Nordfriedhof: So entsteht die neue Sphinx
München - Ein wenig erzittert die Bauhütte, die die Stadt hier aufgestellt hat, als Dirk Heißerer vom Thomas-Mann-Forum aus tiefster Seele über die Bedeutung der Sphinx spricht, die bald wieder am Eingang des Nordfriedhofs wacht.
Nordfriedhof: Sphingen als Teil eines Bild- und Textprogrammes
Denn der große Schriftsteller hat sie in seinem Werk "Tod in Venedig" nicht nur erwähnt, sondern umgedeutet. Die beiden Sphingen, die hier einst am Eingang angebracht waren, sind bei Mann Sinnbilder der Apokalypse. Ursprünglich hatte der Architekt des Nordfriedhofes, Hans Grässel, sie jedoch als Teil eines Bild- und Textprogrammes für den gesamten Friedhof gedacht. Als Wächterinnen des Lamm Gottes’, die die Lebenden zur Ehrfurcht mahnten. Dass Thomas Mann aus Grässels Erlösungsthema eine Untergangsgeschichte gemacht hat, macht die Sphinx für Heißerer besonders interessant. Und darum sei es auch wichtig, dass in Zukunft auch die Zweite noch realisiert werde.

Bleibt es bei einer Sphinx?
Über die spricht Christoph Dichtl aber noch mit einem Augenzwinkern. Am Donnerstag steht er in der mobilen Bauhütte nördlich der Aussegnungshalle und fordert die Steinmetz-Meisterschüler feierlich zum ersten Anschlagen des 2,3 Tonnen schweren Natursteinblocks auf. Maschinell ist der Umriss des Löwenkörpers vorgesägt, jetzt müssen die angehenden Meister (und eine angehende Meisterin) per Hand ran.
Mit einem Punktiergerät wird mechanisch millimetergenau abgemessen, wie viel vom Kelheimer Bergstein weggeklopft werden muss, damit am Ende die Sphinx daraus geboren wird. "Die steckt schon im Stein, sie muss nur rausgeholt werden", sagt Künstler Wolfgang Gottschalk, der das Styrodur-Modell gebaut hat, das als Maß dient.
Der Hahnenkopf der Sphinx wird aus einem eigenen, vor Materialverlust etwa 480 Kilo schweren, Block gehauen, anschließend aufgesetzt und mit Harz verklebt.

Erste Sphinx-Figur wird im Juli fertig
Die Figur hat die Steinmetzinnung München-Oberbayern, gemeinsam mit Sponsoren spendiert. Wie und ob eine zweite finanziert wird, ist noch unklar. Im Juli soll die erste Figur fertig sein. Dann ist es genau 120 Jahre her, dass die ursprünglichen Sphingen mit den Fertigstellung am Nordfriedhof angebracht wurden. Ende der 50er wurden sie entfernt. Weil der Nordfriedhof moderner werden sollte. Und weil sie, wie Gottschalk vermutet, aufgrund ihres schwefelhaltigen Steins, wohl recht gestunken haben dürften.
"Sehet zu", steht auf der Tafel, die die Sphinx in ihren Pranken hält. "Wachet und Betet" stünde auf der ihrer Schwester.
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