den Wirtschaftsstandort München, junge Kreative, Konzepte für Langzeitarbeitslose – und die Wiesn.
  • Soziales: Mietwucher, Flüchtlingsquartiere und die Unterbringung von Wohnungslosen, das sind ein paar der vielfältigen Aufgaben von Sozialreferentin Brigitte Meier (51, SPD) und ihren 3700 Mitarbeitern.
  • Schule und Bildung: Zu viele theoretische Konzepte, zu wenig praktische Lösungen: Stadtschulrat Rainer Schweppe (61, Chef über 13 800 Mitarbeiter, darunter je 5000 Lehrer und Erzieher) wollte der Stadtrat nicht weiterarbeiten lassen. Am 1. Juli übernimmt SPD-Stadträtin Beatrix Zurek.
  • Kultur: 1000 Mitarbeiter führt Kulturreferent Hans-Georg Küppers (61, SPD) seit 2007. Seine (zweite) Amtszeit läuft noch bis 2019.
  • Kreisverwaltungsreferat: 18 Jahre führte Wilfried Blume-Beyerle (67, parteilos) das KVR mit 3500 Mitarbeitern. Am 1. Juli übernimmt der bisherige Personalreferent Thomas Böhle (SPD).
  • Kommunalreferat: Hier bleibt bis 2018 alles beim Alten – bis dahin ist Axel Markwardt (66, SPD) noch im Amt und kümmert sich mit 900 Mitarbeitern um die städtischen Immobilien und Liegenschaften.
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