Oans, zwoa, Gsundheit? Szenarien einer Corona-Wiesn

Heuer wird es keine Wiesn geben ... zumindest nicht so, wie wir sie gekannt haben. Eine vage Vorschau auf ein zweiwöchiges Geselligkeits-Spektakel, das - falls es überhaupt stattfindet - ganz anders ausschauen würde.
von  Kimberly Hagen
Fällt das Oktoberfest 2020 wegen Corona aus? Bilder wie diese vor 40 Jahren, als die Wiesn nach dem Oktoberfest-Attentat 1980 für einen Tag geschlossen hatte, könnten noch einmal Wirklichkeit werden, wenn die Coronavirus-Pandemie bis zum September nicht besiegt ist.
Fällt das Oktoberfest 2020 wegen Corona aus? Bilder wie diese vor 40 Jahren, als die Wiesn nach dem Oktoberfest-Attentat 1980 für einen Tag geschlossen hatte, könnten noch einmal Wirklichkeit werden, wenn die Coronavirus-Pandemie bis zum September nicht besiegt ist. © imago/WEREK

München - All die Jahre war es für sehr viele Menschen schöne Tradition, doch genau jetzt, mitten im Corona-Wahnsinn zwischen Mindestabstand und Ausgangsbeschränkung, wirken diese Szenarien wie ferne Zukunftsmusik. Mehr noch: wie ein verrückter Science-Fiction-Film.

10.000 Menschen liegen sich in einem heißen Zelt schwitzend in den Armen, 6,3 Millionen insgesamt, sie schunkeln, busseln, teilen sich Brezn, Obatzdn und Brotzeitbrettl – und probieren so selten wie möglich auf die Toilette zu gehen, weil die Schlangen davor immer endlos sind. 20 Sekunden Händewaschen? Desinfizieren? Tröpfcheninfektion? Ja, spinn i!

Die große Frage: Findet die Wiesn heuer statt?

Auch wenn einigen Münchnern gerade nicht nach Wiesn sein dürfte (grundsätzliche Oktoberfest-Muffel mal ausgenommen) – und andere schon sehnsüchtig die Tage zählen, es mit den Spezln endlich wieder krachen zu lassen, so ist das Thema in aller Munde. Also: Findet die Wiesn heuer statt?

Konkrete Antworten kann dazu momentan freilich niemand liefern. Selbst der Termin des Frühlingsfestes ist noch unklar. Die Wiesn-Entscheidung soll Ende Mai/Anfang Juni fallen, der Aufbau würde im Juli starten – wie die Corona-Lage bis dahin in München und der restlichen Welt ausschaut, steht ebenfalls noch in den Sternen. Doch was würde eine Absage der Wiesn bedeuten?

Insider: Wiesn-Absage wäre für viele Menschen der "berufliche Tod"

Für die Schausteller und die kleinen Zuckerwatte-, Lebkuchenherzerl- und Mandel-Standl wäre ein Ausfallen des Oktoberfestes der Super-GAU. Und für nicht wenige wäre es finanziell das Ende. Ein Insider, der lieber nicht genannt werden will, sagt zur AZ: "Die Schausteller und Standlbesitzer hätten nur Ausgaben, laufende Kosten, die durch den fehlenden Wiesn-Umsatz nicht gedeckt werden könnten. Wenn die Wiesn nicht stattfindet, wäre das für sehr viele Menschen der berufliche Tod. Überleben würden nur die wenigen großen Wiesnwirte, die genug Rücklagen haben."

Zumal dann auch alle anderen kleineren Volksfeste abgesagt werden müssten. Die Einnahmen für Schausteller und Standlbesitzer? Gleich null. Der Wiesn-Experte weiter: "Selbst wenn die Wiesn 2021 wieder stattfindet, wären viele bis dahin finanziell ruiniert und nicht mehr dabei."

Fällt das Oktoberfest 2020 wegen Corona aus? Bilder wie diese vor 40 Jahren, als die Wiesn nach dem Oktoberfest-Attentat 1980 für einen Tag geschlossen hatte, könnten noch einmal Wirklichkeit werden, wenn die Coronavirus-Pandemie bis zum September nicht besiegt ist.
Fällt das Oktoberfest 2020 wegen Corona aus? Bilder wie diese vor 40 Jahren, als die Wiesn nach dem Oktoberfest-Attentat 1980 für einen Tag geschlossen hatte, könnten noch einmal Wirklichkeit werden, wenn die Coronavirus-Pandemie bis zum September nicht besiegt ist. © imago/WEREK

Gibt's eine Alternative zum kompletten Wiesn-Shutdown?

Wie eine Alternative zum kompletten Wiesn-Shutdown ausschauen könnte, darüber denken aktuell so ziemlich alle Beteiligten nach – und tauschen sich telefonisch aus. Antworten können sie nicht liefern, nur Denkanstöße. Klar, die Hygienevorschriften müssten deutlich verschärft werden. Aber wie?

Desinfektionsspender an jedem Eingang und ein größerer Abstand zwischen den Tischen in den Wiesnzelten – das alles hört sich wie ein schlechter Witz an. Natürlich würde das nicht reichen. Die Gästeanzahl in den Zelten zu regulieren, dürfte bei Wirten und Brauereien auch nicht gerade auf tolle Resonanz stoßen. Am besten trinken die wenigen Besucher, die natürlich alle Mundschutz und Handschuhe tragen, dann noch die Maß via Strohhalm – oans, zwoa, Gsundheit?

Letzter Ausweg? Ein Wiesn-Wunder!

Ein Wiesnwirt, der seinen Namen hier ebenfalls nicht lesen möchte, sagt zur AZ: "Ich habe absolut keine Ahnung, wie das mit der Wiesn werden soll – wir alle nicht. Wir sind alle komplett ratlos." Zum jetzigen Zeitpunkt scheint keine Lösung in Sicht. Das Oktoberfest ausfallen zu lassen, bringt die Wirtschaft weiter ins Wanken und vernichtet viele Existenzen. Eine stark veränderte Wiesn mit höchsten Hygieneregeln ist genauso utopisch.

Das zweiwöchige Geselligkeits-Spektakel ist der größtmögliche Gegensatz zum Jetzt-Zustand, von dem leider niemand auf der Welt weiß, wann er enden wird. Eigentlich gibt's nur einen halbwegs seriösen Ausweg: ein Wiesn-Wunder!

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