Bratwurst-Ärger und Orga-Chaos: Die AZ vor Ort beim Fanfest im Olympiapark
München - Für einen Weg, für den man normalerweise gerade mal zehn Minuten braucht, kann man um kurz vor 17 Uhr satte 20 Minuten einplanen: Von der U-Bahn-Station Olympiazentrum bis zum Eingang der Fan Zone schieben sich die Fan-Massen nur langsam voran. Aber gut gelaunt: Mit Vuvuzela-Tröten rufen einige Deutschland-Fans die WM 2010 in Erinnerung und machen gute Stimmung.
Richtung Fan-Fest ist von der schottischen Übermacht, die in den letzten Tagen das Stadtbild bestimmt hat, nicht mehr viel zu spüren. Die Anhänger der Bravehearts, so Spitzname der schottischen Nationalmannschaft, sind zwar in Scharen da, aber gehen in dem Meer aus weißen und rosafarbenen Deutschlandtrikots unter.

Ärger über Toilettensituation bei der Fan Zone: "Die pissen hier überall hin"
Besonders gut gelaunt ist eine Gruppe aus Traunsteinerinnen, die eine Freundin in München besuchen. "I love Scottish-People!", ruft eine von ihnen einer Gruppe Schotten zu. "I love you, too!", erwidert einer von ihnen sogleich. Aber auch die Schotten sparen von sich aus nicht an Liebesbekundungen: Eine Schotten-Gruppe Richtung Fan-Zone singt "I don’t think you understand, ich liebe Deutschland!"
3,5 Stunden vor Anpfiff ist jeder Flecken Gras von deutschen und schottischen Fußball-Fans bedeckt. Viele tragen Trikots, manche haben sogar Fahnen mitgenommen. Einige haben sogar eine Decke mitgebracht und vor sich mehrere Becher Bier ausgebreitet – ein Picknick der alkoholischen Art. Wenig verwunderlich, dass die nahgelegenen Bäume am Olympia-Schwimmbad zu Toiletten umfunktioniert werden.
"Die pissen hier überall hin", ärgert sich eine deutsche Frau, die mit der AZ spricht. Sie und ihre Freundesgruppe wollen an diesem Abend ihr Abi feiern – aber haben bislang gemischte Gefühle zur Fan Zone. Es sei sehr voll, die Leinwände hätten mehr sein können, es gebe zu wenig Platz und die Getränke seien zu teuer. Wasser fängt bei 4,50 an. Für einen Becher Bier zahlt man zwischen sechs und sieben Euro. Ansonsten gefällt ihnen die Stimmung, das sonnige Wetter und dass die Fan Zone keinen Eintritt kostet.

Für eine Bratwurst steht man über eine Stunde an
Die Menge singt innbrünstig mit bei "Völlig schwerelos". Bei den englischsprachigen Auftritten gehen die Fans weniger mit – womöglich fehlt die Textsicherheit.
Noch haben die Rettungshelfer vom Roten Kreuz nicht viel zu tun. "Es ist alles entspannt", sagt einer der Mitarbeiter der AZ. Er denkt, dass das auch so bleiben werde. Wenngleich der erste Rettungswagen sich trötend seinen Weg durch die Menge um kurz nach sieben macht.
Das große Übel der Fan Zone: Die Warteschlangen. Für eine Bratwurst steht man über eine Stunde an. Das berichten sowohl schottische als auch deutsche Fans, die die AZ in den Schlangen befragt. "Es war zu erwarten, dass es so voll wird, aber nicht, dass es so wenige Stände gibt", sagt Marius (21). Das sieht auch Laura (28) so: "Es ist cool hier – außer die wenigen Stände und Toiletten." In die Beschwerden stimmt auch Olli (22) mit ein: "Die hätten fünfmal so viele Stände aufstellen sollen!" Dass die Fan Zone dermaßen voll werde, hätte er nicht erwartet. Auch die Schotten hätten sich eine bessere Organisation gewünscht. Sie hätten zwar eine Stunde auf ihr Bier gewartet, aber seien dennoch froh, hier zu sein. Und: "Das Bier ist zumindest großartig!"
Um 18.35 Uhr wird die Fan Zone komplett geschlossen
Die Tipps für heute Abend: Die Schotten hoffen auf ein Unentschieden. Der Schotte Riley Burnett etwa glaubt nicht an einen Sieg Schottlands. Er wäre jedoch schon zufrieden, wenn die Bravehearts den Deutschen einen harten Kampf liefern würden. Auch der Schotte Alex Ney denkt, es könnte ein Unentschieden werden. Die deutschen Fans sind da durchaus optimistischer: Die meisten gehen von einem Sieg aus – tippen sogar auf zwei Tore von deutscher Seite. Ein Fan erhofft sich jedoch ein 2:1: Um die Schotten einmal jubeln zu hören.

Um 18:35 Uhr dann die große Ernüchterung. Eine Mitarbeiterin der Fanzone sagt durch ihr Mikrophon: "Vielen Dank, dass ihr gekommen seid, aber die Fanzone ist für heute geschlossen und wird auch nicht mehr geöffnet." Die Fans, die ganz vorne stehen, ziehen lange Gesichter. Der Aufforderung, in die Stadt zu gehen, folgen sie nicht. Eine Viertelstunde später ist von den wartenden Fans sogar ein Pfeifkonzert zu hören.