Platz für mehr als 2000 Menschen in München: Wo jetzt Flüchtlinge untergebracht werden
Riem - Die mächtige Halle in Bierzeltgröße ist mit hellen Holzwänden in Waben unterteilt. Je vier Bettgestelle haben in einer Einheit Platz. Gerhard Mayer lugt über den Rand einer Trennwand. "Ja, die sind nur 1,60 hoch", sagt er, bevor jemand die Frage stellen kann. "Das erlaubt der Brandschutz nicht anders, weil man sonst zu spät bemerken würde, wenn Feuer ausbricht", sagt der Leiter des Amts für Wohnen und Migration.
Am Donnerstagmorgen führt Mayer durch die riesigen Zelte, sogenannte Leichtbauhallen. Acht von ihnen stehen jetzt im Norden des Münchner Messegeländes. Mit Platz für bis zu 2.100 Personen. Die Stadt hat diese neue Notunterkunft errichten lassen, weil die übrigen Unterkünfte voll sind.
München baut riesige Zelte für Flüchtlinge: Im Januar sollen die ersten Bewohner einziehen
Denn pro Monat muss das Sozialreferat derzeit eine Unterkunft für rund 300 Menschen finden. 200 sind Asylbewerber, die von der Regierung von Oberbayern zugewiesen werden. Bis über ihren Asylantrag entschieden ist, müssen sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. Weiter nimmt München etwa 100 Ukrainer auf, die direkt nach München kommen und mit ihrem Status als Kriegsgeflüchtete ebenfalls Anspruch auf eine Unterkunft haben, wenn sie nicht selbst eine Bleibe finden.
Gerhard Mayer steht im langen Mittelgang, in einem der Zelte. Die Eingänge der kleinen Zimmerchen sind mit schwarzem Stoff abgetrennt. An den Wänden stehen vier Metallbettgestelle, dazu Matratzen und blaue Laken. Über dem Bett ein kleines Sideboard für die persönlichen Dinge und Metallspinde zum Abschließen. Die ersten 100 Menschen, die hier einziehen, sollen in der zweiten Januarwoche kommen. Der Betrieb der restlichen Zelte werde nach Bedarf hochgefahren.

Leichtbauhallen in München-Riem: "Länger als drei Monate sollte hier keiner bleiben"
Neben den sechs Zelten mit Betten gibt es noch ein Cateringzelt mit Bierbänken und Kinderstühlen. Und direkt dahinter steht das Sanitärzelt. Darin große graue Container mit Toiletten, Waschbecken und Duschen. Im Zelt warten auch zehn aufeinandergestapelte Waschmaschinen und Wäschetrockner auf ihren Einsatz.
Es hat funktionale Strukturen eines Festivalgeländes. Aber mit den Holz-Trennwänden sieht alles etwas freundlicher aus, als man es von vielen großen Erstaufnahmeeinrichtungen kennt, mit Bauzaun und weißer Plane als Abtrennungen. Außerdem gibt es hier keine Stockbetten, wo man ständig das Knarzen von oben hört, wenn sich jemand umdreht, oder die Treppe hinuntersteigt.
Bett, Schrank und Brett. Es ist das Allernötigste. "Es ist eine Notunterkunft, länger als drei Monate sollen die Leute hier nicht bleiben", sagt Gerhard Mayer. Es ginge der Stadt darum, "diesmal vor der Lage zu sein". Also präventiv Plätze vorzuhalten, statt auf die Schnelle Turnhallen dafür zu sperren. So habe die Unterbringung häufig im Konflikt mit anderen Interessen der Stadtgesellschaft gestanden, den Schulkindern, den örtlichen Vereinen. "Aber insgesamt ist die Akzeptanz der Münchner immer noch hoch", sagt Mayer.

Wohnungsamtschef: "Dann kommen wir schnell an die Kapazitätsgrenze"
Aber sollten weiterhin 300 Personen im Monat kommen, käme man schnell wieder an die Kapazitätsgrenze, sagt Gerhard Meyer. Nach drei Monaten wären dann schon 1800 der 2.100 Plätze belegt. Bei einem derart angespannten Wohnungsmarkt sei es für anerkannte Geflüchtete sehr schwer, nach der Geflüchtetenunterkunft eine bezahlbare Bleibe zu finden. Bei der Stadt hießen sie "Statuswechsler", sagt Mayer, bei der Regierung von Oberbayern "Fehlbeleger". Derzeit sind es 1300 Menschen, die noch in Aufnahmeeinrichtungen feststecken, obwohl ihr Asylverfahren schon abgeschlossen ist.
Aber in München bezahlbaren Wohnraum zu finden, hat den höchsten Schwierigkeitsgrad, deutschlandweit. Und eine Sozialwohnung? Schon jetzt warten 24 000 Haushalte, mit einer Berechtigung. Pro Jahr würden laut der Stadtverwaltung aber nur 3000 Sozialwohnungen frei. Geflüchtete, die erst kurze Zeit hier sind, haben da nur geringe Erfolgsaussichten. Langfristig frage sich Gerhard Mayer schon, sagt er, wie sinnvoll es ist, dass die Bezirksregierung weiterhin so viele Schutzsuchende dem Ballungsraum zuteilt. Eben weil man gerade beim Wohnen Schwierigkeiten habe, die Menschen später zu integrieren.
Riesen-Zelte in Riem: Geheizt wird noch nicht
Das Zelt-Provisorium an der Messe ist ein mehrfaches Symbol: für das Fehlen von Wohnraum für Menschen mit wenig Geld. Und dafür, dass der Stadt die Möglichkeiten fehlen, weiter Gebäude oder Grund für die Unterbringung anzumieten.
Jetzt sind die großen Zelte noch kühl. Die starken Windböen draußen, peitschen laut gegen die Dachplanen. "Das war viel ruhiger, als ich an anderen Tagen hier war", sagt Mayer. Die Heizung müsse nur noch hochgefahren werden. Für Januar erwarte das Sozialreferat, dass viele Familien kommen. Hinter dem Eingangstor stehen mehrere Container für die Kinderbetreuung und Büros für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Der Januar kann erstmal kommen, aber was bis Sommer ist, kann auch Gerhard Mayer nicht sagen.
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