Sicherheitskonzept für die Wiesn - "Wir sind sehr sensibel"
AZ: Herr Feiler, seit Anfang September sind Sie Vizepräsident der Münchner Polizei, als erstes steht die Wiesn an. Hätten Sie sich einen etwas ruhigeren Einstand gewünscht?
WERNER FEILER: Wissen Sie, ich bin seit 1978 in München in verschiedenen Funktionen. Es gab ruhige und aufregendere Zeiten. Wir helfen, unabhängig vom Amt, immer alle zamm. So recht ruhig mag ich’s eigentlich auch nicht, ich brauche im Dienst ein bisschen Herausforderung. Ruhig kann man’s in der Pension haben.
War Ihr vorheriges Einsatzgebiet ein gutes Training für Ihre jetzige Aufgabe?
In meinem früheren Einsatzgebiet werden Fußballspiele, Demonstrationen, Konzerte, die Wiesn und Sicherheitskonferenz stabsmäßig vorbereitet. Also Oktoberfest, Sicherheitskonferenz, das kenne ich seit Jahren, Jahrzehnten.
Der IS rückt im arabischen Raum immer weiter vor, auch in Europa gibt es immer mehr gewaltbereite Sympathisanten. Alarmiert Sie das?
Wir sind sehr sensibel und wir hören sehr viel rein, was sich abspielt oder abspielen könnte. Aber es gibt bislang keinerlei Hinweise, dass das Oktoberfest durch irgendwelche Gruppierungen und Störungen gefährdet sein würde. Wir hatten ja 2009 so eine große Gefährdung (Terrordrohung von Islamisten, Anm. d. Red.). Die konnte aber sehr gut bewältigt werden. Bis jetzt sind wir bei einer ruhigen Vorbereitung auf die Wiesn.
Aber gibt es eine abstrakte Bedrohungslage?
Abstrakte Bedrohungslagen haben Sie immer. Sie können nie ganz ausschließen, dass etwas passiert. Aber mit Hilfe der Maßnahmen, die wir bei der Wiesn treffen und dank unseren aufmerksamen Kollegen, versuchen wir, größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten.
„Sie können nicht jedes Jahr eine neue Maßnahme draufschrauben“
Beobachten Sie andere Gruppen, etwa rechte Gruppierungen, die ein Interesse daran haben, die Wiesn zu stören?
Auch da sind wir stark dran. Aber nicht unbedingt wegen des Oktoberfests, sondern wegen der Flüchtlingsströme. Da passen wir auf, dass wir da Informationen kriegen und gegensteuern können.
Gibt es Gefährdungssituationen, auf die Sie sich im Besonderen einstellen?
Aktuell denken wir darüber nach, wie wir es organisieren können, wenn zur Wiesnzeit besonders viele Flüchtlinge am Hauptbahnhof ankommen. Der Hauptbahnhof ist auch für das Oktoberfest die Drehscheibe, hier kommen viele Gäste an. Da stellen wir intern Überlegungen an, wie wir regeln können, dass wir beide Lager ohne Störungen getrennt voneinander behandeln können.
Kann das funktionieren?
Der Hauptbahnhof ist recht beengt. Das ist eine Herausforderung für die Sicherheitsbehörden, für uns, für die Bundespolizei. Das muss funktionieren.
Generell gefragt: Wie bereiten Sie sich auf eine derart große Veranstaltung wie die Wiesn vor? Wie weit sind Sie?
Die Kollegen sind ausgesucht und beschult worden. Unser Einsatzkonzept wird so aufgebaut, wie all die Jahre. Es gibt derzeit keinen Grund, es zu ändern. Intern werden natürlich Pläne weiterentwickelt. Aber zum jetzigen Zeitpunkt kann die Wiesn so ablaufen wie jedes Jahr auch.
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Sie nehmen also keine neuen Maßnahmen dazu?
Sie können ja nicht hergehen und jedes Jahr eine neue Maßnahme draufschrauben. Dann sind wir in zehn Jahren so weit, dass wir eine große Mauer um die Wiesn bauen und jeder muss sich wie am Flughafen durchleuchten lassen und seine ganzen Personalien hergeben, damit er auf die Wiesn kann. Das will ja niemand. Wir wollen ja ein Oktoberfest, wie es alle Jahre stattfinden kann. Dass die Leute rausgehen können und sich draußen amüsieren. Friedlich natürlich.
Wird es weiterhin ein Überflugverbot geben?
Das Überflugverbot haben wir seit 2009. Ein Grund dafür war: Es sind immer mehr Zeppeline oder Ultraleichtflieger über die Wiesn geflogen. Das macht natürlich ein schönes Bild, wenn man von oben auf die Wiesn runterschaut. Das birgt aber die Gefahr, dass es zu einem Luftfahrtunfall kommt. Dass einer einfach abstürzt oder Teile runterfallen. Wenn Sie so einen engen Raum mit Tausenden Menschen haben, dann kriegen Sie am Boden eine Panik. Das wollen wir dadurch verhindern.
Wie viele Beamte haben Sie auf der Wiesn im Einsatz?
Bis zu 300 in Spitzenzeiten. Im Umfeld sind wir bis zu 200, auch in Spitzenzeiten.
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Würden Sie sagen, dass es mit den Jahren immer schwieriger geworden ist, die Sicherheit auf dem Oktoberfest zu garantieren?
In den letzten zehn, 15, 20 Jahren ist man viel sensibler geworden. Nach den Anschlägen vom 11. September gab es die große Überlegung: Wie kann man so ein großes Volksfest sicher machen? Im Laufe der Jahre sind dann zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erarbeitet worden. Man ist sensibler geworden und die Gefahren sind wohl auch größer geworden. Wenn es jetzt zum Ernstfall kommen würde... Auch da gibt es Konzepte, wenn was passiert.
Können Sie das ausführen?
Da werden wir jetzt nicht drüber reden. Aber egal ob im Zelt eine Sicherheitsstörung ist oder sonstige größere Straftaten, wir haben entsprechende Konzepte. Unsere Kollegen kennen die, das läuft in geordneten Strukturen ab – auch in der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr und mit den Rettungsdiensten.
Für die Polizei war es ja kein einfaches Jahr.
Wir hatten sehr viele Versammlungen, Pegida, Bagida, Vorbereitungen G7, Durchführung G7. Dann dachten wir, es kommt eine ruhigere Phase und dann kamen diese Flüchtlingsströme verstärkt an. Ich habe einen Riesenrespekt vor unseren Kollegen. Die schauen nicht auf Freizeit, die arbeiten wesentlich über dem Soll.
Sind die dann noch fit für die Wiesn, irgendwann sind die Kräfte ja auch aufgezehrt?
Sie sind noch so fit, dass die das machen können. Es ist nicht so, dass die jetzt schon auf dem Zahnfleisch daherkommen. Aber sie leisten mehr, wie eigentlich all die Jahre vorher.
Sie selbst haben drei Kinder, wenn Sie mit ihrer Familie über die Wiesn gehen, haben Sie dann ein sicheres Gefühl?
Meine Kinder sind schon so groß, die gehen mit ihrer eigenen Familie (lacht), aber ich hab ein sicheres Gefühl, wenn ich auf die Wiesn geh. Ich mag’s ned unbedingt abends, wenn’s so laut ist und wenn’s so viele Menschen sind. Aber von der Sicherheit her habe ich keine Bedenken.
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