Prognose: So eng wird's in München

In 15 Jahren werden viele Felder und Wiesen der Stadt verschwunden sein – für die Wohnungen der Neubürger. In welchen Vierteln es wie eng wird und wo nix mehr geht, zeigt der neue Demografie-Bericht.
von  Irene Kleber
© Planungsreferat

München - Noch gibt es viele Idyllen in und rund um München. Äcker in Lochhausen, Felder in Riem, weite Wiesen in Feldmoching. Wer dort auf Radlwegen durch die Landschaft schaut, den fliegt irgendwann zwangsläufig der Gedanke an: Hier könnte man ja noch prima nachverdichten. So wird’s auch kommen, eher früher als später. Weil die Wachstumsstadt München weiter wachsen wird:

25 856 Menschen sind allein 2013 neu in die Stadt gezogen. Ebensoviele werden es heuer sein, und nächstes Jahr wieder. Vor gut vier Wochen hat München die 1,5 Millionen-Einwohner-Marke geknackt (knapp 40 Prozent haben ausländische Wurzeln). Und bis zum Jahr 2030 werden es 1,723 Millionen Menschen sein. Also 230 000 mehr als heute (AZ berichtete).

Jetzt legt die Stadt, die weit vorausplanen muss, um genug Wohnungen, Schulen, Freizeitstätten oder Straßen und U-Bahnlinien zu bauen, mit dem neuen Demografie-Bericht die allerneuesten Planungszahlen vor.

Wo genau wird es wann enger? In welchen Vierteln entstehen die meisten Wohnungen? Und wie verteilen sich Alte und Junge – zwischen Aubing, Sendling, Trudering und Feldmoching? Ein Überblick.

Lesen Sie hier: Wo's richtig teuer wird - der Mietspiegel für München

SO IST DIE LAGE BIS 2020

Schon in den nächsten fünf Jahren verändert sich viel:

Hier wird’s enger: Vor allem im Münchner Westen, Nordosten und Süden werden demnächst viele Möbelwagen zu sehen sein: In Aubing-Lochhausen-Langwied, wo der neue Stadtteil Freiham entsteht, steigt die Einwohnerzahl schon bis 2020 um 30 Prozent. Auch in Schwabing-Freimann siedeln sich schon bald um die 20 Prozent mehr Menschen an. Dichter wird es auch in Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln (plus 17,4 Prozent) und Berg am Laim (plus 15,4 Prozent).

Hier geht nicht mehr viel: Kaum noch mehr Enge geht in der Innenstadt: Minimalen Zuwachs erwarten die Planer für die nächsten fünf Jahre in den Stadtbezirken Altstadt-Lehel, Schwanthalerhöhe und der Maxvorstadt. Wo jeder Winkel zugebaut ist, ist einfach kein Platz für neue Wohnungen.

Lesen Sie hier: München auf Platz Drei beim Verkehrsatlas 2015!

SO SCHAUT’S BIS 2030 AUS

Hier wird’s noch enger: Der größte Einwohner-Gewinner wird in 15 Jahren Schwabing-Freimann sein: 27 000 Menschen mehr als heute werden dann dort leben. Weil bis dahin die Neubau-Areale auf der Bayernkaserne, der Funkkaserne und in der Parkstadt Schwabing fertig sind (8300 neue Wohnungen). Das sind 37,4 Prozent mehr Menschen als heute.

Schluss mit nur ländlicher Idylle wird dann im Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied sein. Mit 8650 neuen Wohnungen wird sich die Einwohnerzahl um mehr als ein Drittel erhöhen (plus 58,1 Prozent): Wenn das neue Viertel Freiham komplett fertig ist, werden 25 000 neue Münchner zugezogen sein. Auch der ohnehin schon riesige Stadtbezirk Thalkirchen-Obersendling muss sich auf mehr Gedrängel einstellen: Wenn alle Wohnungen auf dem ehemaligen Siemens-Areal fertig sind, wird jeder fünfte Einwohner ein Neu-Münchner sein (plus 23 000 Menschen).

