Oktoberfest 2022 findet statt: Die Reaktionen auf die Reiter-Entscheidung

München - Jetzt ist es sicher: Die Wiesn 2022 wird nach zwei Jahren Pause endlich wieder stattfinden! Das teilte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Freitagmittag bei einer eigens dafür anberaumten Pressekonferenz mit.
Reiter wollte mit dem längeren Warten auf eine Entscheidung laut eigener Aussage niemanden auf die Folter spannen. "Ich habe viel überlegt und viele Gespräche geführt", erklärte der OB weiter. So habe er unter anderem drei Mal mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezüglich des Oktoberfests gesprochen.
2020 und 2021 wurde die Wiesn wegen Corona abgesagt
In den vergangenen beiden Jahren musste das größte Volksfest der Welt wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Heuer kann nun endlich wieder auf der Theresienwiese gefeiert werden.
Dass die Münchner Lust aufs Oktoberfest haben, ist bereits zu erkennen: Am ersten Wochenende des aktuell stattfindenden Frühlingsfests, von vielen auch als "kleine Wiesn" bezeichnet, wurde die Theresienwiese förmlich überrannt.
Oktoberfest 2022: Keine Corona-Einschränkungen
Zudem teilte OB Reiter mit, dass es auf dem Oktoberfest keinerlei Corona-Einschränkungen, wie beispielsweise eine Zugangsbeschränkung oder Maskenpflicht geben wird. Laut Reiter würde dafür die rechtliche Grundlage fehlen.

"Sowohl der Bund als auch der Freistaat Bayern haben keine gesetzliche Regelung geschaffen", stellte Reiter klar. Bereits seit geraumer Zeit gelten für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen keine konkreten Maßnahmen mehr.
OB Reiter kritisiert Ministerpräsident Söder
Reiter betonte gleich zu Beginn, dass er sich die "Entscheidung nicht leicht gemacht" habe. Gleichzeitig gab es im Laufe der rund 15-minütigen Pressekonferenz gleich mehrere Seitenhiebe Richtung Ministerpräsident Markus Söder (CSU). "Man kann das Team Vorsicht auch auflösen und daraus ein Team Volksfest-Hopping machen", sagte Reiter etwa in Bezug auf den CSU-Chef. "Der Applaus in den Bierzelten und auf Social Media ist gesichert, wenn man Versprechungen macht, für die man nicht verantwortlich ist."

Oktoberfest trotz Ukraine-Krieg? "Muss jeder Mensch mit sich selber ausmachen"
Auch der weiter anhaltende Ukraine-Krieg sei laut Reiter kein Grund, das Oktoberfest abzusagen. "Aus der politischen Lage gesehen ist eine Absage des Oktoberfest 2022 nicht möglich", erklärte der Oberbürgermeister. Die Entscheidung, ob man trotz des Kriegs auf die Wiesn gehe, müsse "jeder Mensch mit sich selber ausmachen".
"Ich will jedenfalls nicht derjenige sein, der hier moralisierend den Zeigefinger hebt und sagt: 'Jeder, der da hingeht, hat keinen Respekt vor den Menschen in der Ukraine'", betonte Reiter weiter.
Dehoga Bayern: "Die Entscheidung verdient Respekt"
Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga begrüßt die Entscheidung des Oberbürgermeisters. "Die Entscheidung war unter den gegebenen Umständen alles andere als einfach, sie verdient deshalb Respekt", sagte Dehoga-Präsidentin Angela Inselkammer.
Dehoga Bayern-Landesgeschäftsführer Thomas Geppert zufolge brauche es auch gerade in Zeiten des Ukraine-Kriegs "mal eine kleine Auszeit, um wieder Kraft zu tanken und gute, positive Momente gemeinsam mit Freunden zu erleben". Genau dafür sei die Wiesn "der richtige Ort".

