Schwebend über dem Oktoberfest: Luxusware Luftballon
München - Kurz die Schnur losgelassen und schon ist er weg: Wenn auf der Wiesn ein Heliumballon in den Himmel steigt, weiß man, da ist gerade jemand richtig traurig. Nicht nur, weil sich das glitzernde Einhorn in andere Sphären davon macht, sondern, weil da mittlerweile bis zu 12,50 Euro in den Himmel aufsteigen.
Trotz der Preise: Das Luftballongeschäft läuft gut
Dass er mittlerweile elf Euro für einen großen Luftballon verlangen muss, tut Michael Scholz im Herzen weh, sagt er. Gemeinsam mit seiner Frau Petra Lutz führt er das Standl der 87-jährigen Schwiegeroma, die selber noch jeden Tag vorbei schaut.
"6,75 Euro kostet uns der Ballon im Einkauf. Ein bisschen was müssen wir ja auch noch einnehmen", sagt Scholz. Weil das Helium so teuer sei, sei auch der Preis so gestiegen.
Petra Vetter am Stand von Harro Vareschi verkauft ebenfalls Heliumballone. Weil ihr Chef schon lange im Geschäft sei, habe er klug eingekauft und kenne seine Lieferanten schon sehr lang. Deshalb habe man am Stand genug Helium. Dafür musste der Stand aber deutlich tiefer in die Tasche greifen. "Wenn eine Flasche vorher 200 Euro gekostet hat, zahlt man dafür jetzt 600", erzählt Vetter. Der Preis hat sich verdreifacht. Ein Luftballon kostet am Stand bei Petra Vetter zwischen acht und zwölf Euro. Das Geschäft laufe gut, sie verkaufe viele fliegende Einhörner, Eisprinzessinnen oder Hunde.
Der Heliumpreis hat sich verfünffacht: Das überlebt nicht jeder Wiesnstand
Aber sie sagt auch: "Wenn eine Familie mit drei Kindern kommt, kauft die nicht drei Luftballons. Das ist einfach zu teuer."
Von einer enormen Preissteigerung beim Helium weiß man auch auf der Oidn Wiesn zu erzählen. Johannes vom Standl "Tilles Luftballons" hat Chemie studiert. "Sogar in den Laboren tun sie sich teilweise schwer, das Gas herzubekommen", sagt er.
Weil man schon so lange mit dem Lieferanten zusammenarbeite, sei die Beschaffung kein Problem gewesen. Nur teuer sei es gewesen. "Das Helium ist fast fünfmal so teuer wie noch 2018", erklärt der Mitarbeiter. Neukunden hätten aktuell überhaupt keine Chance. Was Johannes noch aufgefallen ist: Sonst gab es auf der Oidn Wiesn noch zwei weitere Stände mit Heliumballons. Dieses Jahr steht da nur Tilles Luftballons.
Am Heliummarkt brummt die Gerüchteküche
Gibt es also fliegenden Einhörner bald nur noch zum Preis eines Kleinwagens, weil das Helium tatsächlich knapp wird? "Das ist sehr kompliziert", erklärt Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. "Der Heliummarkt wird von US-amerikanischen Experten dominiert, die seit vielen Jahren eine Heliumkrise nach der anderen ausrufen, weil sich die US-Regierung sukzessive aus dem Heliummarkt zurückzieht", so Elsner.
Weil andere Produktionsländer ihre richtigen Produktionszahlen nicht veröffentlichen, wird viel spekuliert, die Gerüchteküche brummt. "Aber ob Helium wirklich knapp ist, weiß in Wirklichkeit kein Mensch", sagt der Experte.
Die Einhörner, Prinzessinnen und Hunde fliege weiter über das Oktoberfest
Durch die Inbetriebnahme sehr großer Heliumproduktionsanlagen in Sibirien soll künftig der chinesische Markt versorgt werden, wodurch wiederum die weltweite Nachfrage sinken wird.
Das heißt: Das Helium könnte wieder billiger werden. "Zudem ist Helium in der Erde nicht wirklich knapp, und ständig wird irgendwo extrem heliumreiches Erdgas entdeckt", erklärt Elsner. Luftballons wird es auf der Wiesn also weiterhin geben. Ob sie irgendwann wieder billiger werden: wahrscheinlich nicht.
- Themen:
- München
- Oktoberfest
- US-Regierung