Die Wiesn: Ein großer Zirkus

Dass die Wiesn jetzt schon eine Weile andauert, merkt man als Dauergast zum Beispiel daran, dass die Bedienung am Schnapsstand freundlich lächelnd „das gleiche wie immer?“ fragt. Null Fehltage durchzustehen ist eine harte Angelegenheit, zumindest wenn man tagsüber arbeitet und keine Zeit hat, auch mal nett im Sonnenschein einen Kaffee bei Käfer zu trinken oder im Kaiserschmarrn zu frühstücken. Oder mit den Kindern von Freunden über die Wiesn zu bummeln und darauf zu bestehen, den Flohzirkus anzuschauen. Weil ich es selbst noch nie hineingeschafft habe, um mich endlich unauffällig davon zu überzeugen, dass da wirklich, wirklich echte Flöhe drin sind. Ich bin immer noch nicht ganz überzeugt.
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So ein sonniger Wiesnbummel, das hätte was, aber tagsüber bedeutet eben Wochenende – und mein einziger Versuch eines gemütlichen Nachmittagbesuchs endete um Mitternacht am Schnapsstand. Auch keine Lösung.
Selbstverständlich kann man auch abends nüchtern auf die Wiesn gehen, aber dann ist man im besten Falle frisch verliebt, Lottogewinner oder aus einem anderen Grund vollgepumpt mit Endorphinen, um sich völlig unironisch der Bierbankschunkelei hingeben zu können. Allen anderen hilft eine Maß dabei. Wiesnbier wirkt da am besten. Irgendwas ist da beigemischt neben Hopfen, Malz und Hefe, irgendetwas amphetaminhaltiges, so muss es sein.
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Nur so ist auch dieses absurde Zeitgefühl auf der Wiesn zu erklären, der immer zu frühe Zeltschluss und die seltsamen Dinge, die danach passieren. Singend über die Wiesn tanzen. Als lebender Handtaschenhalter vor halsbrecherischen Achterbahnen stehen. Lachend musemsreife Geisterbahnen fahren. Nicht ins Weinzelt wollen und plötzlich doch drinstehen. Eine pinke Federboa am Dirndl finden.
Wie lange hat der Flohzirkus eigentlich geöffnet? Immerhin, der Schnapsstand hat die Rollläden noch oben...