Oktoberfest findet statt: Begeisterung bei Wiesnwirten und Schaustellern
Auch bei den Wiesnwirten und Schaustellern herrschte nach dem Wiesn-Go von Reiter natürlich Begeisterung. "Das ist fast nicht in Worte zu fassen. Es ist schön, wirklich", sagte Peter Inselkammer, Wirtesprecher und Wirt des Armbrustschützenzelts, im "Bayerischen Rundfunk". Schausteller-Sprecherin Yvonne Heckl sagte: "Ich bin sprachlos. Ich kann's noch gar nicht fassen. Ich könnte eigentlich heulen vor lauter Freude."
"Ich bin so glücklich! Vielen Dank für diese gute Entscheidung, Herr Reiter!", erklärte Wiesnwirt Christian Schottenhamel euphorisch. Auch Peter Bausch, der für die Schausteller spricht, dankte Reiter für diese "richtige Entscheidung", die man auch so erwartet habe.
Manfred Schauer freute sich ebenfalls über das Ja zur Wiesn: "Die Zeiten waren verwirrend und schwierig. Weil viel Spaß hamma wenig g'habt!", erklärte der Schichtl-Chef. "Drum ist es nötig, dass die Menschen wieder positive Energien und Freude tanken, endlich wieder zu einer mentalen Dehnübung zu kommen. Auch Menschen wie du und ich sollen einen Grund zur Freude haben und auf alte Lebensqualitäten zugreifen können."
Kurzfristige Wiesn-Absage: Stadt wird nicht für Kosten aufkommen
Eine Sache könnte die Wirte und Schausteller aber trotz aller Euphorie Sorgen bereiten. Die Stadt – auch das machte Reiter sehr deutlich – werde nicht für Ausfälle aufkommen, wenn die Wiesn aufgrund einer Notlage doch noch ausfallen müsse. "Das ist klassisches Unternehmerrisiko", so der Oberbürgermeister. Er könne sich aber vorstellen, dass notfalls der Bund und Freistaat einspringen – eine Garantie sei das natürlich nicht.
"Ich hoffe sehr, dass der Freistaat für den Fall der Fälle haftet", meint Beppi Bachmaier, der Wirt vom Herzkasperlzelt. "Ohne Garantien sind einige Handwerker, Schausteller oder auch Zeltwirte pleite, falls kurz vor Beginn die Wiesn abgesagt wird."
Dass die Wiesn ohne Maskenpflicht stattfinden soll, begrüßt Bachmeier: "Eine Wiesn mit Maske fände ich sinnlos. Die Leute gehen auf die Toilette, sitzen am Tisch ohne, nehmen vielleicht das falsche Glas in die Hand und trinken daraus. Da wäre eine Maske albern." Und nach der zweiten Maß verwechselten die Leute eh ihre Masken.
Wie genau eine sichere Wiesn organisiert werden kann? "Frühlingsfest und Gäubodenfest werden eine Blaupause für die Wiesn sein", so Bachmaier. Ein Aspekt sei auch das Personal: "Wenn ein Drittel der Belegschaft coronabedingt ausfallen sollte, haben wir ein großes Problem."
Für Wiesnwirt Stephan Kuffler ist die Zusage "wieder ein großer Schritt zur Normalität." Doch es geht ihm nicht nur um den wirtschaftlichen Faktor: "Für mich persönlich ist das die mit Abstand schönste Zeit im Jahr", erzählt er der AZ. "Ich habe das so wahnsinnig vermisst. Es gibt so viele Menschen, die zu Freunden geworden sind, und die man immer nur einmal im Jahr auf der Wiesn sieht. Darauf freue ich mich unendlich!"
Wiesn-Stadträtin Anja Berger: "Die einzig richtige Entscheidung"
Auch aus dem Rathaus gab es bereits kurz nach Reiters Go erste Reaktionen. Die Entscheidung, die Wiesn stattfinden zu lassen, sei "keine leichte, aber die einzig richtige" gewesen, sagte Wiesn-Stadträtin Anja Berger (Grüne). Ähnlich äußerte sich auch SPD-Stadtrat Klaus Peter Rupp: Drei Jahre hintereinander ohne Oktoberfest wären "nur schwer auszuhalten gewesen".
Söder auf Twitter: "Ich freue mich auf die erste Maß"
Und was sagen die Vertreter des Freistaats zur Wiesn-Entscheidung? Die sind natürlich ebenfalls begeistert – Ministerpräsident Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) drängten ja schon in den vergangenen Tagen immer wieder auf eine Zusage des Oktoberfests.
Für Söder sei das Abhalten der Wiesn "ein gutes Signal", schrieb er am Freitag auf Twitter. Er werde hingehen und freue sich auf seine erste Maß.
"Das ist die richtige Entscheidung. Wir brauchen wieder Gelegenheiten, zusammen zu feiern. Das ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gerade nach der langen Zeit, in der die Kontakte und das öffentliche Leben eingeschränkt waren, sehr wichtig", sagte Aiwanger kurz nach der Entscheidung von Reiter.
Daneben betonte der Minister auch, wie wichtig der wirtschaftliche Faktor der Wiesn sei. "Standlbetreiber, Hotellerie, Taxiunternehmen, Einzelhandel und die gesamte Gastronomie samt Zulieferer aber auch die Freizeitwirtschaft brauchen die Wiesn, um sich von den wirtschaftlichen Einschnitten der Corona-Pandemie zu erholen. So mancher Betrieb hätte eine erneute Absage nicht überstanden", stellte Aiwanger klar.
Gesundheitsminister Holetschek warnt vor möglicher Corona-Welle im Herbst
Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) äußerte sich zurückhaltender als beispielsweise Söder. "Es gibt gute Gründe dafür, das Oktoberfest in diesem Jahr wieder stattfinden zu lassen." Aber eine so große Veranstaltung mit Gästen aus vielen Ländern berge Infektionsrisiken. "Auch deshalb ist es wichtig, dass wir uns intensiv auf den Herbst und eine mögliche neue Corona-Welle vorbereiten", sagte er.
Ähnlich äußerte sich kürzlich der Münchner Infektiologe Christoph Spinner: "Wenn die Wiesn so stattfindet, wie wir sie kennen, ist sie natürlich ein Infektions-Risiko-Ereignis." Er sehe angesichts der Entwicklung jedoch keinen Grund, die Wiesn wegen Corona abzusagen.
Wiesn 2022: Oktoberfest von 17. September bis 3. Oktober
Auch die Daten für die Wiesn stehen bereits fest: 2022 findet das Oktoberfest von 17. September bis 3. Oktober statt. Der Anstich ist dann traditionsgemäß am Samstagmittag um 12 Uhr im Schottenhamel-Festzelt. Und dann heißt es auch ganz offiziell wieder: Ozapft is!