Parteiloser OB-Kandidat der Linken: Lechner - Reiter hat die Verwaltung nicht im Griff
München - Wer letzten Sommer auf einer der Münchner Großdemos gegen rechte Hetze, gegen Rassismus und für ein weltoffenes München auf die Straße gegangen ist, oder die Berichte dazu verfolgt hat, der kennt ihn: Thomas Lechner (57), parteiloser Massenmobilisierer, Strippenzieher, einer der (auch als Kulturveranstalter) sehr enge Drähte hat zur Münchner Künstlerszene, zur schwul-lesbischen Community, zu zahllosen Gruppen, von der Katholischen Jugend über Green City und die Gewerkschaften bis zur Flüchtlingshilfe.
Nun schlägt die Linke in München Thomas Lechner als ihren OB-Kandidaten für die Kommunalwahl am 15. März 2020 vor – ein Schachzug, der weder dem amtierenden SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter gefallen wird, noch den Grünen und der CSU im Rathaus.
Gürpinar sieht in Lechner einen "Brückenbauer"
"Niemand anderes steht für die Bewegungen der letzten Jahre so wie Thomas Lechner", sagt Linke-Kreischef Ates Gürpinar. "Wir haben ihn vor Weihnachten ganz gezielt gefragt, weil wir ihn als Brückenbauer kennengelernt haben zwischen Gruppen und Milieus, der am authentischsten die Zivilbevölkerung repräsentieren kann."
Bei einer Pressekonferenz im Café Glockenspiel mit Blick aufs Rathaus hat Lechner am Freitag in Jeans und T-Shirt mit dem Aufdruck "Solidarity City München" erklärt, warum er Ja gesagt hat: "Der Rechtsruck wird heruntergespielt und gefährdet neben den diskriminierten Minderheiten alle, die für eine soziale, gerechte und weltoffene Gesellschaft eintreten."
Es gehe ihm aber auch um die Armut in München, die Wohnungslosen, die "sozialen Mängel". Wie das Pflegepersonal in der Stadt, das "viel zu schlecht bezahlt auf kaum bezahlbaren Wohnraum" treffe.
Thomas Lechner: Deshalb kandidiere ich für die Linke
Weshalb er nach 40 Jahren parteifreien Engagements nun für die Linke antritt, erklärt Thomas Lechner so: Die CSU scheide aus, weil sie "aus politischem Opportunismus Rassismus in der Gesellschaft" schüre. Die SPD sei "mitverantwortlich für die Mietenmisere". Bei den Grünen beobachte er die "Tendenz, sich den schwarzen Parteien an den Hals zu werfen und dabei Grundprinzipien über Bord zu werfen".
Vertreter der Linken habe er "in sämtlichen Bündnissen der letzten Jahre als Menschen kennengelernt, die sich leise und unaufgeregt in den Dienst der Sache stellen. Diese Bündnisse nun gemeinsam ins Rathaus zu tragen, halte ich für eine sehr gute Idee".
Linke-Kandidat Lechner: So greift er OB Reiter an
Lechner greift dabei auch OB Dieter Reiter an: "Es ist ein Unding, dass er seine Verwaltung nicht in den Griff bekommt. Dass immer noch alles viel zu langsam geht."
Wie bei den Bandproberäumen etwa, die Reiter im ersten 100-Tage-Programm in Aussicht gestellt habe. "Ich habe Konzepte miterarbeitet, wie das kostengünstig und schnell umsetzbar ist. Jetzt kommt schon die nächste Kommunalwahl und es hat noch nicht mal den ersten Spatenstich für den Bau gegeben."
Reiter habe auch die Chance verpasst, gerade in der Flüchtlingshilfe das "Potenzial engagierter Münchner" abzuschöpfen. "Seine Verwaltung hat durch viele bürokratische Hürden Engagement erstickt und so Integration verhindert."
Noch ist Lechner, der auch als Stadtrat antreten will, nur vorgeschlagen. Offiziell wählen soll ihn die linke Basis (aktuell 650 Mitglieder in München) beim Kreisparteitag am 20. Juli. Was die Partei als Wahlziel anpeilt? "Mindestens sechs Sitze im nächsten Stadtrat", sagt Ates Gürpinar. Vier mehr also als aktuell. Dass Lechner einen davon haben wird, steht für ihn jedenfalls außer Frage.