Opposition will Strauß-Gedenken boykottieren
München - In der CSU hält man das wahlweise für "schlechten Stil", "armselig" oder "schäbig".
Die Fraktionsspitzen von SPD, Freien Wählern und Grünen schlugen die Einladung zum Staatsempfang am kommenden Freitag (4. September) nach einem Bericht des "Münchner Merkur" aus. "Die gegenwärtigen Strauß-Festspiele dienen nur der Geschichtsklitterung", sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher der Zeitung. "Seine Bilanz ist mit fragwürdigen Rüstungsgeschäften, Vetternwirtschaft, Schmiergeldzahlungen und mit der Spiegel-Affäre verbunden."
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Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause äußerte sich noch kritischer über Strauß: "Er war ein korrupter Politiker." Dem Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, ist der Termin schlicht "nicht wichtig genug".
Aus der CSU hagelte es im Gegenzug scharfe Kritik an den Boykott-Plänen: "Es ist armselig, wie die bayerische Opposition das staatliche Gedenken an einen langjährigen bayerischen Ministerpräsidenten missbraucht, um selbst mal wieder in den Medien aufzutauchen", sagte Generalsekretär Andreas Scheuer und warf SPD, Freien Wählern und Grünen "absurde Verzerrungen" vor. "Rinderspacher bestätigt mit seinem unwürdigen Verhalten jedes Urteil von Strauß über die Bayern-SPD!"
Die stellvertretende bayerische Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU) bezeichnete "Versuche, Franz Josef Strauß anlässlich seines 100. Geburtstages zu diskreditieren" als "schäbig" und "unerträglich". Ohne Strauß sei "das heute wirtschaftlich so starke Bayern nicht vorstellbar". Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) hielt die Absage der Opposition für schlechten Stil.
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Für zwei Strauß-Biografen ist das politische Hickhack um den CSU-Übervater "peinlich" und "lachhaft". "Ehrlich gesagt finde ich das peinlich und auch ein bisschen billig", sagte der Historiker Horst Möller, der lange das Institut für Zeitgeschichte in München leitete und in diesem Jahr die Strauß-Biografie "Herrscher und Rebell" vorgelegt hat, über den Oppositionsboykott. "Man kann ein politischer Gegner von Strauß sein, das ändert aber nichts an seinen außerordentlichen Leistungen für Bayern."
Ähnlich sieht das der Politikwissenschaftler und Journalist Peter Siebenmorgen, dessen gerade erschienene Strauß-Biografie "Ein Leben im Übermaß" hohe Wellen schlug. "Offenkundig - da liegt das eigentliche Problem - haben sowohl die Freunde und Anhänger wie auch die Gegner und Feinde ein richtig großes Problem damit, einen Mann, der seit 27 Jahren tot ist, in die Geschichte zu entlassen", sagte er. "Das ist einfach lachhaft und das gilt für beide Seiten."