Protest gegen die IAA in München: Greenwashing vor dem Rathaus
München - Vor dem Münchner Rathaus malt Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein Auto grün an. Nun ist es natürlich nicht der echte Andreas Scheuer, der hier den Pinsel schwingt, sondern ein Aktivist, der zusammen mit zwei anderen (verkleidet als Hildegard Müller, Präsidentin des Automobilindustrieverbands und BMW-Anteilseignerin Susanne Klatten) gegen die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) in München protestiert.
Das Bündnis will die Automesse verhindern
"Was München bestimmt nicht braucht, sind Sonderfahrspuren und Propaganda für übermotorisierte Produkte der Autoindustrie", erklärt Harald Pürzel, Münchner Vorsitzender von Verdi, seine Teilnahme am Protest. Die Aktion vor dem Rathaus soll dabei aber nur der Anfang sein. Das Bündnis "#noIAA" (Keine IAA) plant weitere Aktionen, um die Automesse in München zu verhindern. Organisatoren des Bündnisses sind mit Verdi unter anderem "Fridays for Future München", die Partei Die Linke sowie die Grüne Jugend.
Der Greenwashing-Vorwurf steht im Raum
Die Organisatoren werfen den Veranstaltern der IAA "Greenwashing" vor, also nur vorzugeben, sich für grüne Belange wie Elektromobilität einzusetzen und eigentlich nur auf Profit auszusein. Die Messe gilt als eine der wichtigesten Automobilmessen der Welt und findet alle zwei Jahre statt. Von 1953 bis 2019 war der Veranstaltungsort immer in Frankfurt am Main, im Oktober wird sie zum ersten Mal in München stattfinden.
Enttäuschung über die Grünen
Anders als in der Vergangenheit soll sich die Messe hier nicht nur ums Auto drehen, sondern um verschiedene Arten der Mobilität. Die IAA soll dezentral organisiert werden und neben dem Messegelände auf verschiedenen Plätzen in der Innenstadt stattfinden. Auch das ärgert die Aktivisten vom Bündnis "#noIAA". Die Nutzung des öffentlichen Raums sei "ohne demokratische Kontrolle" in nicht-öffentlichen Sitzungen des Stadtrats beschlossen worden. Auch die Grünen im Rathaus hätten zugestimmt, die IAA nach München zu holen und somit Wirtschaft vor Umweltschutz gestellt. "Die Grünen versuchen, die Klimabewegung zu täuschen", teilt das Antikapitalistische Klimatreffen München mit. Die anderen Parteien SPD und CSU hätten nicht einmal diesen Anspruch.
Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher rechtfertigt sich
Die Grünen im Rathaus verteidigen ihre Haltung. "Angesichts der Produktion zu großer Fahrzeuge und der Darstellung von Kfz bei vergangenen IAAs ist der Protest verständlich", sagt Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher auf AZ-Anfrage. "Dennoch hat der VDA, der Verband der Automobilindustrie, eine Chance verdient glaubwürdig eine Neuorientierung zu demonstrieren". Als Partei wollten die Grünen dies kritisch begleiten. Bickelbacher betont auch, dass seine Partei damals dagegen war, dass die IAA auch auf öffentlichen Plätzen stattfinden könne. Sie habe sich aber nicht durchsetzen können. "Aber da müssen wir jetzt wohl durch", so der Stadtrat. "Damit die Alternativen zum Auto nicht zu kurz kommen veranstalten wir aber zusätzlich unseren städtischen Mobilitätskongress", ergänzt er. Bei diesem solle es zum einen um das Zufußgehen, das Radfahren und den öffentlichen Verkehr gehen.
Die IAA könnte auch wegen Corona abgesagt werden
Ob sich die Aktivisten damit zufriedengeben, ist fraglich. Am Ende könnte es jedoch sein, dass das Bündnis sein Ziel erreicht und die IAA abgesagt oder verschoben wird - und das sogar ganz ohne Protest: Sollte die Zahl der Coronainfektionen im Oktober immer noch so hoch sein, gilt es als unwahrscheinlich, dass die IAA in geplanter Form stattfinden kann.