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Prozess gegen Jérôme Boateng in München: Ex-Freundin erhebt erneut Vorwürfe

Vor einer Woche äußerte Jérôme Boateng sich ausführlich und bestritt Gewaltvorwürfe seiner Ex-Partnerin. Jetzt bekommt das mutmaßliche Opfer vor Gericht das Wort.
Maximilian Neumair |
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Fußballer Jérôme Boateng steht im Landgericht München in der Anklagebank.
Fußballer Jérôme Boateng steht im Landgericht München in der Anklagebank. © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

München - Er trägt wieder denselben tiefblauen Anzug und eine Brille mit schwarzen, dicken Rändern. Doch an diesem Verhandlungstag ist der Blick von Fußballstar Jérôme Boateng die meiste Zeit gesenkt. Er wagt es anscheinend nicht, zu seiner Ex-Freundin rüber zu schauen, die über die Attacken auf sie spricht: über das Schreien, die Beleidigungen und die Schläge. Sie ist als Zeugin geladen in dem Prozess gegen Boateng und berichtet von ihrer Sicht der Geschehnisse jenes einschneidenden Tags im gemeinsamen Karibikurlaub im Jahr 2018. Die Anklage: Der Fußballer soll sie mit einer Kühltasche und einer Glaslaterne beworfen, beleidigt und später geschlagen haben.

Die Anklage: Der Fußballer soll sie mit einer Kühltasche und einer Glaslaterne beworfen, beleidigt und später geschlagen haben. Seine Ex-Freundin erzählt der Richterin, dass er sie – auf Knien und Ellenbogen am Boden liegend – „mehrfach bespuckt“ hätte. „Ich habe laut geschrien und gesagt, er soll mich loslassen“, sagt sie weiter. Die verletzte Lippe, von der Boateng am ersten Verhandlungstag erzählte (AZ berichtete), könne sie zwar nicht bestätigen, aber ergebe für sie Sinn. Denn: Das Blut der verletzten Lippe ihres Ex-Freundes soll sich mit dessen Spucke vermischt haben, die sie wiederum traf. Sie bestreitet, wie von Boateng vergangene Woche behauptet, ihn zuerst geschlagen zu haben.

Jérôme Boateng, Fußball-Profi, steht im Landgericht neben seinem Anwalt Leonard Walischewski (l) in der Anklagebank.
Jérôme Boateng, Fußball-Profi, steht im Landgericht neben seinem Anwalt Leonard Walischewski (l) in der Anklagebank. © dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Zeugin: "Boateng hat sie angespuckt und mit Fäusten ihr ins Gesicht geschlagen"

Seine Ex-Freundin erzählt der Richterin, dass er sie – auf Knien und Ellenbogen am Boden liegend – „mehrfach bespuckt“ hätte. „Ich habe laut geschrien und gesagt, er soll mich loslassen“, sagt sie weiter. Die verletzte Lippe, von der Boateng am ersten Verhandlungstag erzählte (AZ berichtete), könne sie zwar nicht bestätigen, aber ergebe für sie Sinn. Denn: Das Blut der verletzten Lippe ihres Ex-Freundes soll sich mit dessen Spucke vermischt haben, die sie wiederum traf. Sie bestreitet, wie von Boateng vergangene Woche behauptet, ihn zuerst geschlagen zu haben.

Ihre Freundin, die das ehemalige Paar auf den Urlaub begleitete, bestätigt die Beleidigungen und Angriffe: „Boateng hat sie angespuckt und dann angefangen, mit seinen Fäusten ihr ins Gesicht zu schlagen.“ Weiter sagt sie: „Sie hat ihre Hände vors Gesicht genommen, um sich zu schützen.“ Ihr erster Instinkt sei gewesen, Boatengs Freund, der ebenfalls beim Urlaub dabei war, zur Hilfe zu holen, weil sie körperlich Boateng nicht würde aufhalten können. Sie berichtet außerdem von einem Gespräch am nächsten Tag, an dem er versuchte, sich zu entschuldigen, woraufhin sie erwiderte, dass man in keinem noch so heftigen Streit Frauen schlage. „Boateng sagte, er sei deswegen auch in Therapie, aber wüsste sich nicht anders zu helfen.“

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Boatengs Ex-Freundin gibt Beleidigungen wie "Abschaum" oder "Bastard" zu

Die Ex-Freundin erlitt laut eigener Aussage eine Reihe an Verletzungen: Von einem Schnitt am Finger, ein blaues Auge, Schürfwunden an Knie und Ellenbogen und ein Hämatom an der Flanke. Das Krankenhaus, welches sie nach ihrer Ankunft in Deutschland aufsuchte, konnte diese Verletzungen so bestätigen. Als sie Boateng darauf anspricht, dass sie ihn anzeigen wolle, erwiderte er ihr zufolge: "Wenn du mich anzeigst, sorge ich dafür, dass die Kinder im Heim landen." Als sie das erzählt, kommen ihr die Tränen. Die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich unterbricht daraufhin die Sitzung für zehn Minuten. 

