Rammstein-Konzert an Silvester: Werbeträger oder Sicherheitsrisiko?

Die Hartmänner-Truppe Rammstein will es in der Silvesternacht mitten in München krachen lassen. Den Sicherheitsverantwortlichen graust es davor.
von  Ralf Müller
Rammstein sind auch legendär wegen ihrer Pyroshows. Hier feuert Frontsänger Till Lindemann (r.) mit einem Flammenwerfer auf der Bühne herum.
Rammstein sind auch legendär wegen ihrer Pyroshows. Hier feuert Frontsänger Till Lindemann (r.) mit einem Flammenwerfer auf der Bühne herum. © picture alliance/dpa

München - Die einen sehen mit großen Erwartungen, die anderen mit Sorge der Silvesternacht in München entgegen. Auf der Theresienwiese möchte es die Berliner Hartmänner-Truppe Rammstein am letzten Tag des Jahres so richtig krachen lassen. 145.000 Besucher sollen zu dem Spektakel auf dem zentralen Platz kommen, wo in etwas mehr als einem Monat das Oktoberfest seine Pforten öffnen soll.

Kritik und Bedenken an Rammstein-Konzert in München

Ob es wirklich dazu kommt, ist fraglich. Es gibt erhebliche Sicherheitsbedenken gerade für diese Nacht, in der Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte ohnehin stark gefordert sind. Als Menetekel steht die Loveparade 2010 in Duisburg mit 21 Toten im Raum. Die örtlichen Konzertveranstalter wundern sich darüber hinaus, dass nun möglich sein soll, was ihnen stets verwehrt wurde, nämlich ein Großkonzert mitten in der Stadt.

"Wir erleben aktuell eine große Nachfrage nach Live-Events", berichtet Michael Furtschegger, Global Head of Entertainment bei Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS): "Der Hunger der Fans nach Live-Veranstaltungen ist groß und die größeren Veranstalter verzeichnen Rekordzahlen." Nach dem Ende der Lockdowns und Einschränkungen für Konzertveranstalter rechneten die Konzert- und Festival-Akteure mit einem neuen Boom, der freilich auch neue Fragen an die Sicherheit solcher Veranstaltungen stelle.

Personalmangel geht zu Lasten der Sicherheit

Wie viele andere Branchen stehe auch die Unterhaltungsbranche vor personellen Engpässen, sagt der für die Versicherung solcher Veranstaltungen zuständige Versicherungsmanager. Laut einer Umfrage der Professional Light And Sound Organisation (PLASA) meldeten fast 70 Prozent der Ende 2021 befragten Unternehmen einen Fachkräftemangel. Gesucht wurden vor allem Ingenieure, Techniker und Arbeiter in der Bühnentechnik. Zu einem besonders akuten Problem könne Personalmangel bei der Sicherheit werden, so Furtschegger. Das könne dazu führen, dass die Behörden eine Veranstaltung nicht zulassen. In Bezug auf andere sicherheitskritische Aufgaben müssten die Organisatoren sicherstellen, dass sie Lieferanten und Auftragnehmer ordnungsgemäß überprüfen.

Viele neu entstehende Festivals sind nach Ansicht des Allianz-Experten einer neuen Risikobewertung zu unterziehen. Was die Suche nach neuen Räumlichkeiten angeht, sei die Branche nämlich sehr innovativ. Während Veranstalter etablierter Festivals wie Coachella in den USA, Tomorrowland in Belgien oder Rock am Ring in Deutschland mit den Risiken ihrer Veranstaltungsorte relativ vertraut sein dürften, erforderten neue und unerprobte Veranstaltungsorte andere Risikobewertungen, betont Furtschegger.

Rammstein-Konzert könnte weltweiten Werbeeffekt für München haben

Das gilt besonders für die Pläne von Rammstein für München, die relativ kurzfristig angemeldet wurden. Üblicherweise haben solche Massen-Events einen planerischen Vorlauf von einem Jahr, was die Skepsis der Sicherheitsbehörden zusätzlich steigert. Gastronomie und Tourismusbranche der Isarmetropole haben indessen nach zwei mageren Corona-Jahren wieder Euro-Zeichen in den Augen. Rammsteins Silvester-Sause werde "erhebliche Aufmerksamkeit für die Tourismusdestination München weit über die Grenzen der Stadt hinaus generieren" und einen weltweiten Werbeeffekts haben, heißt es in der Sitzungsvorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft für den Stadtrat. Die Großveranstaltung werde "als Werbeträger für München als Kultur- und Tourismusstandort funktionieren" und zu einem Umsatzplus in Hotellerie und Gastronomie führen.

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