Promi-Auflauf: "Die Stadt verhält sich wie ein Miethai"

Nach der Besetzung der Pilotystraße 8 sind die Aktions-Künstler zufrieden – die Stadt gibt sich zerknirscht: „Das ist sehr bedauerlich“.
Lehel - Endlich einmal war Leben in dem Mietshaus in der Pilotystraße 8: Das Freude nicht nur, aber auch die ältere Dame, die dort als einzige noch eine der acht Wohnungen bewohnt.
Wie berichtet, haben die Aktivisten von Goldgrund gestern nach einer Stadtrundfahrt zu Highlights des Münchner Wohnwahnsinns eine spontane Hausbesetzung veranstaltet: Mit prominenter Unterstützung von Brigitte Hobmeier über die Sportfreunde Stiller, Willy Astor, Gerhard Polt und Mehmet Scholl, mit Theater, Kabarett, Konzerten. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Veranstalter Till Hofmann, „jetzt müssen wir schauen, was es bringt.“
Die 850 Quadratmeter des Anwesens – Altbau, hohe Decken, Stuck – stehen seit Jahren leer und modern vor sich hin. Der Keller ist feucht, ungeachtet der Tatsache, dass eine Frau noch in dem Haus lebt, in dem sie aufgewachsen ist. „Man muss sich wirklich schämen“, sagt Hofmann. „Dass die Frau in einem Haus, dass die Stadt von einem Münchner Bürger geerbt hat, so allein gelassen wird. Es war bezaubernd zu sehen, wie sie sich über den Zuspruch Freude hat.“
Auf die Briefe, die der Mieterverein im Namen der Frau an die Stadt geschickt hatte, kam nie eine Antwort (AZ berichtete).
„Wie ein Miethai“, so Hofmann, verhalte sich die Stadt. „Dabei sind die einzelnen Politiker, egal von welcher Partei, immer auf der richtigen Seite, wenn man sie auf das Thema anspricht. Ich glaube, dass viele von der Stadt gar nicht so genau wissen, was tatsächlich alles leer steht – aber dann muss die Verwaltung das eben besser aufbereiten.“
Große Teile ihres Immobilieneigentums hat die Stadt an Gesellschaften wie die Gewofag oder die GWG ausgelagert. Im Haus in der Pilotystraße stehen sieben große Wohnungen, geeignet zum Beispiel für Familien, leer und verwahrlosen völlig.
Auf Nachfrage bei der Stadt klärt sich, dass das Anwesen zum Grundstockvermögen der Stiftung „Wohlfahrtsfonds“ gehört, die bedürftige Münchner unterstützt und das Altenheim „Pensionat an der Mathildenstraße“. Verkauft werden darf es nicht, das hat der Erblasser verfügt.
Erbaut wurde es um 1860, „das Anwesen bedarf dringend einer durchgreifenden Sanierung“, so Andreas Danassy vom Sozialreferat. Und eine solch umfangreiche Sanierung könne erst erfolgen, wenn das Haus leer stünde. Also: Wenn auch die letzte Mieterin draußen ist.
Die Stadt bezeichnet den langen Leerstand als „sehr bedauerlich“. Mehrere Sanierungsmöglichkeiten wurden untersucht: Ziel war es, eine zu finden, die mit dem Stifterwillen im Einklang steht, wirtschaftlich rentabel und sozialverträglich ist. Seit 2002 werden die Wohnungen im Haus nicht mehr neu vermietet.
Die Stadtrats-Fraktionen von SPD und den Grünen/rosa Liste fordern jetzt in einem gemeinsamen Antrag ab sofort einen regelmäßigen Bericht für den Stadtrat, der über alle Wohnungsleerstände der Stadt und deren Beteiligungsgesellschaften Auskunft gibt. "Mit dem Antrag wollen wir eine Art Frühwarnsystem etablieren", so Alexander Reissl (SPD).
Immerhin verspricht das Sozialreferat, schnell zu handeln: Bis Ende November soll ein Entscheidungsvorschlag stehen, wie es mit dem Haus weitergehen soll. Außerdem wird über eine Zwischenlösung bis zur grundlegenden Sanierung nachgedacht, etwa vom Amt für Wohnen und Migration wie schon in der Müllerstraße - dann könnten Odachlose und Flüchtlinge in dem Gebäude Zuflucht finden.