Was jedoch auch im Laufe der Verhandlungen von der Ex-Freundin bestätigt wird: Die Beleidigungen, von denen Boateng in der Einlassung vergangene Woche berichtete, habe es wirklich gegeben. Sie soll etwa „Abschaum“, „Bastard“ oder „In Afrika gäbe es keine Liebe, kein Gewissen und keine Reue“ gesagt haben. „Wenn ich das im Nachhinein höre, ist das für mich schwer nachvollziehbar und es tut mir leid, dass ich so etwas gesagt habe“, sagt sie. Der Grund für die Beleidigungen sei gewesen, dass sie nach dem ersten Familiengerichtsverfahren 2015 emotional sehr verletzt gewesen sei.

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Es ist bereits das vierte Verfahren um diesen Vorfall – die Entscheidung des Landgerichts 2022, das ihn zu einer Strafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro (1,2 Millionen Euro) verurteilte, wurde wegen eines Rechtsfehlers vom Bayerischen Obersten Landesgericht 2023 widerrufen. Vergangene Woche wurde das Verfahren neu aufgerollt. Man merkt, dass der Fall nicht zum ersten Mal verhandelt wird. Wiederholt betont Richterin Hemmerich, dass sie den Prozess zügig beenden wolle. Immer wieder kommt es deshalb zu Streitigkeiten zwischen Hemmerich und der Staatsanwältin Stefanie Eckert, weil Fragen gestellt werden, die aus Sicht der Richterin nichts mit dem Vorfall in der Karibik zu tun hätten. „Ich fasse es nicht, wie das Verfahren aufgebauscht wird“, sagt sie. Eckert beharrt wiederum auf den Fragen, weil sie dabei helfen, die Glaubwürdigkeit von Boatengs vergangenen Aussagen zu prüfen.

Der Prozess geht nächsten Freitag weiter. In zwei Wochen soll Boatengs Ex-Freundin ein weiteres Mal als Zeugin aussagen. Für ihn gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.

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8 Kommentare
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  • MUC am 21.06.2024 19:22 Uhr / Bewertung:

    "Immer wieder kommt es deshalb zu Streitigkeiten zwischen Hemmerich und der Staatsanwältin Stefanie Eckert, weil Fragen gestellt werden, die aus Sicht der Richterin nichts mit dem Vorfall in der Karibik zu tun hätten. „Ich fasse es nicht, wie das Verfahren aufgebauscht wird“, sagt sie" ... seltsam, wenn die Richterin dermaßen die Staatsanwältin geißelt ... man sollte man nachschauen, ob die Richterin ein paar FCB-Meisterschasftsfotos zwischen 2013 und 2020 im Zimmer hängen hat..(:-)..

  • Witwe Bolte am 21.06.2024 10:00 Uhr / Bewertung:

    Was sagt eigentlich Alexander Gauland zu dieser Story?

  • gubr am 21.06.2024 09:36 Uhr / Bewertung:

    Wieder so ein seltsamer Prozess aus der metoo Richtung. Ja, Gewalt gegen Frauen ist hart zu bestrafen, nur muss diese Gewalt auch belegt werden und nicht irgendwelche Aussagen von Mutter und Freundinnen, die gar nicht zugegen waren, herhalten. Ganz abgesehen von der Rechtsmedizin gibt es heutzutage auch Handys, wo man z.B. Hämatome abfotografieren kann. Zumindest sollte man zeitnah die Polizei rufen. Nachträglich irgendwelche Anschuldigungen haben für mich ein erhebliches Geschmäckle, weil da genauso gut auch alles erfunden werden kann, aus welchem Grund auch immer (Rache, Mobbing. finanzielle Gründe, Gesichtswahrung bei Beziehungskündigung, Geltungssucht, Followerzahlen usw).

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