Neue Tramstrecke in München wird gebaut – aber die Stimmung ist mies

Seit Jahren wird an einer Tram in der Fürstenrieder Straße geplant. Heuer geht es los. Doch die Stimmung ist mies – auch bei einem anderen Tramprojekt.
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So soll es am Laimer Kreisel beim S-Bahnhof einmal aussehen. Die Tram fährt durch die Umweltverbundröhre auf der Fürstenrieder Straße in Richtung Obersendling
So soll es am Laimer Kreisel beim S-Bahnhof einmal aussehen. Die Tram fährt durch die Umweltverbundröhre auf der Fürstenrieder Straße in Richtung Obersendling © SWM

München - Seit bestimmt 40 Jahren wirbt der Sozialdemokrat Josef Mögele, der Chef des Bezirksausschusses in Laim, in jedem Wahlkampf für die Tram-Westtangente. Sie soll den Romanplatz in Nymphenburg mit der Aidenbachstraße in Obersendling verbinden. Ein großer Teil der Strecke liegt in der Mitte der Fürstenrieder Straße, also in Laim. Und hier beginnt die MVG Anfang 2024 mit dem Bau.

Im Februar will sie die ersten Bäume im Bereich der Gerty-Spieß-Straße fällen. Heuer müssen die Stadtwerke außerdem Leitungen für Strom, Gas und Fernwärme neu verlegen und die Wasserleitung erneuern. Danach geht es mit den Gleisbauarbeiten los. Für den Verkehr heißt das: 2024 und auch 2025 wird die Fürstenrieder Straße weitgehend bloß einspurig befahrbar sein.

Tram-Westtangente: Ewige Baustelle - und dann erstmal kein Nutzen?

Ein Anruf bei Josef Mögele - wie ist die Stimmung, jetzt, wo es endlich los geht? "Beschissen", antwortet er. Um zu erklären, warum das so ist, muss Mögele ausholen. Denn eigentlich ist er immer noch für die Tram - im Grunde. Nur, wie das Rathaus sie jetzt vorantreibt, passt dem Laimer Bezirkschef gar nicht.

Seine Befürchtung: Zuerst kommt eine ewige Baustelle auf der Fürstenrieder Straße, dann ein Stauchaos und dann ein Mini-Stück-Tramlinie ohne Nutzen. Das Ergebnis seien viele frustrierte Menschen. Was ist passiert?

Bei der Tram-Westtangente gibt es mehrere Knackpunkte: Zum einen muss sie unter dem Laimer Bahnhof durch. Die Deutsche Bahn baut ihn neu und einen extra Tunnel für Tram, Radler und Fußgänger - die sogenannte Umweltverbundröhre. Doch fertig wird sie wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2027.

Tram-Westtangente: Wer zahlt die teuren neuen Brücken?

Zweiter Knackpunkt: Die Tram muss über die A96 und die A95. Beide Brücken sind marode und müssen abgerissen werden. Bei der Brücke über die A95 sollen laut Baureferat im Herbst 2024 die Arbeiten beginnen und bis Mitte 2027 dauern. Kosten: 54 Millionen. Vielleicht fließt ein Zuschuss, doch das ist laut Baureferat nicht sicher.

Noch unklarer ist die Lage bei der Brücke über die Lindauer Autobahn, die A96. Eine Aussage kann das Baureferat zu der Maßnahme nicht treffen. Die Baulast liege bei der Autobahn GmbH des Bundes. Allerdings muss sich die Stadt wohl an den Kosten beteiligen. Wie viel die Maßnahme kostet, wer wie viel übernimmt, wann alles fertig ist - all diese Fragen habe auch ihm noch keiner beantworten können, sagt Mögele.

Aufgrund dieser Hürden hat die Stadt entschieden, in Abschnitten zu bauen. Das erste 1,7 Kilometer lange Stück beginnt am Laimer Bahnhof und endet an der Ammerseestraße. Ende 2025 soll hier die Tram fahren. Doch die Strecke ab dort bis zur Aidenbachstraße wird frühestens Ende 2027 fertig.

