Quartett prügelt Fahrgast in U-Bahn krankenhausreif - Mildes Urteil ist weiterer Schlag ins Gesicht des Opfers

Wegen einer Lappalie wird ein Mitarbeiter der Stadtwerke München im April 2023 im U-Bahnhof Sendlinger Tor von vier jungen Männern verprügelt und schwer verletzt. Knapp anderthalb Jahre später wird der Fall verhandelt – das Urteil für die Täter ein weiterer Schlag ins Gesicht des Opfers.
André Wagner |
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Am Amtsgericht München wurde der Fall des verprügelten SMW-Mitarbeiters verhandelt.
Am Amtsgericht München wurde der Fall des verprügelten SMW-Mitarbeiters verhandelt. © Sven Hoppe/dpa

München – Die Nacht vom 30. April 2023 wird ein  heute 37-jähriger Mitarbeiter der Stadtwerke München (SWM) wohl in seinem Leben nicht mehr vergessen. An diesem Abend wurde er von vier jungen Deutschen aus München (alle zwischen 17 und 20 Jahre alt) krankenhausreif geprügelt und getreten. Der Grund für die Gewalttat: Der SWM-Mitarbeiter hat am U-Bahnhof Sendlinger Tor einen der Männer aufgefordert, im Zug seine Zigarette auszumachen. Was folgte, war ein Exzess der Gewalt: Der 37-Jährige wurde bewusstlos geprügelt und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma sowie einen Bruch des Nasenbeins.

Kurz nach Mitternacht lag das Opfer blutüberströmt auf dem Bahnsteig, um ihn herum geschockte Zeugen. Diese riefen zwar umgehend die Polizei, dennoch gelang dem Prügel-Quartett die Flucht in Richtung Stachus. Am Tatort wurde der SWM-Mitarbeiter, der aufgrund der Schläge und Tritte einen epileptischen Anfall erlitten hatte, von Ersthelfern versorgt.

SWM-Mitarbeiter wird von vier Deutschen krankenhausreif geprügelt

Am Mittwoch, dem 9. Oktober 2024, also fast 18 Monate nach der Tat, wurde der Fall nun vor dem Münchner Amtsgericht verhandelt. Dort gab der attackierte 37-Jährige zu Protokoll, dass er nach der Tat drei Wochen lang krankgeschrieben gewesen sei und auch noch heute seelisch unter den Folgen leide. Dass das Ganze auch schlimmer hätte ausgehen können, bezeugte ein Rechtsmediziner, der die Prügelattacke als "potenziell lebensgefährlich" einstufte. Eine Pädagogin der Jugendgerichtshilfe gab zu verstehen, dass man hier "auch sitzen und ein Menschenleben beklagen" könne.

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Während die Staatsanwaltschaft für die vier Täter wegen "gefährlicher Körperverletzung" Haft- und Freizeitstrafen beantragt hatte, fiel das Urteil von Amtsrichter Jürgen Hanselmann nach fünfeinhalb stündiger Verhandlung äußerst milde aus. Zwar rügte er die Tat als eine "Gewaltexplosion aus nichtigem Anlass", doch statt hinter Gitter, schickte Hanselmann die vier Männer nur zu einer Teilnahme an einem Vortrag über die Folgen von Gewalt. Für das Opfer ein nicht nachvollziehbares Urteil und ein weiterer, wenn auch nur verbaler, Schlag ins Gesicht.

Mildes Urteil ein weiterer Schlag ins Gesicht des Opfers

Der Anwalt des attackierten SWM-Mitarbeiters ging mit dem Urteil hart ins Gericht. "Hier stößt das Jugendstrafrecht an Grenzen. Bei Erwachsenen hätte man in so einem Fall über Haft nachgedacht", wird der Advokat im Münchner Merkur zitiert.

Immerhin: Die Schläger, die sich einen Tag nach der Tat bei der Polizei gestellt hatten und geständig waren, entschuldigten sich bei ihrem Opfer und zahlten 10.000 Euro Schmerzensgeld (im Fachjargon Täter-Opfer-Ausgleich). Diese beiden Tatsachen wirkten sich in der Verhandlung strafmildernd auf das Urteil aus.

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28 Kommentare
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  • Himbeergselchts am 15.10.2024 09:50 Uhr / Bewertung:

    Wieder mal ein Richter, der glaubt diese „Quartette“ nehmen seine Verwarnungen ernst. Wie oft habe ich das erlebt, mit Jugendlichen in meiner hauptberuflichen Tätigkeit im Jugendamt.
    Die „richterliche Unabhängigkeit“ schützt den Richter sogar, wenn er den Tod eines Kindes mit verschuldet, weil er die Warnungen von drei Sozialarbeiterinnen des Jugendamtes in den Wind schießt.
    So geschehen in Oberbayern, irgendwo, irgendwann.
    Über den Tod des Kleinkindes informiert, erklärte besagter Herr, er sei „sehr betroffen“.
    Konsequenzen - keine.

  • Durchblicker am 11.10.2024 16:12 Uhr / Bewertung:

    Das Schlimme ist, dass ein solches Urteil leider gar keine Überraschung mehr ist! Ich kann dem Geschädigten nur raten, seinen Wohnsitz nach Österreich zu verlegen. Dort ist seine berufliche Expertise mit Sicherheit ebenfalls gefragt und es existiert eine funktionierende Justiz, die ihre deutsche Bedeutung noch verdient, nämlich "Gerechtigkeit".

  • Himbeer-Toni am 12.10.2024 09:28 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Durchblicker

    Richtig. Österreich ist gut. Mein Geld ist schon dort, unseren megagierigen Staat unterstütze ich nicht weiter!

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