OB-Gattin Petra Reiter: Einsatz fürs Ehrenamt

München - Eine Stadt ohne Menschen, die sich, ohne Geld zu erwarten, für Andere ins Zeug legen – das kann nicht gut gehen. Davon ist Petra Reiter, die starke Frau an der Seite von München-OB Dieter Reiter, überzeugt. Die AZ hat sie zu ihrem Engagement befragt.
AZ: Grüß Gott, Frau Reiter. Hinter Ihnen liegt das erste Jahr als, nun ja, First Lady – also als Frau des Oberbürgermeisters. Was machen Sie als OB-Gattin eigentlich?
PETRA REITER: (lacht) Auf jeden Fall bin ich nicht täglich auf Empfängen, um Sekt zu schlürfen. Aber natürlich begleite ich meinen Mann gern bei wichtigen Anlässen. Und zu meiner Interpretation der Aufgabe gehört es, Kontakt mit allen Bereichen der Stadtgesellschaft zu suchen, um Anliegen und Hinweise aufzunehmen.
Und was hat es mit Ihren Ehrenämtern auf sich?
Und First Lady zu sein hilft mir, auch bei meinen ehrenamtlichen Engagements im Bereich der Unterstützung von Flüchtlingen oder in der Sterbebegleitung. Es hilft mir, für die Betroffenen mehr erreichen zu können, besser Gehör zu finden und Netzwerke zu nutzen. Als Frau des Oberbürgermeisters bin ich zur Botschafterin geworden. Ich werbe aktiv für Ehrenämter und bin gleichzeitig aktiv in der Begleitung von Menschen, die der Hilfe bedürfen. Und gerne übernehme ich für Projekte, die ich unterstützen möchte, die Schirmherrschaften.
Was konkret unternehmen Sie denn ehrenamtlich?
Ich engagiere mich in der Sterbebegleitung. Ich habe dabei keine koordinierende oder leitende Rolle, sondern arbeite direkt mit den Betroffenen Menschen. Manchmal sitze ich zum Beispiel eineinhalb Stunden am Bett einer Frau, die nicht mehr lange zu leben hat. Dabei kommt es vor, dass sie nicht sprechen will und ich einfach da bin. Ein andermal begrüßt sie mich mit den Worten: „Ich habe schon auf Sie gewartet.“
Darüber hinaus tun Sie aber noch mehr.
Ich engagiere mich in der Begleitung von Münchnern und Neubürgern, die Hilfe brauchen. Ich bin zum einen im Vorstand der Stiftung „Wir helfen München“ und zum anderen im direkten Einsatz vor Ort.
Konkret habe ich seit eineinhalb Jahren eine Patenschaft für eine Familie aus Somalia übernommen. Wenn mich dann bei meinen Besuchen Fatimas Tochter, die sechsjährige Miski mit ihren Zahnlücken angrinst, dann ist dies eine unglaubliche Motivation.
Inwiefern?
Anfangs hat sich Miski noch aus Angst hat vor Fremden hinterm Sofa versteckt. Inzwischen hat sie Vertrauen zu mir gefasst und öffnet sich. Ich helfe ihr, damit sie sich in der Schule gut entwickeln kann und ihre Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit verarbeiten kann. Sie ist ein blitzgescheites Mädel. Doch die Flucht hat Spuren hinterlassen.
Das Mädel ist in dem Alter Ihrer eigenen Enkel...
Ja, ich komme mir auch vor wie eine Zusatzoma für das Mädchen. Auf manchen Unternehmungen mit der Familie aus Somalia ist mein Mann Dieter ebenfalls dabei. Anfangs wusste die Familie nicht, dass ich die Frau des Oberbürgermeisters bin. Ich mache meine Arbeit einfach als Petra Reiter. Doch als beim Schlittschuh fahren wirklich viele Leute mit meinem Mann auf ein Foto wollten, wunderte sich Fatima. Und sie fand heraus, dass ich die Frau des OB bin.
Wann haben Sie begonnen, sich zu engagieren?
Mein erstes Ehrenamt hatte ich bereit mit 17 Jahren im Altenheim am Luise-Kiesselbach-Platz. Für mich war es ein beklemmendes Gefühl mitzuerleben, wie alte Menschen im Bett liegen und nicht mehr kommunizieren und nichts machen können. Ich hatte Angst, dass von mir zu betreuende Personen sterben könnten. Das konnte ich als 17-Jährige nicht lange aushalten und schaute mich schon bald nach neuen, anderen ehrenamtlichen Aufgaben um.
