Radikale Abtreibungsgegner demonstrieren in München: Wie die Stadt damit umgeht
München - Es sind Bilder, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollten: Radikale Abtreibungsgegner, mit Heiligenbildern und überlebensgroßen Bildern von Föten ausgestattet, stehen vor Kliniken und Arztpraxen, wo Abtreibungen gemacht werden. Oft wird gebetet und Schwangere mit Abtreibungswunsch werden angesprochen.
Abtreibungsgegner demonstrieren vor Münchner Kliniken
Bilder vom Samstag, 25. Januar zeigen offenbar solche Demonstrationen. Vor einer Arztpraxis an der Nymphenburger Straße und einer Klinik am Stiglmaierplatz hat sich eine kleine Gruppe versammelt, um gegen Abtreibungen zu demonstrieren, begleitet von Polizeikräften.
Im November ist jedoch bundesweit ein Gesetz in Kraft getreten, das Schwangere vor genau diesen sogenannten "Gehsteigbelästigungen" schützen soll. Es stellt seither eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn Schwangere auf dem Weg zu einer Beratungsstelle oder zu einer Klinik, die Abtreibungen durchführt, behindert oder belästigt werden. Bußgelder von bis zu 5.000 Euro sind die Folge. Laut neuem Gesetz sind solche Gehsteigbelästigungen in einem Umkreis von 100 Metern um diese Einrichtungen herum verboten.

München: Wie die Stadt mit dem neuen Gesetz zur Gehsteigbelästigung umgeht
Wie kam es nun dennoch zu diesen Demonstrationen in München direkt vor den Einrichtungen, beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) offiziell angemeldet und von Polizei begleitet?
Auf AZ-Anfrage erklärt das KVR: "Eine Gehsteigbelästigung hat nicht stattgefunden, da die Versammlung an einem Samstag stattfand, an dem die Kliniken geschlossen hatten", so KVR-Sprecherin Beate Winterer. "Die Versammlungsfreiheit ist als solche grundrechtlich geschützt und kann nicht über das Gesetz zur Gehsteigbelästigung verboten werden".
Keine Gehsteigbelästigung: KVR muss Versammlungen vor Kliniken zulassen
Heißt also: Wenn keine schwangeren Frauen auf dem Weg in eine solche Einrichtung sind oder wieder herauskommen, können sie auch nicht am Gehsteig belästigt werden. Eine Lücke, die die Abtreibungsgegner offenbar gerne ausnutzen.
Das KVR betont derweil, dass das Gesetz zur Gehsteigbelästigung dennoch "ein großer Erfolg" sei. "Insbesondere die neue Möglichkeit zur Erteilung von Bußgeldern und Betretungsverboten gegenüber Personen, die schwangere Frauen in derart schwierigen Situationen ansprechen, ist sehr hilfreich für die Verwaltungspraxis", sagt KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl (Grüne) zur AZ.
Das KVR sei aber zu inhaltlicher Neutralität gegenüber Versammlungen verpflichtet, "auch wenn das im Einzelfall schmerzlich scheint".
Weil eine Gehsteigbelästigung an jenem Samstag also ausgeschlossen war, weil die Praxen und Kliniken gar nicht geöffnet waren, habe "keine rechtliche Möglichkeit zur Verlegung der Versammlung" bestanden, so die KVR-Sprecherin Winterer.
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