OB Reiter ehrt Deutsche-Eiche-Wirt

Ehrung für einen Helden der Schwulenszene: Deutsche-Eiche-Wirt Dietmar Holzapfel bekommt die Medaille München leuchtet
von  Eva von Steinburg
Schöne Ehrung für seinen Schafkopffreund: OB Dieter Reiter mit Dietmar Holzapfel.
Schöne Ehrung für seinen Schafkopffreund: OB Dieter Reiter mit Dietmar Holzapfel. © Eva von Steinburg

München - Konstantin Wecker hat sie schon bekommen und Ottfried Fischer auch - die Medaille „München leuchtet“, für die Freunde der Stadt München.

Am Mittwoch hatte OB Dieter Reiter die besondere Freude, die Ehrung in Bronze an Dietmar Holzapfel zu überreichen – dem Wirt des schwul-lesbischen Szenelokals „Deutsche Eiche“ in der Reichenbachstraße. „Lieber Dietmar, ich habe heute extra für dich die Wiesn-Presserundfahrt abgesagt. Ganz im Ernst, es war mir ein Anliegen das ganz persönlich zu übernehmen“, begrüßte Reiter seinen Duz-Freund im Rathaus. Denn: Seit Jahren treffen sich der OB und seine Frau Petra mit Holzapfel und seinem verpartnerten Ehemann Sepp Sattler gelegentlich am Nachmittag zum Schafkopfen.

„Meine Stadt soll weiterhin weltoffen, tolerant und bunt sein. Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung diskreditiert werden“, so Reiter zu der Auszeichnung.

Münchens Historie ist Holzapfels Passion

Szene-Wirt Dietmar Holzapfel aus dem Gärtnerplatzviertel ist ein charmanter Vorkämpfer der Münchner Schwulen-Szene. Er ist bekannt für seine offene und offensive Art. 1993 verwandelte er, mit seinem Mann, den traditionellen Münchner Schwulen- und Künstlertreff „Deutsche Eiche“ in ein hervorragendes Lokal. Das 1700 qm große Luxus-Badehaus – mit Sauna nur für Männer im Untergeschoss – gilt als Hot-Spot der internationalen Schwulenszene.

Dietmar Holzapfel zwischen der Stadtführerin Christa Diebel (l.) und seiner Mutter Helga Rieger (87). Foto: privat

Vor sechs Jahren öffnete die große Dachterrasse. Seitdem führt der 59-Jährige mit Witz und Wissen, mehrmals in der Woche, Gruppen durch sein Wirtshaus. Denn: Münchens Historie ist die Passion des früheren Grundschullehrers. Als geprüfter München-Führer kennt er alle Türme der Stadtsilhouette: „Unglaublich, sogar den Turm der Kirche Königin des Friedens in Giesing kann er zeigen“, lobt ihn Stadt-Führerin Christa Diebel. Sie hat Dietmar Holzapfel für die Medaille „München leuchtet“ vorgeschlagen: „Weil er durch seine fröhliche, lockere Art die Tabus und die Schwelle zwischen Hetero- und Homosexuellen Menschen abbaut. Die Begegnung mit ihm ist immer eine Bereicherung und schafft viel Verständnis.“ Wenn Diebel mit Seniorengruppen vorbeikommt, sagt sie vorher: „Bitte, wenn Sie Vorbehalte gegen Homosexuelle haben, versuchen Sie mal die zurückzustellen.“ Die Chemie stimmt dann schnell: Der schwule, erfolgreiche Wirt versprüht so eine Gastfreundschaft und so einen Charme. Das öffnet die Herzen.

Gästen, die ein Blick hinter die Kulissen der Hauses werfen, erzählt Holzapfel von der Geschichte der Homosexualität in München: Von König Ludwig II. über die Verschärfung des § 175 unter Hitler, als es KZ und Gefängnis für Schwule gab. Später betrachtete Regisseur Rainer Werner Fassbinder die „Deutsche Eiche“ als sein Wohnzimmer. Auch der illustre Queen-Sänger Freddie Mercury war Stammgast.

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Wie er, singt Holzapfel verschmitzt für die Besucher: „War'n Sie schon mal in mich verliebt...“, ist sein Lied. Denn der Text macht sich lustig über Hitler – und seine angebliche Homosexualität.

Ob Schulklasse oder Touristen von „Stattreisen“: „Am meisten interessieren sich die Menschen aber für mein persönliches Coming-out“, sagt Dietmar Holzapfel: „Ich erzähle dann, dass ich als Jugendlicher als Ingolstadt an Selbstmord dachte. Erst das Studium in München brachte mir schwule Freunde und ein freies Leben“.

Vor 38 Jahren war Dietmar Holzapfel frisch mit Sepp Sattler liiert. Er schrieb an seine Mutter Helga Rieger, er sei homosexuell. Sie antwortete ihm per Post: „Du bleibst trotzdem mein Sohn“. Dafür dankte er ihr am Mittwoch im Rathaus.

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