"Nicht cool" - Zoff im Bayerischen Landtag zu zweiten Stammstrecke

Bayerns Verkehrsminister Herrmann legt im Landtag die neuesten Zahlen zum Milliardenprojekt des zweiten S-Bahn-Tunnels vor – doch es gibt Kritik.
von  Ralf Müller
Die Stammstrecke bekommt einen Zwilling. Bald beginnen die Bauarbeiten.
Die Stammstrecke bekommt einen Zwilling. Bald beginnen die Bauarbeiten. © dpa/AZ

Bayerns Verkehrsminister Herrmann legt im Landtag die neuesten Zahlen zum Milliardenprojekt des zweiten S-Bahn-Tunnels vor – doch es gibt Kritik.

München – Noch in diesem Jahr sollen die Bagger anrücken, um in den nächsten zehn Jahren einen weiteren S-Bahn-Tunnel unter die Münchener Innenstadt zu graben - "nach einem kleinen Vorlauf von 20 Jahren", wie der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des bayerischen Landtags, Erwin Huber (CSU), am Donnerstag feststellte. Doch der Streit um das Milliardenprojekt geht weiter, wie die Debatte im Ausschuss belegte.

Inzwischen geht man von Gesamtkosten in Höhe von 3,849 Milliarden Euro für das Projekt zur Entlastung des Münchener S-Bahn-Netzes aus, teilte Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) mit. Davon sind 2,659 Milliarden Euro reine Baukosten, 517 Millionen Euro gehen für die Planungen drauf und 673 Millionen Euro werden als "Risikobudget" zurückgelegt.

Lesen Sie hier: ÖPNV-Umfrage - München belegt Spitzenplatz

Die Baukosten hätten sich im Zuge der Ausschreibungen um 33 Prozent erhöht, räumte Herrmann ein. Ein Grund dafür ist der gegenwärtige Bauboom. Die Baufirmen seien sehr gut ausgelastet. Nur zwei Bietergemeinschaften hätten Angebote eingereicht.

Grüne protestieren: "nicht cool"

Von den Kosten trägt der Bund 1,552, der Freistaat Bayern 1,286 Milliarden Euro. 177 Millionen kommen von der Deutschen Bahn und 161 Millionen Euro von der Stadt München. Der Hinweis Herrmanns, der Freistaat verfüge bereits über "angesparte Haushaltsreste" von 650 Millionen Euro machte den Freie Wähler-Abgeordneten Thorsten Glauber hellhörig. Das seien Mittel zur Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), die den Kommunen im Lande vorenthalten worden seien.

Zweite Stammstrecke: Wo schon 2017 gebaut wird

Glauber warf Herrmann vor, kein "ehrliches" Finanzkonzept für die Münchener Tunnelbahn vorzustellen. Man könne auch nicht ernsthaft annehmen, dass der Bund die von Bayern bei Bedarf vorfinanzierten Bundesmittel ab 2027 wieder zurückzahlt. Auch die jetzt veranschlagten 3,8 Milliarden Euro würden nach Einschätzung von Fachleuten nicht ausreichen, sagte Glauber.

Während sich CSU und SPD hinter das Projekt stellten, lehnte für die Grünen deren Verkehrsexperte Markus Ganserer. Der verkehrliche Nutzen der Milliarden-Röhre werde "minimal" sein. das Projekt sei nicht "cool", wie Minister Herrmann bemerkt hatte, sondern ein "eiskaltes Milliarden-Haushaltsloch".

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.