Nach rechtem Störversuch bei Dragqueen-Lesung: Das sagt Vicky Voyage

Sieben Aktivisten der rechtsextremen "Identitären Bewegung" haben versucht, die Dragqueen-Lesung für Kinder zu stören – erfolglos. Das sagt Vicky Voyage, eine der Vorlesenden, zum Aufruhr.
Ralph Hub
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Jan Krattiger
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Am Dienstag las Vicky Voyage in der Stadtteilbibliothek Bogenhausen Kinderbücher vor.
Am Dienstag las Vicky Voyage in der Stadtteilbibliothek Bogenhausen Kinderbücher vor. © Michelle Walter

München - Noch bei der Pressekonferenz nach der Dragqueen-Lesung am Dienstagabend wussten offenbar weder die beiden Vorleser noch der Direktor der Stadtbibliothek darüber Bescheid, dass sieben Mitglieder der sogenannten "Identitären Bewegung", einer rechtsextremen Organisation, versucht haben, bis zum Raum vorzudringen, wo "Vicky Voyage" und "Eric Big Clit" Kindern einige Bücher vorgelesen haben. 

Vor Ort schilderten Mitglieder des Presseteams der Bibliothek, dass etwa zehn bis zwölf Bibliotheksmitarbeiter die Störer daran gehindert haben, weiterzukommen. Dann wurden sie von der Polizei aufgegriffen. Der Fall erinnert an eine ähnliche Lesung in Zürich im Oktober 2022, wo eine Gruppe Neonazis sich unter das Publikum gemischt und vor dem Eingang Rauchfackeln gezündet hatten. 

Dragqueen-Lesung für Kinder: Rechte wollten stören

Am Dienstagnachmittag in München schien die Gefahr allerdings nie so groß gewesen zu sein, wie alle beteiligten Gruppen sagen: "Ich habe davon gar nichts mitbekommen, wir waren in einem Raum. Ich habe erst aus den Medien und bei der Pressekonferenz davon erfahren", sagt Vicky Voyage am Tag nach der Lesung zur AZ. "Wir haben uns super aufgehoben gefühlt. Wir haben die Lesung gemeinsam mit der Bibliothek und der Polizei lange vorbereitet. Vor Ort wurden wir von der Polizei empfangen und begleitet, da habe ich mich zu keinem Zeitpunkt unsicher gefühlt.“

Die Bibliothek selbst, deren Mitarbeiter an vorderster Front mit den Störern zu tun hatten, schätzt die Situation ähnlich ein. Die Lesung sei zu keiner Zeit gefährdet gewesen, da sie in einem anderen, "nochmals extra geschützten Gebäudeteil" stattgefunden habe. "Wir hatten mit solchen Aktionen rechnen müssen und waren grundsätzlich darauf vorbereitet", so die Stadtbibliothek. 

Störaktion bei Dragqueen-Lesung: Polizei ermittelt

Wie es trotzdem einer Gruppe aus sieben rechten Aktivisten, die der Identitären Bewegung zugeordnet werden, gelungen ist, ins Gebäude zu kommen, ist unklar. "Wir ermitteln“, sagte am Mittwoch Polizeisprecher Werner Kraus. "Die Bibliothek hatte geöffnet, es herrschte normaler Publikumsverkehr.“

Inmitten der Besucher an diesem Tag ist es den fünf Männern und zwei Frauen im Alter von 20 bis 32 Jahren (Studentinnen und Studenten aus München und Umgebung) gelungen, sich unentdeckt Zutritt zu verschaffen. Während draußen 200 Beamten die Veranstaltung absicherten und auch Beamte im Haus waren, konnten sich die Rechten offenbar trotzdem unbehelligt im Gebäude bewegen. Wie es heißt, sollen sie sich in einem der oberen Stockwerke aufgehalten haben. Dort fielen sie niemandem auf. Erst im letzten Moment, als sie ihre Störaktion starteten, wurde sie entdeckt. Sie zogen sich blaue T-Shirts mit einem Slogan ihrer Bewegung über und tauchten als geschlossene Gruppe im Eingangsbereich auf.

