Nach noPAG-Demo: Herrmann beklagt Lügenpropaganda zu Polizeiaufgabengesetz

München - Im Streit um das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) hat die SPD Innenminister Joachim Herrmann (CSU) als "undemokratisch, arrogant und überheblich" kritisiert.
Herrmann hatte nach der großen Münchner Demonstration gegen das PAG gesagt, er sei überrascht, "dass die zum Teil auch Lügenpropaganda der letzten Wochen wohl auch manch unbedarfte Menschen in die Irre geführt hat". In einem BR-Interview sagte der Minister am Freitag ferner: "Wir müssen den Menschen noch viel stärker erklären, was wirklich in dem Gesetz steht und was blanker Unfug ist."
Rund 30.000 Menschen hatten am Donnerstag nach Polizeiangaben in der Landeshauptstadt gegen das PAG demonstriert, die Veranstalter sprachen von mehr als 40.000 Teilnehmern.
Hagen über Herrmann: "Als Innenminister fehl am Platz"
"Wer über 40.000 Demonstranten, die für ihre Freiheitsrechte auf die Straße gehen, als 'unbedarft' und von 'Lügenpropaganda' in die Irre geführt bezeichnet, der ist in seiner Rolle als Innenminister fehl am Platz", sagte die bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen. Der CSU-Politiker diskreditiere nicht nur diejenigen, die sich um ihre Bürgerrechte sorgten, er bezichtige auch die Medien der Lüge.
Martin Hagen, FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, sagte: "Wenn zehntausende Demonstrierende die CSU nicht zur Vernunft bringen, werden es die Wählerinnen und Wähler tun. Die schwarze Alleinregierung hat Maß und Mitte verloren. Söders Machthunger muss gezähmt werden."
Schulze versus Herrmann: "CSU kippt bedenklich aus der Waage"
Überrascht zeigt sich die Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, von den Verbalattacken des CSU-Innenministers: "Die CSU kippt bedenklich aus der Waage. Für besorgte Bürger von rechts gibt sie sich zunehmend verständnisvoll, für die Sorgen der breiten Mitte unserer Gesellschaft hat sie aber kein Ohr."
Auch der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg, wies Herrmanns Kritik an den Gegnern zurück: "Es gibt sehr gute rechtliche Argumente gegen das kritisierte Gesetz", sagte er. Hermann sei aufgerufen, die Kritik "ernst zu nehmen und die Kritiker nicht pauschal als Lügner und Propagandisten zu diffamieren".
Polizeiaufgabengesetz: Auch die Polizei wehrt sich
Herrmann wehrte sich gegen die Kritik der Sozialdemokraten. Er nehme alle Bürger ernst, sagte der Minister. "Meine Kritik richtet sich nicht gegen die Demonstranten oder Medien an sich. Sie richtet sich gegen diejenigen, die derzeit mit bewusst gestreuten Unwahrheiten Stimmungsmache gegen das PAG betreiben."
Unterdessen hat Nicolai Wilke aus Heroldsberg bei Nürnberg dem Minister am Freitag rund 110 .000 Unterschriften gegen das PAG übergeben. Der Fach-Abiturient hatte die Online-Petition gestartet, weil er die Demokratie, freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht gegen "Überwachungswahn und Einschränkung der Bürgerrechte" schützen will.
Die Gegner des Gesetzes werfen der Staatsregierung vor, dass die Polizei künftig zu viele Rechte zur Überwachung von Bürgern ohne konkrete Gefahr bekommen solle. Auch in der Polizei gibt es Kritik. Die Vorlage gehe zu weit in den Verdachtsbereich hinein, sagte Oliver Malchow, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Der geplante Einsatz von Maschinengewehren und Handgranaten werde von der GdP abgelehnt, meinte er. "Wir wollen eine zivile Polizei und keine militarisierte Polizei."
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