Liegt das Engagement bei Ihnen in der Familie?
In meiner Familie war es normal, dass jeder Ehrenämter ausübte. Meine Mutter hilft noch heute regelmäßig, bei der Essensausgabe im Mutter-Theresa-Orden. Mein Vater hat für Nachbarn oder Bekannte Behördengänge erledigt.
Als mein Vater dann 2006 im Sterben lag, wurde ich mit dem Thema Tod sehr intensiv konfrontiert. Meiner Familie hat das viel abverlangt, aber den Zusammenhalt verstärkt. Ich habe damals wahrgenommen, wie wichtig es ist, dass Trauer ihren Platz haben darf. Es geht dabei nicht nur um den Tod an sich, sondern darum, die Zeit bis zum Ableben so verträglich wie möglich zu gestalten.
Wie ging das?
Mein Vater hat es beispielsweise geliebt, wenn wir ihn im Rollstuhl täglich in den Garten gebracht haben. Dabei ist es wichtig, sich der Situation ehrlich zu stellen, aber auch die kleinen Feinheiten nicht zu übersehen. Es ist sehr positiv, sich auch an kleinen Dingen zu erfreuen. Vor dem Tod habe ich Respekt, aber mittlerweile keine Angst mehr. Je älter ich geworden bin, desto tiefer hat sich mein christlicher Glaube verankert.
2003 haben Sie Dieter Reiter geheiratet. Wann hat es zwischen Ihnen gefunkt?
Das war eher ein schleichender Vorgang, der genaue Zeitpunkt lässt sich nicht so leicht benennen. Schon als Fünfjährige habe ich ihn aus dem Sandkasten gekannt. Mit seinem jüngsten Bruder war ich in einer Klasse – und ich habe Dieter heimlich bewundert, weil er schon sehr früh Fahrrad fahren konnte. Wir lebten im gleichen Stadtteil, haben uns aber wieder aus den Augen verloren. Ich habe früh geheiratet, Kinder bekommen und mich aber dann von meinem Mann getrennt. Dieter habe ich dann Anfang 1990 wiedergesehen. Wir haben die Tage unserer Kindheit Revue passieren lassen und so kam es dazu, dass wir ein Paar wurden. 2003 haben wir geheiratet – und haben beide inzwischen erwachsene Kinder aus vorherigen Ehen.
Was hat sich denn verändert, seit Ihr Mann Oberbürgermeister ist?
Seit Dieter Oberbürgermeister ist, ist alles anders, alle Termine stehen im Terminplan. Ich habe meine Buchhalter-Tätigkeit auf Teilzeit reduziert, damit ich für meine Ehrenämter noch mehr Zeit habe und dafür auch die Werbetrommel rühren kann. Ich lasse in jedem Gespräch einfließen, wie wichtig es ist, alle Menschen anzuerkennen und willkommen zu heißen. Jedem, der etwas Zeit übrig hat, lege ich ans Herz, sich ehrenamtlich zu engagieren.
Lesen Sie hier: Dieter und Petra Reiter blättern in der AZ ihr Fotoalbum auf
Mischen Sie mit in der Politik des Stadtchefs?
Nein, das ist nicht meine Aufgabe. In das Rathausgeschehen mische ich mich nicht ein. Natürlich unterhalten wir uns abends, und jeder erzählt von seinem Tag und darüber, was ihn bewegt oder was ihn geärgert oder Freude hat. Da geht’s schon auch manchmal um Politik. Aber diese Gespräche bleiben in unseren vier Wänden.
Welche Ehrenämter empfehlen Sie besonders?
Da gibt es kein Ranking. Jeder sollte sich da engagieren, wo er selbst glaubt, hilfreich sein zu können.
Ehrenämter sind wichtig – egal in welcher Form. Ohne das große ehrenamtliche Engagement in unserer Stadt würden viele Dinge nicht denkbar sein – deshalb danke ich an dieser Stelle allen von Herzen, die sich, wo und wie auch immer, gemeinnützig und ehrenamtlich engagieren.
Wir müssen hier auch weiterhin viel Aktivität und Engagement zeigen, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt in München auch weiter so gut funktioniert.