"Der Gruppe gelang es nicht, in den Saal und auch nicht bis zur eigentlichen Lesung vorzudringen“, betonte Polizeisprecher Werner Kraus. Man habe die Aktivisten im Eingangsbereich festgesetzt. Die Gruppe wurde aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Als sich die Aktivisten weigerten, wurden sie mit Druck vor die Tür befördert. Allesamt sind schon bei früheren Aktionen der Identitären Bewegung polizeilich aufgefallen. Gegen die fünf Männer und zwei Frauen wird nun wegen Hausfriedensbruchs ermittelt.

Vicky Voyage: "Toll, dass Gesellschaft für Werte einsteht"

Abgesehen davon war die Veranstaltung und deren Begleitung auf dem Rosenkavalierplatz durch mehrere Demonstrationen friedlich, trotz der riesigen politmedialen Aufmerksamkeit der vergangenen Wochen. Insbesondere die Tatsache, dass so viele Unterstützer der Lesung vor Ort waren, war für Vicky Voyage ein schönes Zeichen: "Es ist toll, dass die Gesellschaft für diese Werte einsteht. Aber es macht mich auch nachdenklich, dass eine kleine Gruppe von Hassern es schafft, so viele Menschen aus dem Alltag zu reißen.“

Die Unterstützer der Lesung zeigen sich bunt und laut.
Die Unterstützer der Lesung zeigen sich bunt und laut. © Jan Krattiger

Für Vicky Voyage bedeute das sehr viel Arbeit, sowohl in der Vorbereitung als auch am Tag der Lesung selbst: Erklären, was man genau macht, warum man es macht und warum das alles eigentlich ziemlich harmlos ist. Ein Kraftakt, den sie nach eigenen Aussagen auch aus eigener Betroffenheit leistet: "Ich weiß nach dieser Hetze, wie sich Ausgrenzung anfühlen kann. Es ist mir wichtig, dass wir als Gesellschaft respektvoll und liebevoll miteinander umgehen. Es ist wichtig, gegen Hass und Spaltung vorzugehen." 

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Mit der Lesung ist für sie die Arbeit aber nicht abgeschlossen: Sie widmet sich aktuell dem Projekt "Queer sind wir", das sie gemeinsam mit der Drag-Performerin "Ruby Tuesday" ins Leben gerufen hat. Da geht es darum, "dass bei diesen Fragen jene Menschen gefragt werden, die betroffen sind. Bei 'Queer sind wir' wollen wir der breiten Gesellschaft Einblicke in queere Leben geben". Dazu werden Videos produziert, die auf Instagram und auf dem Youtube-Kanal des CSD München publiziert werden. 

Und sowieso läuft noch bis 24. Juni der CSD München, auf dem viel gefeiert wird.

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52 Kommentare
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  • Mettler am 15.06.2023 20:02 Uhr / Bewertung:

    Hallo zusammen,
    ich habe keine Ahnung von dem was hier geschrieben wird. Kann mich jemand aufklären?

  • Bayern69 am 15.06.2023 14:09 Uhr / Bewertung:

    Auch wenn ich die Artikel der AZ online lese, gebe ich für die Zeitung kein Geld mehr aus. Die Mainstream-Medien framen auf Teufel komm raus. Da werden Rechte mit Rechtsradikalen gleichgesetzt. Links ist per se weder gut noch böse, genauso wie rechts per se weder gut noch böse ist. Heutzutage ist jeder schon rechtsradikal, der die Antifa nicht gut findet. Ich hoffe, dass sich die Verhältnisse bald wieder zurechtrücken.

  • Der AndiChrist am 15.06.2023 15:33 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bayern69

    Das sind ganz normale Verhältnisse, an denen hat sich noch nie etwas geändert. Also kein Grund, daran etwas zu rücken. Leute, die doof sind, sind doof und bleiben doof. Es gibt auch keine "Mainstream-Medien", das hast Du Dir nur ausgedacht. Und was soll am Antifaschismus schlecht sein? Unsere Verfassung beruht darauf!

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