Hier geht nix mehr: In der Innenstadt wird zwar weiter viel umgezogen, dichter wird es aber vielerorts nicht mehr werden: Kaum mehr Neubauten erwarten die Planer in den Bezirken Altstadt-Lehel und auf der Schwanthalerhöhe. In der Maxvorstadt entstehen zwar noch um die 800 Wohnungen, erwartet wird aber eine schrumpfende Einwohnerzahl: Weniger Studenten-WGs mit vielen jungen Leuten – dafür womöglich mehr große Luxuswohnungen.

WIE VIEL PLATZ FÜR JEDEN?

Aktuell teilen sich im Schnitt 4800 Münchner einen Quadratkilometer Stadt. 2030 werden sich 5500 darauf tummeln. Bei der Verteilung gibt’s allerdings große Schwankungen (siehe Karte in der Bilderstrecke).

Heute ist Schwabing-West (mit 15 532 Einwohnern pro Quadratkilometer) der am dichtesten besiedelte Bezirk. Es folgen Schwanthalerhöhe (14 586) und Au-Haidhausen (14 532). Schlusslicht ist Aubing-Lochhausen-Langwied (mit 1253 Menschen).

In 15 Jahren wird es allerdings nirgendwo dichter sein als in Au-Haidhausen: Hier leben dann 16 800 Menschen auf einem Quadratkilometer.

WIE VERTEILEN SICH ALT UND JUNG?

Die Altersstruktur, glauben die Planer, wird sich nicht wesentlich verändern. In München werden viele junge Erwachsene im Alter von 25 bis 34 Jahren leben (vor allem in dieser Altersgruppe wird viel Zuwanderung erwartet). Gleichzeitig nimmt aber die Zahl der Alten zu. Damit steigt das Durchschnittsalter der Münchner nur leicht: von 41,3 auf 41,8 Jahre.

Allerdings wird sich Verteilung auf einzelne Viertel wohl deutlich ändern: Die jüngsten Viertel sind aktuell die Maxvorstadt, Schwanthalerhöhe und Ludwigs-Isarvorstadt – hier leben viele Studenten und junge Erwachsene – und nur wenige Senioren. Viele ältere Münchner gibt’s dagegen im feinen Bogenhausen und im Südwesten (Untergiesing-Harlaching, Solln).

Bis 2030 wird sich der Boom-Bezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, wo viele Familien mit Kindern zuziehen, am meisten verjüngen. Am stärksten altern wird voraussichtlich Trudering-Riem. Die Bezirke mit den ältesten Bürgern werden 2030 wohl Untergiesing-Harlaching und Laim sein.

WIE VERTEILEN SICH AUSLÄNDER?

Aktuell hat jeder vierte Münchner einen ausländischen Pass (25,1 Prozent). Vor allem durch viele EU-Zuwanderer steigt der Anteil bis 2030 auf voraussichtlich 28,3 Prozent.

Heute leben in Milbertshofen-Am Hart, Schwanthalerhöhe und Ramersdorf-Perlach die meisten Auslands-Münchner. Ihre Zahl wird laut den Prognosen in fast allen Vierteln steigen. Vor allem in Bogenhausen, Obersendling und Aubing.

Die wenigsten Veränderungen werden in den engen Innenstadtbereichen erwartet: in der Ludwigs-/Isarvorstadt und auf der Schwanthalerhöhe (siehe Karte in der Bilderstrecke).

GEBURTEN UND STERBEFÄLLE

Schon jetzt ist München eine Babyboomer-Stadt: 15 951 Kinder sind 2013 geboren worden – 4600 mehr, als Alte gestorben sind. Schon jetzt also wächst München nicht nur durch Zuwanderung, sondern auch aus sich selbst heraus. Und auch dieser Trend, glauben die Statistiker, setzt sich fort: Vor allem am Stadtrand in den jungen Neubauvierteln erwarten sie hohe Geburtenraten. In Schwabing-Freimann, Milbertshofen-Am Hart und Ramersdorf-Perlach wird es bis 2030 wohl jedes Jahr um die 300 mehr Geburten als Sterbefälle geben (anders als in Hadern (München), Harlaching oder Laim).

Der Trend wiederum macht die Planerei kein Stück leichter: Wie gelingt das, für diese Kinder nicht bloß Platz zum Wohnen zu schaffen, sondern auch Freiflächen, Wiesen, Felder zum Spielen zu erhalten? An dieser Frage werden die Experten noch reichlich zu tüfteln haben.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.