K.O.-Tropfen auf dem Oktoberfest: Hohe Dunkelziffer möglich
München - Jedes Jahr gibt es die Fälle, aber der Umgang damit bleibt schwierig: Allein am Eröffnungstag des Oktoberfests 2023 hat die Initiative "Sichere Wiesn" auf dem Festgelände nach eigenen Angaben vier Frauen beraten, die den Verdacht hatten, dass ihnen jemand K.O.-Tropfen ins Getränk gemischt hat.
Sie kamen mit einem "Filmriss" oder Erinnerungslücken von mehreren Stunden in den Safe Space – Anzeichen, die auf einen Angriff mit K.O.-Tropfen hindeuten. Diese Erinnerungslücken fühlten sich aber anders an als der "Filmriss", den man von übermäßigem Alkoholkonsum kenne, sagt Kristina Gottlöber von der Initiative.
K.O.-Tropfen: Keine Möglichkeit, Verdachtsfälle auf der Wiesn testen
Bis Mittwoch ist ein weiterer Verdachtsfall dazugekommen, sagt sie auf AZ-Anfrage. Aber: "Wir verfügen über keinerlei Möglichkeit vor Ort, diese Verdachtsfälle zu testen", so Gottlöber. Keine der Frauen sei zum Glück verletzt gewesen.
Von all diesen Fällen hat die Münchner Polizei nichts mitbekommen, denn sie wurden nicht zur Anzeige gebracht. Deshalb kann die Polizei auch nicht sagen, ob sich der K.O.-Tropfen-Verdacht erhärtet hat, wie sie auf AZ-Anfrage mitteilt.
K.O.-Tropfen auf dem Oktoberfest: Anzeige bei der Polizei
Die Polizei weiß aber von zwei anderen Vorfällen mit K.O.-Tropfen: In einem Fall vom Dienstag (19. September) hat eine 51-jährige Frau Anzeige erstattet, wo auch der Verdacht auf K.O.-Tropfen geäußert worden sei. Der Frau sei aber "glücklicherweise nichts passiert". Bis aber Gewissheit herrscht, ob sie "wirklich irgendwelche Betäubungsmittel verabreicht bekommen hat", wird es noch dauern: Die Ergebnisse einer Blutuntersuchung werden erst in einigen Wochen erwartet.
In einem weiteren Fall sei der Verdacht auf K.O.-Tropfen geäußert worden, der sich aber nicht erhärtet habe.
Die Polizei weist darauf hin, dass diese Substanzen nur "innerhalb von sechs bis zwölf Stunden" nachweisbar sind, weswegen eine "zeitnahe Anzeige" wichtig sei. Daran scheitere es aber oft.
Das rät die Initiative "Sichere Wiesn" Opfern von K.O.-Tropfen
Gottlöber und die Initiative "Sichere Wiesn" raten Frauen, die diesen Verdacht hegen, sich während der Öffnungszeiten beim Wiesn-Safe-Space zu melden. Dort werden sie auch "ergebnisoffen über eine mögliche Anzeige" informiert und bei Bedarf zur Polizei begleitet.
Außerhalb der Öffnungszeiten ist das Krisentelefon des Frauennotrufs (08976 37 37) verfügbar, Mädchen wird bei der Beratungsstelle von IMMA e.V. (089 260 75 31) geholfen.
Wie viele dieser Angriffe mit K.O.-Tropfen es auf der Wiesn insgesamt jeweils gibt, lässt sich nicht nachvollziehen: Der Verdacht auf K.O.-Tropfen wird von der Polizei statistisch nicht erhoben, wie sie auf Anfrage mitteilt.
Was sind mögliche Symptome von K.O.-Tropfen?
- Übelkeit
- starke Kopfschmerzen
- Schwindel
- Orientierungslosigkeit
- Aufwachen an einem unbekannten Ort
- Erinnerungslücken
- bruchstückhafte oder zusammenhanglose Erinnerungen (anders als beim Alkohol-„Filmriss“ sind die Erinnerungslücken bei K.O.-Tropfen klarer abgegrenzt)
- Verletzungen am Körper oder im Intimbereich ohne Erklärung
Was können Opfer von K.O.-Tropfen tun?
- Noch vor Ort: Servicekräfte oder Securitys ansprechen. Die können dabei helfen, ärztliche Hilfe zu holen.
- Nach dem Aufwachen das Gefühl, K.O.-Tropfen verabreicht bekommen zu haben: Sofort handeln, direkt in eine Klinik gehen oder die München Klinik Harlaching (Sanatoriumsplatz 2, 81545 München) kontaktieren.
- Dort in der Notaufnahme den Satz „Ich möchte bitte dringend eine Frauenärztin sprechen“. Dann wird man diskret zur Fachärztin geleitet (mehr Infos).
Wenn man Anzeige erstattet, ist die Untersuchung auf K.O.-Tropfen kostenlos. K.O.-Tropfen können nur 6-12 Stunden nach Verabreichung im Körper nachgewiesen werden. Ärzte sollten darauf hingewiesen werden, dass sie auf solche Substanzen untersuchen sollen. Die Beratungsstelle Münchner Frauennotruf ist auch telefonisch erreichbar, und zwar kostenlos und anonym unter 089 7633737.
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