Porträt: Das ist Münchens neuer OB Dieter Reiter

München – Mit einem wird Dieter Reiter mindestens in den kommenden Wochen und Monaten leben müssen: dass er, sobald er die Münchner Stadtgrenzen verlässt, auf absehbare Zeit nur als der Nachfolger Christian Udes vorgestellt werden wird. Denn im Gegensatz zu seinem populären, bundesweit bekannten Vorgänger, der zwei Jahrzehnte lang unangefochten Rathauschef war, kennt den neuen Münchner Oberbürgermeister außer in München selbst kaum jemand.
Reiter wird das nicht stören: Der SPD-Politiker wird zunächst einmal froh sein, seinen CSU-Herausforderer Josef Schmid in der Stichwahl am Sonntag besiegt zu haben. Der hatte nämlich einen allseits beachteten Wahlkampf hingelegt, sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel als Wahlkampf-Unterstützung bekommen und Reiter in vielen Politikbereichen argumentativ in die Enge getrieben. Es war deshalb schon vor dem ersten Wahlgang am 16. März erwartet worden, dass es in München eine Stichwahl geben wird. Am Ende fällt das Ergebnis da aber deutlicher aus als gedacht. Reiter ist der Wunschnachfolger Udes.
Der 55-Jährige war zuletzt Wirtschaftsreferent in München – und ist ein Politiker, dem man seine klassische Verwaltungskarriere durchaus anmerkt. Seit 1981 ist der Diplom-Verwaltungswirt in der Stadtverwaltung tätig, er war stellvertretender Kämmerer und rückte 2009 zum Referenten für Arbeit und Wirtschaft auf. Wirtschaftskompetenz und finanzpolitische Erfahrung kann er deshalb vorweisen, und er kennt sich in der Münchner Unternehmenslandschaft bestens aus.
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Ein politisches Alpha-Tier aber ist er bislang nicht. Wohl aber einer, der gerne direkt auf die Menschen zugeht, hemdsärmlig und bodenständig. Etwas mehr Bekanntheit erlangte Reiter – abgesehen von der OB-Kandidatur – durch sein neu erlangtes Amt als Chef des Oktoberfestes. In die Schlagzeilen kam er im vergangenen Jahr zudem durch eine umstrittene London-Reise auf Kosten des FC Bayern München: Er war zum Champions-League-Finale ins Wembley-Stadion eingeladen worden – der Verein bezahlte Flug, Eintrittsticket, Bankett und Hotel. Sogar die Staatsanwaltschaft schaltete sich ein – sah aber am Ende keine Anhaltspunkte für eine mögliche Vorteilsnahme. Rechtlich war die Reise also einwandfrei, aber an Reiter blieb damals der Vorwurf mangelnden politischen Fingerspitzengefühls hängen.
Obwohl München weiter boomt, hat Reiter eine Fülle von Aufgaben und Problemen vor sich: fehlende Krippen- und Kindergartenplätze, marode Schulbauten, überteuerte Wohnungen. All dies will er nun – so hat er es im Wahlkampf versprochen – angehen. Auch eine Bürgersprechstunde will er als neuer Münchner Oberbürgermeister wieder einführen.
Und beim nächsten Oktoberfest darf Reiter dann tatsächlich erstmals das erste Fass Wiesn-Bier anzapfen. „"Ozapft is" bring ich raus“, sagte er schon früher – fügte aber sogleich hinzu: „Es gibt größere Herausforderungen in München, als ein Fass anzuzapfen.“