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Politiker nach Gebührenschock bei der Stadtsparkasse München: "Jetzt ist das Fass übergelaufen"

Die bayerische Verbraucherzentrale kritisiert die Bank unser Stadt messerscharf. Währenddessen fordert Münchens OB Dieter Reiter, die Stadtsparkasse müsse die Pläne nochmal besser erklären.
von  Felix Müller, Christina Hertel
Wer ein Konto bei der Stadtsparkasse München hat, muss künftig mitunter mehr zahlen. Die Gebühren werden teils kräftig angehoben.
Wer ein Konto bei der Stadtsparkasse München hat, muss künftig mitunter mehr zahlen. Die Gebühren werden teils kräftig angehoben. © imago/Michael Gstettenbauer

München - Einmal Geld einbezahlen am Schalter: 4,90 Euro Gebühr, die Sparkassen-Karte zum Semmeln kaufen gezückt: 35 Cent extra – oder doch lieber das All-Inclusive-Konto für 11,95 Euro im Monat? Die neuen Stadtsparkassen-Kontogebühren sind für viele Kunden ein Schock.

Mancher freilich nimmt es mit Humor. "Ab 1.12.2023 kostet der Eintritt in die Sparkasse 2,50 Euro, egal ob für Kunden oder Nichtkunden", kommentiert ein User unter dem AZ-Artikel trocken.

OB Reiter: Stadtsparkasse muss Neuerungen besser erklären

OB Dieter Reiter (SPD), der Chef des Verwaltungsrats der Bank unserer Stadt ist, ist das Lachen hingegen offenbar vergangen. Er soll sehr unzufrieden damit sein, wie die Stadtsparkasse die neuen Gebühren verkauft.

Dazu passt, dass sein Büro auf eine Anfrage der AZ, ob der OB selbst die Gebührenerhöhungen für gerechtfertigt hält, mitteilt, Reiter habe den Stadtsparkassenvorsitzenden Ralf Fleischer gleich am Montagmorgen telefonisch "darum gebeten, in einem Pressegespräch die genauen Pläne der Neuerungen noch einmal zu erläutern". Dem wolle der OB "nicht vorgreifen". Rumms!

Die Zentrale der Stadtsparkasse im Tal.
Die Zentrale der Stadtsparkasse im Tal. © imago/Rüdiger Wölk

Dass der Oberbürgermeister seine Unzufriedenheit mit seiner Bank so deutlich macht? Sehr ungewöhnlich. Schon für den heutigen Mittwoch lädt die Stadtsparkasse nun zu einem Termin ein. Die Nervosität ist offenbar groß.

Denn die Kritik an den Modellen, zwischen denen Bestandskunden ab Oktober wählen können, will am Dienstag einfach nicht abreißen. Besonders schmerzhaft dürfte in der Sparkassen-Zentrale im Tal eine Mitteilung der bayerischen Verbraucherzentrale wahrgenommen werden.

Bayerische Verbraucherzentrale kritisiert die Stadtsparkasse deutlich

Die Stadtsparkasse zeige mit den neuen Modellen "der Münchner Bürgerschaft die kalte Schulter", heißt es schon in der Überschrift. Und dann: "Künftig zahlt man bei der Stadtsparkasse nicht nur dafür, dass man ein Konto hat, sondern auch dafür, dass man es benutzt."

Die Ankündigung, dass etwa das Bargeldabheben extra bezahlt werden muss, sei "mit dem Bild eines regionalen Kreditinstituts mit öffentlichem Auftrag nicht mehr in Einklang zu bringen". Die Verbraucherzentrale schreibt explizit, den Kunden bleibe "jetzt noch die Abstimmung mit den Füßen". Ein Bankwechsel sei ja "nicht schwer und kann sich jetzt umso schneller auszahlen".

Die Verbraucherzentrale fordert grundsätzlich ein Eingreifen der Politik, die Verbraucherinteressen müssten bei Banken und Sparkassen an "erster Stelle stehen". "In einem ersten Schritt sollte dafür der den bayerischen Sparkassen zugewiesene öffentlich-rechtliche Auftrag geprüft und verschärft werden."

Die Linke kritisert die Stadtsparkasse: "Sie nimmt die Menschen mit wenig Einkommen aus"

Dass man den selbstverständlich im Auge hat, würden jene Rathaus-Politiker, die selbst im Verwaltungsrat der Stadtsparkasse sitzen, sicher stets für sich in Anspruch nehmen. Aus Verwaltungsratskreisen heißt es, in dem Gremium habe es "sehr unterschiedliche" Meinungen zu den Modellen gegeben. Und: Den Kunden hätten noch deutlich dramatischere Varianten gedroht, die aber abgewendet worden seien.

Wütender Protest kommt aus der Linkspartei – und von der CSU. Der Chef der Linken im Stadtrat, Stefan Jagel, spricht von einer "nicht akzeptablen Zumutung". "Der Werbeslogan 'Die Bank unserer Stadt' stimmt nicht mehr für die Stadtsparkasse München. Sie nimmt die Menschen mit wenig Einkommen aus." Jagel verweist darauf, dass Stadtkämmerer Christoph Frey (SPD) in der Vergangenheit betont habe, der Stadtrat dürfe der Sparkasse keine Weisungen geben.

CSU tobt: "Stadtsparkasse – setzen, 6, ist eure Note!"

Über seine Kollegen, die im Verwaltungsrat sitzen, ärgert er sich trotzdem. "Auch ohne Stadtratsauftrag hätte der Verwaltungsbeirat der Erhöhung doch nicht zustimmen müssen." CSU-Stadträtin Alexandra Gaßmann sagt: "Sorry, liebe Stadtsparkasse – setzen, 6, ist eure Note!"

Erst vor wenigen Monaten hatte die Sparkasse angekündigt, ihr Filialnetz auszudünnen. Zum Beispiel schloss die Filiale Waldperlach. Schon damals kündigte der Chef des örtlichen Bezirksausschusses Thomas Kauer (CSU) an, sein Konto zu kündigen. Am Dienstag sagte Kauer zur AZ: "Jetzt ist das Fass wirklich übergelaufen."

CSU-Politiker Thomas Kauer hat sein Konto bei der Münchner Stadtsparkasse gekündigt.
CSU-Politiker Thomas Kauer hat sein Konto bei der Münchner Stadtsparkasse gekündigt. © privat

Er habe sein Konto zur DKB übertragen lassen, da zahle er für die Kontoführung gar nichts, könne an jedem Automaten kostenlos abheben und bekomme sogar Zinsen.

"Einen Service gibt es doch bei der Stadtsparkasse auch nicht mehr. Alle halbe Jahre kommt eine andere schlechte Nachricht", meint er. Auch Kauer kritisiert die Stadt-Politik: Von den städtischen Vertretern im Verwaltungsrat hätte er sich erwartet, dass sie mehr "Preissensibilität an den Tag legen".

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