Polizei, Bierpfütze, Rassismus auf dem Oktoberfest in München: Chaos-Zustände im Zug nach Wiesn-Schluss
München - Überfüllte Waggons - manchmal mit, manchmal ohne Klimaanlage -, feiernde Fußballfans oder wenig Reiseerfahrene, die sich im Vierersitz auch gerne mal einen Döner schmecken lassen. Wer mit dem Regionalzug fährt, braucht gute Nerven. So schon.
Nach dem Oktoberfest-Besuch: Was passiert im Regionalzug Richtung Passau?
Nächtens zu Oktoberfestzeiten werden jene noch weiter strapaziert. Egal ob nüchtern oder im (Wiesn-)Rausch. Ein AZ-Besuch am und im Zug, welcher die Wiesnbesucher und so manch anderen armen Fahrgast über Freising und Landshut bis ins zwei Stunden entfernte Passau bringt.

Auf Höhe Gleis 20 wankt ein Mann mit Seppelhut und auf halb 8 hängender Lederhose mit einem Maßkrug in der Hand Richtung Kiosk. Damit ist er nicht allein. Viele Festgäste, meist einzelne Männer, stehen Schlange am Kiosk mit den gelb-weißen Tüten und kaufen sich hier noch eine günstigere Bratwurst oder gleich noch flüssige Verpflegung für die Fahrt.
Sicherheitsmänner am Bahngleis und Bahntüre: Frau wird nicht mehr in Regio gelassen
Es ist 22.42 Uhr: Eine junge Frau eilt Richtung Gleis 26 zum Regionalzug Richtung Landshut und Neufahrn. Aber keine Chance mehr, die Türen sind längst zu, bewacht von Mitarbeitern der Bahnsicherheit. Der Zug ist voll. Pünktlich um 22.44 Uhr rollt er aus dem Bahnhof.

Klappsitze werden zum Bett für betrunkene Wiesn-Besucher
Ein paar Gleise weiter steht schon der nächste Regionalzug nach Niederbayern bereit. Endbahnhof Passau. Schon eine gute Dreiviertelstunde vor Abfahrt liegen im vorderen Waggon erschöpfte Wiesnbesucher auf den aufklappbaren Sitzen im Fahrradabteil und schlafen ihren Rausch aus. Ein Mann mit Tennissocken hat sich seinen Hut in Form eines Maßkrugs tief übers Gesicht gezogen.
Strickende Frau und Anzugmann treffen auf Horde von betrunkenen Wiesn-Gästen
Weiter hinten in den insgesamt vier Waggons sind um kurz vor 23 Uhr noch Sitze frei. Neben Menschen in Tracht haben hier auch Fahrgäste mit großen Koffern Platz gefunden sowie ein Mann mit Anzug und eine ältere Dame, die gerade strickt. Noch ist alles entspannt. In den kommenden 30 Minuten bekommen sie langsam Gesellschaft von einer Horde teils völlig betrunkener Wiesngäste.

Bier-Nachschub für Spezl und Wiesn-Gängerin setzt auf Barfuß
23.08 Uhr: Ein Mittvierziger mit Karohemd und Haferlschuhen trägt fünf Flaschen Augustiner zu seinen Freunden im oberen Abteil. "Wer braucht no a Bier", lallt er in niederbairischem Dialekt. "Ja freile", lallt sein Spezi zurück. Die Frau neben ihm nippt indes an ihrem Wasser. Sie hat längst die Ballerinas ausgezogen und streckt ihre Zehen Richtung Gang.

Hendlhut, Bierpfütze und bierseelige Schädel auf den Schultern der Sitznachbarn
Ein paar Meter weiter läuft eine - vermutlich - Bierpfütze über den Boden. Viele Trachtler schlafen schon auf der Schulter der Begleitung und stützen sich gegenseitig den bierseeligen Schädel. Andere sind voll dabei, stoßen mit Bier vom Kiosk an, ein Mann mit Fußballtrikot und schlecht sitzender Lederhose schaltet seinen Hendlhut ein.
Frauen sitzen auf der Treppe: Spezl schiebt Mann, der auf Toilette muss, durchs Gedränge
Mittlerweile ist es 23.17 Uhr. Im hintersten Wagen wird es richtig eng. Auf den Stufen sitzen Frauen im Dirndl, hängen am Smartphone. Im Gang zwischen Tür und der Toilette herrscht Gedränge. Dann torkelt ein Mann mit seinem völlig betrunkenen Freund Richtung Klo. Der Mann kann alleine nicht mehr stehen, immer wieder muss er aufstoßen. Sein Freund schiebt ihn durch die Menge.

Toiletten-Gate: Rassismus im Zug
Da springt ein Typ in Lederhosen auf. "Bevor der Inder... alles vollspeibt, geh ich noch zum Brunzen", beleidigt der Mann den Betrunkenen und seinen Helfer rassistisch - beide mit dunkler Hautfarbe - und drückt die beiden, nun fast in der Kabine angelangt, wieder heraus.
Für einen Tourist endet die Reise schlafend am Bahnsteig
Mittlerweile ist der Zug so voll, dass die Polizei zu Hilfe eilt und versucht, die Betrunkenen besser zu verteilen. Ihr Vorhaben ist aussichtslos, es geht nicht vor, nicht zurück. Mit Gesten versuchen die Beamten mit den Fahrgästen im oberen Teil zu kommunizieren. Die winken zurück, in den leereren Gang bewegt sich keiner.
Der Zugführer läuft indes am Bahnsteig auf und ab, schaut. Warum es nur vier Waggons gibt? "Mehr haben wir nicht", sagt er und zuckt mit den Schultern.
Polizei hilft mit: Betrunkener Tourist wird aus Zug bugsiert
Derweil wird der völlig betrunkene Tourist von seinem Freund wieder aus dem Zug bugsiert, die Polizei hilft mit. Für ihn endet die Reise am Bahnsteig auf einer Bank.
Damit ist er nicht allein. Gegen 23.21 Uhr heißt es: Nichts geht mehr. Viele wollen noch zusteigen, verhandeln, aber an den Türen ist kein Reinkommen mehr. Es ist der letzte Zug nach Passau für heute. Für sie endet der Wiesnbesuch verzweifelt am Hauptbahnhof.
Mit ein paar Minuten Verspätung rollt der Zug schließlich aus dem Bahnhof - dem lang ersehnten Bett entgegen. Der Mann mit Maßkrughut aus Waggon eins bekommt davon nichts mit, er schläft längst seinen Rausch aus. Wer noch das Glück hatte, einen Platz zu ergattern, wird ihm bald folgen. Der Rest steht dicht an dicht im Alkoholdunst. Eine Fahrt im Wiesn-Regio, was ein (Alb-)Traum.