OB Reiter: "Entsetzt über feige Taten"
Im idyllischen Pegnitztal brennen drei Gebäude. Sie waren für Flüchtlinge vorgesehen, die in den nächsten Wochen dort einziehen sollten. Die Polizei geht von einer rechtsextremistischen Tat aus. Der Anschlag löst in ganz Deutschland Entsetzen aus.
Vorra/München - Brandstifter haben im mittelfränkischen Vorra drei für Flüchtlinge vorgesehene Unterkünfte in Brand gesteckt. Die Indizien deuten auf einen rechtsextremen Hintergrund. Die Ermittler entdeckten Brandbeschleuniger, an einer Wand fanden sich Hakenkreuzschmierereien und eine ausländerfeindliche Parole.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte wie viele andere Politiker die Tat scharf: "Es ist unerträglich, wenn Asylbewerberheime geschändet werden, wenn Menschen versuchen, radikale Sprüche zu machen", sagte Merkel am Freitag auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg. "Jeder, der zu uns kommt, hat ein Recht, anständig behandelt zu werden", betonte sie.
Ebenso schockiert zeigte sich Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Freitag in einem Statement: "Ich bin entsetzt über diese feigen Taten rechtsradikaler Brandstifter. Diese Anschläge treffen uns alle. Wir dürfen nicht zulassen, dass die zu uns geflüchteten Menschen angegriffen und nach dem Terror, den sie hinter sich gelassen haben, erneut in Angst und Schrecken versetzt werden. Wir werden uns in München auch weiterhin jeder Form von rechter Gewalt entschieden in den Weg stellen. Ausländerfeindlichkeit darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben."
Bundespräsident Joachim Gauck sagte in Magdeburg: "Wir können nur mit aller Entschlossenheit der anständigen Menschen reagieren." "Es war auf jeden Fall eine vorsätzliche Tat", berichtete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) über die Erkenntnisse der Kripo.
Da die Gebäude noch leer standen, wurde nur ein Feuerwehrmann beim Löschen leicht verletzt. Bürger, Kirchenvertreter und Politiker quer durch die Republik und Parteien zeigten sich dennoch entsetzt. Eine Anwohnerin hatte den Brand im Ortskern von Vorra im Kreis Nürnberger Land am späten Donnerstagabend entdeckt. Ein ehemaliger Gasthof stand in Flammen, auch ein nahe gelegenes Wohnhaus sowie eine Scheune brannten. In die Gebäude sollten in den kommenden Wochen Asylbewerber einziehen. Sie sind nun unbewohnbar - bei dem Brand entstand auch wegen der starken Rauchentwicklung ein Schaden von rund 700 000 Euro.
Eine 20-köpfige Sonderkommission soll die Täter aufspüren, es wurde eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), verurteilte den mutmaßlichen Anschlag ebenfalls. "Mit Hakenkreuzen und Brandanschlägen zeigen die Täter ihre abgrundtiefe Menschenfeindlichkeit", sagte Özoguz in Berlin. "Und das in einer Zeit, in der Frauen, Männer und Kinder im wahrsten Sinne um ihr Leben rennen." Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die Tat als abscheulich. "Ausländerfeindlichkeit darf bei uns keinen Platz haben. Gewalt gegen Flüchtlinge werden wir nicht dulden."
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) betonte ebenfalls: "Braunes Gedankengut hat keinen Platz in unserer freiheitlichen Gesellschaft." Man werde mit "null Toleranz" und mit aller Härte des Rechtsstaats gegen solche Taten vorgehen. Anwohner in Vorra zeigten sich nach dem Brand entsetzt. "Wir und andere Nachbarn haben uns auf die Ankunft der Asylbewerber gefreut", sagte eine Bürgerin. "Wir haben uns schon drauf vorbereitet, sie willkommen zu heißen." In den vergangenen Wochen habe sich im Dorf extra ein Unterstützerkreis gegründet. Die Bewohner seien froh gewesen, dass die seit Jahren leerstehenden Gebäude saniert und für die Flüchtlinge hergerichtet worden seien. Nun ermittelt der Staatsschutz der Kriminalpolizei.
Zugleich kündigte Innenminister Herrmann an, dass die Polizei den Schutz der übrigen Unterkünfte im Freistaat verstärken werde. Rechtsextreme Umtriebe würden nicht geduldet: "Wo Menschen ausländerfeindlich unterwegs sind, müssen wir uns dem klar entgegenstellen." Dies sei auch auf der Innenministerkonferenz in Köln die einhellige Meinung gewesen. Die Minister wollen verhindern, dass es erneut zu vermehrten Übergriffen auf Ausländer kommt.
Anfang der 90er Jahre hatte eine Serie fremdenfeindlicher Attacken, bei denen es etwa in Solingen und Mölln sogar Tote gab, für Entsetzen gesorgt. "Wir sind uns der Herausforderung bewusst, eine neue Welle auf jeden Fall zu verhindern", unterstrich Herrmann. Allerdings hat das Bundeskriminalamt (BKA) in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres bereits 86 rechtsextrem motivierte Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gezählt - und damit mehr als 2012 und 2013 zusammengenommen. Darunter fallen sehr unterschiedliche Delikte wie Farbschmierereien, Beschmutzungen und Sachbeschädigungen, aber auch Brandstiftungen.
Brände: Flüchtlingsrat hofft auf rasche Aufklärung
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