Rauswurf: Mann und Dackel fliegen aus der Christmette

Schöne Bescherung: Weil er an Heiligabend sein Zamperl in die Frauenkirche mitnahm, wurde ein Münchner am Ende abgeführt.
Anja Perkuhn |
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Erzbischof Reinhard Marx zelebriert am 24. Dezember 2015 im Dom.
Imago Erzbischof Reinhard Marx zelebriert am 24. Dezember 2015 im Dom.

München - Ein bisschen geschmunzelt haben die Menschen, als Eberhard Gruber und seine Sissi in den Münchner Dom kamen, sagt er. Mehr aber auch nicht, immerhin war es Heiligabend, in der Stadt und im Dom und in den Herzen der Menschen war es warm, und Dackel-Pudel-Mischung Sissi saß still und mit geschlossenen Augen zu Füßen ihres Herrchens, während Kardinal Marx die Christmette zelebrierte.

Gestört hat der kleine Hund dann aber doch jemanden: den Ordner im Dom. Gruber solle das Gebäude verlassen, Hunde seien dort nicht erlaubt.

 

20 Minuten später kam die Polizei

 

Eigentlich hatte der Münchner gar nicht vorgehabt, in die Kirche zu gehen, sondern kam mit der Hündin von der Weihnachtsfeier seiner Chorgruppe. Spontan habe er auf dem Heimweg beschlossen, der Mette beiwohnen zu wollen. Sollte Sissi unruhig werden, hatte er sich ohnehin vorgenommen, die Mette sofort zu verlassen. Der Ordner sei aber „sehr böse und ekelhaft“ zu ihm gewesen, erzählt der 59-Jährige. Minutenlang habe er vor ihm gestanden, ihn angestarrt und versucht, ihn rauszuwerfen. Also habe er immer wieder nachgefragt, warum – der Hund sei doch ruhig.

20 Minuten später kam die Polizei. Zwei Streifenpolizisten – sie standen wegen der Mette ohnehin vor der Kirche. „Sie haben mich an den Armen genommen und abgeführt“, sagt Gruber. Draußen hätten sie dann von einer „strafrechtlichen Angelegenheit“ gesprochen und davon, dass er in Gewahrsam müsse. Schließlich hätten sie ihn doch gehen lassen. „Wir sind direkt nach Hause, ich habe ein Glas Wein getrunken und mich dann ins Bett gelegt“, erzählt Gruber stockend. Langsam klinge seine Wut über seine Ohnmächtigkeit an diesem Abend ab, „aber mit meinem Weihnachtsfrieden ist es jetzt vorbei“.

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Er hat deshalb einen Brief an Kardinal Marx geschrieben. „Sie predigten von Liebe und Frieden“, schreibt er da, und dann werde er wegen seines Dackels abgeführt. „Wie passt das zusammen?“ Er sei verletzt und empört und verstehe das Verhalten der Katholischen Kirche nicht. „Ich fände es gut, wenn Kardinal Marx sagt, ob er diese Behandlung okay findet, ob unser Herrgott das so will.“

Hunde kommen tatsächlich auch in der Bibel vor. Nicht wie Ochs und Esel als Zaungäste bei Jesus Christus Geburt, sondern etwa auf demselben Niveau wie die obstpreisende Schlange im Paradies: „Denn draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Totschläger und die Abgöttischen und alle, die liebhaben und tun die Lüge“, heißt es in der Lutherbibel.

 

"Der Hund macht ja nichts"

 

Nun muss man aus einem Hund, der keine Christmette feiern darf, keinen Märtyrer machen. Aber Gruber ist ein Mann, dem sein Hund das Wichtigste im Leben ist. Ihn hat der Zwischenfall sehr mitgenommen. Auch einige Umstehende im Dom haben das offenbar bemerkt und Partei ergriffen für ihn: Ein Mann habe den Ordner gefragt, „Sind Sie sich im Klaren, dass Sie hier gerade die Mette stören?“, erzählt Gruber. Eine Frau habe gesagt: „Lassen Sie doch den Herrn in Frieden, der Hund macht ja nichts.“

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Beim Erzbischöflichen Ordinariat zeigt man sich überrascht. Es gebe doch überall an der Kirche Schilder zum Verhalten: keine Hüte, kein Lärm, keine Hunde. Außerdem habe der Ordner – selbst Hundebesitzer – Gruber mehrmals höflich aufgefordert, sich weiter hinten in die Kirche zu stellen. „Die Polizei kam nicht wegen des Hundes, sondern weil der Mann sich so aufgeführt hat“, heißt es.

Aber weil ja am Ende Frieden das Schönste ist: In immer mehr – auch katholischen – Kirchen in Deutschland gibt es spezielle Tiergottesdienste. Seit fünf Jahren auch in der Maximilianskirche im Glockenbachviertel.


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