Prozess wegen versuchten Mordes: Neugeborenes ausgesetzt - Liebhaber bemerkt nichts
München - Es ist ein gespenstischer Auftritt, den Peter S. (47, Name geändert) da hinlegt. Aus Angst erkannt zu werden, hat sich der große Mann mit einer Sturmhaube maskiert. So betritt er den Gerichtssaal B 162 im Strafjustizzentrum.
Dass er überhaupt kommt, ist schon ein erster kleiner Erfolg. 20 Minuten lang hat ihn der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann in einem separaten Raum zuvor überreden müssen, als Zeuge vor Gericht auszusagen. Und im Saal legt er sogar sein Gesicht frei, als er auf dem Zeugenstuhl Platz nimmt. So, dass es die Prozessbeteiligten, nicht aber die Zuhörer in seinem Rücken sehen können.
Peter S. ist ein wichtiger Zeuge im Prozess um die Aussetzung des am 18. August 2018 neugeborenen Buben Elias Justus. Der 47-Jährige, fast gehörlose Journalist hatte seine Facebook-Bekanntschaft Hina R. (27) am 17. August zu sich nach Neuperlach eingeladen. Dass die 27-Jährige hochschwanger war, will er nicht bemerkt haben.
Neuperlach: 27-Jährige wegen versuchten Mordes angeklagt
Die Frau kam offenbar in dieser Nacht im Vorgarten des Hauses nieder und setzte das Kind aus. Ohne Decke, ohne Kleidung. Als Elias Justus in der Hecke vor dem Haus in der Therese-Giehse-Allee gefunden wurde, hatte der Säugling nur noch eine Körpertemperatur von knapp 26 Grad, mehrere Knochenbrüche und seine Herzfrequenz war auf 80 Schläge pro Minute gefallen.
Seine Mutter ist wegen versuchten Mordes und schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen angeklagt.
Die gehörlose Frau war am Vorabend der Tat in München am Bahnhof von Peter S. abgeholt worden, erzählt dieser im Zeugenstand. Man habe gegessen und getrunken und sei dann nach Neuperlach gefahren. "Haben Sie gefragt, ob sie schwanger ist?", will Staatsanwalt Laurent Lafleur von dem Zeugen wissen. Peter S. sagt "Nein". Ihm sei aber am nächsten Morgen aufgefallen, dass ihr Bauch schlanker war.
Neuperlach: Liebhaber will Frau ins Krankenhaus fahren
Ob er denn in dieser Nacht Sex mit der 27-Jährigen gehabt habe, will der Vorsitzende Richter wissen. Peter S,. ziert sich ein wenig, was denn das mit der Aussetzung des Babys zu tun habe, will er wissen. Aber das Gericht besteht auf der Frage. Peter S. antwortet schließlich mit "Ja". Gegen ein Uhr sei er eingeschlafen.
Am nächsten Morgen, so zwischen fünf und sechs Uhr, sei er dann aufgewacht. Die Frau war wach und sehr aufgeregt. Sie habe stark geblutet. Auf seine Frage warum, sprach sie nur von "Blutungen". Er bot ihr an, sie in ein Münchner Krankenhaus zu fahren: "Aber sie wollte nach Frankfurt, zu einem Arzt ihres Vertrauens."
Also habe man das Blut in der Wohnung weggewischt, und er brachte sie dann zum Bahnhof. Bei seiner Rückkehr habe er dann den Rettungswagen bemerkt. Polizisten hätte ihn später wegen der Aussetzung eines Babys befragt, aber der Verdacht, seine Bekanntschaft könnte die Mutter sein, kam ihm erst später. Der Prozess dauert an.
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