Plötzlich ohne Konto: Bank wirft Münchner Kundin (83) einfach raus

München - Neues Jahr, neues Glück – so heißt es ja häufig zu Silvester. Aber für die Münchnerin Silvia Eckert bedeutete der Januar nur Stress und Frust. Regelmäßig pendelte die ehemalige Stadtverwaltungs-Angestellte von München nach Bad Griesbach. Und das schon seit Wochen. Ihr Lebensgefährte war schwer krank und lag dort in einer Klinik.
Eckerts Leben war also schon kompliziert genug. Und dann landete am 2. Januar ein ominöses Schreiben der Commerzbank in ihrem Briefkasten, das noch im Dezember abgeschickt worden war.
"Ich dachte erst, das ist Werbung", sagt Eckert, "deswegen habe ich den Brief ganz unvoreingenommen geöffnet." Doch der Inhalt war so ziemlich das Gegenteil von Werbung für eine bekanntlich krisengeschüttelte Bank. Darin stand sinngemäß: "Sehr geehrte Frau Eckert, hiermit kündigen wir Ihr Konto sowie Ihr Schließfach fristgemäß. MfG"
Eckert geht von Missverständnis aus
Zum 11. März 2019 sei das Konto nicht mehr verfügbar, zum Ende des Jahres müsse ihr Schließfach leer sein. Eckert verstand das alles nicht. Ein Grund war nicht ersichtlich, erklären konnte sie es sich auch nicht. Noch seltsamer: Auch ihrem Sohn wurde zur gleichen Zeit das Commerzbank-Konto gekündigt.
"Noch nie habe ich mein Konto überzogen", sagt Eckert, "und die Gebühren wurden auch regelmäßig abgebucht." Um sicher zu gehen, überprüfte sie nochmal ihre Auszüge: keine Auffälligkeiten. Es musste sich um ein Missverständnis handeln.
Eckert entschloss sich nachzuforschen. "Die Pendelei kostete mich schon ziemlich viel Energie. Ich wusste nicht, woher ich jetzt noch die Zeit und die Kraft nehmen sollte, ein neues Konto einzurichten", sagt Eckert.
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Konto gekündigt: Bank macht keine Angaben
Sie setzte also ein Schreiben an die Commerzbank auf, mit der einfachen Frage: "Dürfte ich bitte den Grund erfahren, weshalb Sie mein Konto und mein Schließfach gekündigt haben?" Die Antwort folgte, freundlich und prompt: "Sehr geehrte Frau Eckert, vielen Dank für Ihren Brief. Die Frage nach den Gründen können wir nachvollziehen. Aber wir machen hierzu keine Angaben."
Die Bank berief sich dabei auf die eigenen Geschäftsbedingungen, die auch online abrufbar sind, Ziffer 19(1). Demnach kann sie unbegründet und einseitig Geschäftsbeziehungen kündigen. Eckert war fassungslos. Einnahmen, Spenden, Ausgaben, Daueraufträge, Versicherungsbeiträge – sie alle liefen 30 Jahre lang über dieses eine Konto. Bald nach dem Briefwechsel erlag Eckerts Lebensgefährte seiner Krankheit. Mit letzter Kraft ging sie einige Tage später zu einer anderen Münchner Bank und eröffnete ein neues Konto.
Betroffene hat keine Chance auf Schadenersatz
Gleichzeitig erledigte die 83-Jährige alle anderen Pflichten, die ein Todesfall mit sich bringt. Und von außen stellt man sich natürlich die Frage: Durfte das die Commerzbank, einfach so? Sibylle Miller-Trach, Juristin der Verbraucherzentrale Bayern, sagt: "Ja, sie darf." Die Geschäftsbedingung, wonach die Bank keinen Grund nennen muss, um Geschäftsverbindungen fristgemäß zu beenden, sei üblich, aber: "Es ist trotzdem ungewöhnlich, es dann auch tatsächlich so zu tun. Ich finde das reichlich willkürlich", sagt Miller-Trach.
Besonders oft begegnet sie solchen Geschichten nicht. "Definitiv nur Einzelfälle", sagt sie. Ihre Empfehlung: "Da sollte Frau Eckert gleich den Weg ganz nach oben suchen und einen Brief an den Vorstand der Bank schreiben." Ob Frau Eckert Schadenersatz geltend machen könnte? "Nein, da sehe ich keine Chance", sagt Miller-Trach, da schließlich alle Fristen eingehalten worden seien.
Auch bei der Commerzbank fragte die AZ natürlich nach. Sie bleibt nach wie vor bei der ursprünglichen, kargen Antwort: "Leider können wir zu Ihrer Anfrage, in der Sie uns um eine Begründung der Konto-Kündigung baten, mit Blick auf das Bankgeheimnis keine Auskunft geben", schrieb eine Sprecherin der Bank an die AZ.
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