Auch das zwei Kilometer lange Stück ab Nymphenburg durch die Umweltverbundröhre ist laut MVG wohl erst Ende 2028 befahrbar. "Luftschlösser" nennt BA-Chef Mögele diese Pläne. So lange es keinen Vertrag mit der Autobahn GmbH gebe, sind solche Aussagen aus seiner Sicht nichts Wert. Sein Parteikollege Nikolaus Gradl, der sich im Stadtrat um Verkehrspolitik kümmert, ist sich hingegen sicher: "Ende der 20er Jahre wird die Tram-Westtangente fahren. Sie ist kein zweiter Berliner Flughafen." Er sei zuversichtlich, dass in den nächsten Monaten ein Vertrag unterschrieben werde.

Wie geht es weiter mit der Tram nach Johanniskirchen?

Weiter gehen soll es in diesem Jahr auch mit der Tram Johanniskirchen. Eigentlich hatten die Stadtwerke schon im Herbst 2023 mit den Bauvorbereitungen begonnen. Aber dann stoppte die Regierung von Oberbayern die Baustelle. Denn die Stadtwerke hatten gar keine Genehmigung dafür. Angestoßen hatte den Baustopp der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper.

Die Stadtwerke hoffen, dass sie im Februar die Erlaubnis bekommen, die Arbeiten fortzusetzen. In diesem Jahr wollen sie alle vorbereitenden Maßnahmen fertigstellen, um 2025 mit dem Bau der Trasse zu beginnen.

Brannekämper hält sie nach wie vor für "einen absurden Schildbürgerstreich", sagt er am Telefon. Denn die Strecke ist gerade mal 700 Meter lang, soll aber fast 60 Millionen Euro kosten.

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Und der Umstiegsweg von der neuen Tramhaltestelle zur S-Bahn verlängert sich - auf 160 statt 25 Meter.

Auch die Tram Johanneskirchen ist nur ein Teilstück. Sie gehört zur Tram Nordtangente. Auch hier ist vieles noch unklar. Ein Teil der Trasse führt durch den Englischen Garten, der dem Freistaat gehört. Wird er seine Erlaubnis erteilen, den Park zu bebauen? Zumindest die CSU im Stadtrat ist kein Freund des Projekts. Die Planfeststellungsunterlagen wollen die Stadtwerke jedenfalls heuer einreichen.

Ein weiteres Stück der Tram-Nordtangente führt über die Leopoldstraße zur Münchner Freiheit. Auch hier hakt es: Die Stadtwerke mussten neuplanen - zu groß war die Befürchtung, dass die Tram im Stau steckenbleibt, wenn sie sich wie zuerst geplant mit den Autos die Straße teilen soll. Heuer soll der Stadtrat über eine neue Variante entscheiden.

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124 Kommentare
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  • Guidomuc am 10.01.2024 09:16 Uhr / Bewertung:

    Eine Tram zwischen Waldfriedhof und Laimer Platz ist völliger Quatsch. Dadurch wird nix besser sondern der Verkehr nur schlimmer. Solange die Laimer Unterführung und die Autobahnbrücke nicht fertig sind, alle, die sich hier ein Denkmal setzen wollen, bitte mal wieder hinlegen.

  • Lichtzeichenanlage am 10.01.2024 11:24 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Guidomuc

    Der erste Teilabschnitt wird auch nicht zwischen Laimer Platz und Waldfriedhof verkehren, sondern zwischen der Agnes-Bernauer-Str. (von/bis Pasing) und der Ammerseestr. (von/bis Gondrellplatz).

  • Guidomuc am 10.01.2024 16:24 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Lichtzeichenanlage

    Na das ist ja noch viel "quatschiger..." Was soll damit erreicht werden?

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